Fiat, Jeep und Alfa: Jeder dritte Händler denkt über Ausstieg nach

Das Händlernetz von Stellantis ist in Aufruhr. Angesichts gekürzter Margen kämpfen viele Stellantis-Partner darum, überhaupt Gewinne zu erzielen. Gleichzeitig stehen hohe Investitionen in eine neue CI an, ohne dass klar ist, wie künftig der Business Case aussieht: Das geplante Agenturmodell rückt immer weiter in die Ferne.

So mancher erwägt den Abschied aus dem Händlernetz – oder hat ihn bereits vollzogen. Wie tief der Frust sitzt, zeigt eine anonyme Umfrage auf der jüngsten Tagung des Stellantis-Händlerverbands JARFD, der die Interessen der Jeep, Alfa Romeo, Fiat sowie Dodge und Ram-Partner vertritt.

Darin erklärte ein Drittel der rund 110 anwesenden Händler, über eine Beendigung des Vertriebsvertrags nachzudenken.

"Zu niedrige Margen, die Ungewissheit über Startpunkt und Auswirkungen des neuen Agenturmodells und die hohen, nicht wettbewerbsfähigen Zinsen der Stellantis-Bank setzen die Händler unter einen enormen Druck. Es ist schwer, so überhaupt noch kostendeckend zu arbeiten", schimpfte der stellvertretende JARFD-Vorsitzende Thomas Gauch.

Dass den Händlern auf der Tagung die Größenordnung von 150.000 Euro pro Standort für die neue CI (Corporate Identity) genannt wurde, dürfte ebenfalls wenig geeignet sein, sie umzustimmen. Teilnehmer der Tagung berichten von einer gedrückten Stimmung.

Eine unmittelbare Pleitewelle sei zwar nicht zu befürchten, betont der Händlerverbandsvorsitzende Adrian Glöckner: "Die meisten Stellantis-Partner sind wirtschaftlich stabil aufgestellt. Die Entscheidung, sich von Stellantis zu trennen, erfolgt nicht aus der Not heraus, sondern aus strategischen Erwägungen zu den Kosten und Erträgen in der Zukunft." Doch es sei zu hoffen, dass Stellantis den Ernst der Lage erkenne und umsteuere.

Dort zeigt man sich gelassen. "Ich kann es verstehen, wenn in manchen Fällen die notwendigen Veränderungen im Handel nicht immer mit den wirtschaftlichen und persönlichen Zielen unserer Händler übereinstimmen", erklärte unlängst Stellantis Deutschlandchef Lars Bialkowski im Gespräch mit der Automobilwoche. Es sei anzunehmen, dass es Partner gebe, die ihren Weg nicht mehr mit Stellantis gehen wollen. "Das bedaure ich aufrichtig, ist aber nicht zu ändern."

Die Ertragssituation habe sich zwar im Vergleich zu den vergangenen zwei Jahren eingetrübt, doch die Rendite sei "immer noch positiv" und auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit, so Bialkowski weiter.

Im Hintergrund scheint es aber durchaus Bewegung zu geben. "Wir sind in guten Gesprächen mit Stellantis und haben die berechtigte Hoffnung, dass sich etwas tut, vor allem im Hinblick auf unsere Margen", bestätigt Glöckner.

Diese wurden in den vergangenen Jahren drastisch gekürzt. Gerade einmal sechs Prozent bleiben Händlern bei einem Jeep Grand Cherokee. Früher lag die Marge im zweistelligen Bereich. Beim Jeep Avenger liegt die Grundmarge sogar bei vier Prozent. "Wir haben Margen wie im Agentursystem aber Kosten wie im Händlermodell", sagt ein großer Händler, der sich zum Jahresende von Stellantis trennt.

Die Forderung der Händlervertreter: Nach Abzug aller Rabatte muss eine Marge von sieben bis acht Prozent übrigbleiben. "Uns geht es nicht darum, möglichst schnell reich zu werden. Wir brauchen einfach mehr Marge, damit die Händler ein ordentliches Auskommen haben, um erfolgreich in die Zukunft zu investieren", betont Glöckner.

Die neuen, ab 2025 gültigen CO2-Ziele bereiten den Händlern dagegen weniger Sorge. "Das Ziel von 20 Prozent E-Autos im Jahr 2025 ist absolut machbar", sagt Glöckner. Die Produkte, wie etwa der Fiat 500 oder der Fiat 600 seien gut. "Es ist nur eine Frage der Konditionen. Wenn die Preise und Raten passen, geht die Post ab."

Bisher war das eine der zentralen Aufgaben der Händler, die meist einen Gutteil ihrer einstmals zweistelligen Margen an die Kunden weitergaben. Angesichts der Margenkürzungen sei nun allein Stellantis in der Pflicht, die Vertriebsprogramme zu finanzieren, betont Glöckner. "Wir Händler haben dafür keinen finanziellen Spielraum mehr."

Auf ihrer Tagung beschlossen die Jeep, Alfa Romeo und Dogde/Ram-Partner daneben die 2023 angekündigte Aufnahme der Marke Fiat und die Umbenennung von JARD in JARFD.

"Aufgrund des starken Interesses vieler Fiat-Händler, hat diese offizielle Erweiterung absolut Sinn gemacht", erklärte der stellvertretende JARFD-Vorsitzende Thomas Kummich. Es seien auch bereits die größten Händler der Nutzfahrzeugsparte "Fiat Professional" geschlossen in den JARFD eingetreten, berichtet Glöckner.

Bisher war für die Fiat-Partner der gleichnamige Fiat-Händlerverband zuständig, der sich infolge der Pläne seinerseits für andere Händler geöffnet und mittlerweile in "Verband der Stellantis Konzern-Händler und -Servicebetriebe Deutschland" umbenannt hat.

Eine direkte Konfrontation mit dem konkurrierenden Verband will der JARFD allerdings vermeiden. "Wir werben nicht aktiv um neue Mitglieder des konkurrierenden ehemaligen Fiat-Händlerverbandes", betont Glöckner. Gleichwohl sei jeder eingeladen, sich anzuschließen.