Van-Mossel-Chef Berkhof: Wir sind an Mercedes-Niederlassungen interessiert

Herr Berkhof, mit der Nord-Ostsee Automobile haben Sie eine der größten Autohausgruppen in Deutschland übernommen. Was macht den Händler interessant?
Eric Berkhof: Deutschland ist einer der Märkte, auf dem wir expandieren wollen. Mit Nord-Ostsee Automobile haben wir nun ein Autohaus übernommen, das seit Jahren die beiden Marken Mercedes-Benz,Hyundai, Aston Martin and Iveco sehr erfolgreich betreibt. Es ist in den wirtschaftlich starken Regionen Hamburg und Schleswig-Holstein sowie Hannover und Berlin/Brandenburg gut aufgestellt und hat ein junges Team.

Wie groß ist Nord-Ostsee Automobile?
Im vergangenen Jahr hat das Autohaus etwa 8000 Neuwagen und weitere 7000 Gebrauchte verkauft, davon etwa 3000 an Endverbraucher. Das ist entspricht unserer Strategie. Viele Autohäuser in der Größe verkaufen Gebrauchtwagen vor allem an Wiederverkäufer.

Nord-Ostsee Automobile ist vor allem in Hamburg und Schleswig-Holstein stark aufgestellt. In Hannover und Berlin/Brandenburg sind es jeweils nur wenige Betriebe. Verkaufen Sie diese wieder?
Wir verkaufen keine Betriebe. Vielleicht mal einen einzelnen, wenn er besser in eine andere Gruppe passt. Doch das sind Ausnahmen. Auch Nord-Ostsee Automobile wollen wir komplett erhalten.

Aber die großen Distanzen erschweren die Zusammenarbeit im Betriebsalltag.
Wir werden für jede der drei Regionen einen Cluster bilden, in dem sich unabhängige Teams auf das operative Geschäft in der Region konzentrieren. Die gemeinsamen Aufgaben wie Marketing, Buchhaltung und Verwaltung. Der Verkauf von Gebrauchtwagen erfolgt über die jeweiligen Autohäuser.

Wollen Sie die Cluster durch weitere Zukäufe stärken?
Wir wollen die Cluster auf jeden Fall ausbauen und Synergien nutzen. Das hängt aber immer auch von den Herstellern ab. Diese haben ja eigene Pläne.

Haben Sie darüber hinaus noch weitere Zukaufpläne?
Wir haben bereits einen Letter of Intent mit einer weiteren Autohausgruppe unterschrieben, die etwas größer ist als Nord-Ostsee Automobile. Diese ist in einer anderen Region und hat andere Marken.

Mercedes-Benz will auch seine Niederlassungen verkaufen. Sind Sie interessiert?
Ja.

Laufen schon Gespräche?
Nein. Die Verkaufsgespräche starten erst im nächsten Jahr. Ich gehe davon aus, dass der Prozess schwieriger wird und sich von den Zukäufen klar unterscheidet, die wir bislang getätigt haben bei privaten investoren

Die Konsolidierung der Branche ist derzeit massiv. Bekommen Sie viele Angebote?
Ja, derzeit stehen viele Betriebe zum Verkauf. Hersteller, Finanzinstitute, M&A-Spezialisten und Berater kommen auf uns zu, aber es passt natürlich nicht alles in die Strategie.

Spielt die Größe eine entscheidende Rolle?
Nicht unbedingt. Wir sind auch an kleineren Betrieben interessiert. Entscheidend ist, dass sie zu unseren Betrieben vor Ort passen. Ein Beispiel: Wenn der Betrieb zu Hugo Pfohe passt, dann passt er auch zu uns.

Mit dem Zukauf von Hugo Pfohe im vergangenen Jahr haben Sie den ersten Schritt auf den deutschen Markt gemacht. War die Übernahme ein Erfolg?
Ja, wir haben schnell gespürt, dass Hugo Pfohe zur Van-Mossel-Gruppe passt. Das gleiche gilt auch für Nord-Ostsee Automobile. Wir starten immer zwei Jahre vor Vertragsunterschrift mit den Gesprächen, sowohl bei Hugo Pfohe als auch bei Nord-Ostsee Automobile. Dadurch bekommen wir ein Gefühl für die Kultur und Mentalität im Autohaus.

Quellen berichten, dass viele Führungskräfte Hugo Pfohe verlassen haben?
Das ist nicht richtig. Die zweite und dritte Führungsebene ist noch komplett an Bord. Nur Philip Pfohe hat ein Jahr nach der Übernahme das Unternehmen im Sommer verlassen. Das war so geplant, aber er ist noch immer eng beteiligt.

Bei der Übernahme sprachen Sie von 300 Millionen Euro Umsatz bei Hugo Pfohe, im letzten Jahresbericht haben Sie 200 Millionen ausgewiesen. Konnten Sie die Erlöse nicht halten?
Es sind etwa 250 Millionen Euro, das ist die normale Größenordnung. In 2022 wurden viele Autos ausgeliefert, die bereits 2021 verkauft worden waren. Vor allem an Vermieter. Das hat zu einmaligen Umsätzen geführt.  Wir haben die Geschäfte mit Vermietern dann deutlich zurückgefahren und fokussieren uns stärker auf Endverbraucher. In den Autohäusern selbst konnten wir eher noch Wachstum erzielen.

In Benelux betreiben sie mit Mega Occasion Centra spezielle Gebrauchtwagenbetriebe. Kommen Sie damit auch nach Deutschland?
Auf jeden Fall. Die jungen Gebrauchten bis zu zwei Jahren verkaufen wir über unsere Autohäuser. Ältere bringen wir in die Gebrauchtwagencenter. Das gleiche gilt, wenn wir mehr als fünf Einheiten von einem Modell haben. Die Center helfen uns, näher an unsere Kunden zu rücken.

Inwiefern?
Wir bieten unseren Kunden in den Centern auch junge Gebrauchte. Haben wir in einer Stadt kein Autohaus mit Neuwagenvertrieb, können sich Verbraucher dort für einen jungen Gebrauchten entscheiden.

Eine weitere Unternehmenssäule sind Karosserie-&-Lack-Werkstätten, die unter Die Van Mossel Autoschade Groep zusammengefasst sind.
Wir haben derzeit 25 K&L-Betriebe in den Niederlanden, 15 in Belgien und drei in Luxemburg. Das entscheidende für uns: Wir können die Fahrzeuge unserer Leasingflotte, derzeit sind es rund 125.000 Stück, in den eigenen Shops reparieren.

Kommen sie mit der Marke nach Deutschland?
Durch die Übernahmen haben wir bereits K&L-Betriebe in Deutschland – Hugo Pfohe hat drei entsprechende Werkstätten, bei Nord-Ostsee Automobile sind es vier. Aber sie sind alle in den Unternehmen integriert. Das ist nicht unsere Strategie. Deshalb schauen wir nach neuen Standorten, um die Betriebe aus den Autohausgruppen zunehmen.

Wann geht es mit der K&L-Marke los?
Bald. Wir haben bereits unser erstes Grundstück mit 3000 Quadratmetern in Schwerin gekauft. Jetzt schauen wir uns in Hamburg um. Ich gehe davon aus, dass es hier in den nächsten Wochen soweit ist.

Mit wie vielen K&L-Shops planen Sie in Deutschland?
Das hängt von der Zahl der Autohäuser und der Kunden ab. Ich gehe davon aus, dass wir am Ende zwischen 20 und 24 K&L-Shops haben.

Nur in Norddeutschland?
Verteilt über ganz Deutschland, aber nur in den wirtschaftlich starken Regionen. Deutschland ist zu groß, um das ganze Land abzudecken.

In Ihrem 2023 aufgelegten Expansionsplan nennen Sie neben Deutschland auch Skandinavien und Polen als ihre Wachstumsländer. Wie läuft es hier?
In Kopenhagen haben wir bereits ein Autohaus übernommen und sind nun als Mercedes-Partner aktiv. Jetzt schauen wir uns nach einer Volumenmarken um. Das ist Teil unserer Strategie: Wir wollen immer mit Premium- und Volumenmarken präsent sein, so können wir den gesamten Markt abdecken. Plus Leasing und K&L.

Und Polen?
Das Land verzeichnet ein starkes Wirtschaftswachstum. Hier wollen wir Fuß fassen. Vielen denken bei Polen an alte Fahrzeuge, aber das ist falsch. Polen ist deutlich weiter als wir. Ich war überrascht, wie viel junge Fahrzeuge hier auf der Straße sind.

Besteht die Gefahr, dass Sie die Expansion überdrehen?
Jeder Zukauf hat seine Probleme und Herausforderung. Aber wir wissen, wie Übernahmen laufen, weil wir es seit Jahren machen. Wir habe entsprechende Formulare und Checklisten, die wir abarbeiten. Dafür haben wir eine spezielle Mannschaft. Ein Teil des Teams konzentriert sich auf den direkten Kauf, ein anderer auf die Integration und der Rest auf das Follow-up. Unser Team arbeitet hart daran, die Expansion weiter voranzutreiben.

Spielt Südeuropa eine Rolle?
Unser Fokus sind zunächst UK, Deutschland, Skandinavien und Polen. Wir haben uns einige Übernahmekandidaten in Spanien angeschaut. Aber es ist ein komplett anderer Markt, der sich von europäischen Ländern unterscheidet.

Inwiefern?
Es gibt zwar in Spanien auch größere Autohausgruppen mit 15 Standorten oder mehr. Aber die Betriebe sind dann über das Land verstreut: Einer in Barcelona, einer in Madrid, einer in Sevilla. Das macht es schwierig, Cluster zu bilden.

Wie sieht es mit Frankreich aus?
Das ist ein anderer Markt. Viele Regionen sind wirtschaftlich sehr schwach. Ist die Region wirtschaftlich stark, sind es auch die Gewerkschaften. Die Mentalität ist eine völlig andere als in den Niederlanden. Im Gegensatz zu Deutschland.

An einem Punkt ist die Van-Mossel-Gruppe im Vergleich zu einigen Wettbewerbern eher schwach aufgestellt: Das Großhandelsgeschäft ist kaum vorhanden.
Ich bin kein Groß-, sondern ein Einzelhändler. Ich liebe das Geschäft mit Endverbrauchern, das ist etwas völlig anderes. Im Großhandel sind wir mit den SAIC-Marken MG und Maxus in den Niederlanden erfolgreich. Den chinesischen Partnern haben wir versprochen, uns auf SAIC zu konzentrieren. Nur wenn es sich um eine Top-Marke handelt, sind wir auch im Großhandelsgeschäft daran interessiert.

Muss die Marke etabliert sein?
Nicht unbedingt, aber ich muss daran glauben.

Ist das bei anderen chinesischen Marken nicht der Fall?
Viel zu viele Menschen haben vor chinesischen Marken Angst. Dafür gibt es keinen Grund: Sie verkaufen in Europa gerade mal 400.000 Einheiten, in einem Markt mit einer zweistelligen Millionenzahl. Vor was haben die Menschen eigentlich Angst? Marken kommen und gehen – das ist Wirtschaft.

Die EU belegt die chinesischen Fahrzeuge mit zusätzlichen Zöllen.
Das verstehe ich nicht. Wir Europäer verkaufen viel mehr Fahrzeuge in China, als bei uns Autos ankommen. Mit zusätzlichen Zöllen hat vor allem ein Land riesige Probleme: Deutschland. Da wünsche ich viel Glück. Ich hoffe, dass es keine Zölle für chinesische Autos gibt. Nicht wegen den 400.000 Fahrzeugen, sondern denen, die wir Europäer dort verkaufen.

Außer den SAIC-Marken haben Sie keine chinesischen Fahrzeuge in ihrem Portfolio. Wie viel trauen Sie den Marken aus China zu?
Entscheidend ist, dass die Kunden wissen, dass hinter der Marke ein starker Hersteller steckt. Das gilt für SAIC und für BYD. Viele andere sind wirklich klein. Sie haben nicht die notwendigen Ressourcen, um die Marken in Europa zu etablieren. Anders MG, die bereits tief in die Tasche gegriffen haben. Es hat eine Menge gekostet, dass es jetzt gut läuft.