Audi: Die Baustellen von Gernot Döllner

Nachdem die Konzerntochter VW ein heftiges Sparprogramme angekündigt hat, gibt es nun Hinweise, dass auch bei Audi die Zahl der Beschäftigten reduziert werden soll.

Auf Anfrage der Automobilwoche hat das Unternehmen zwar weder den geplanten Jobabbau noch die kolportierten Zahlen bestätigt, aber mitgeteilt, dass es Gespräche mit dem Betriebsrat über den Pakt Audi.Zukunft gibt.

An der Beschäftigungsgarantie will der Vorstand aber festhalten. Das bedeutet, dass Audi einen deutlich weniger konfrontativen Kurs fährt als die Kernmarke VW Pkw, die ihre Beschäftigungsgarantie aufgekündigt hat und öffentlich über Werksschließungen nachgedacht hat.

Audi hat bereits beschlossen, in seinem Werk in Brüssel keine Autos mehr zu bauen. Ein Investor hat sich trotz intensiver Suche nicht gefunden. Momentan laufen Gespräche mit dem Betriebsrat über Lösungen für die Beschäftigten.

Betriebsbedingte Kündigungen in Brüssel dürften das Unternehmen teuer zu stehen kommen. Bereits getätigte Rückstellungen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro haben Audi die Bilanz im dritten Quartal verhagelt. Ein Grund für das Aus von Brüssel war die geringe Nachfrage nach dem dort gebauten Elektro-SUV Q8 e-tron.

Doch Audi plagen eine ganze Reihe von Problemen. Wir analysieren die wichtigsten:

In den vergangenen Jahren hat Audi kaum neue Modelle auf den Markt gebracht. Erst in diesem Jahr kam mit Verspätung der Q6 e-tron. Der A6 e-tron wird bald folgen. Das ist bisher nicht stark ins Gewicht gefallen, weil sich die Elektromobilität schwächer entwickelt als erwartet.

Doch das dürfte sich bald ändern. Mit dem Anstieg der CO2-Strafzahlungen sind die Hersteller ab dem kommenden Jahr quasi gezwungen, mehr E-Autos auf den Markt zu bringen. Experten rechnen mit hohen Rabatten, von einem Preiskrieg ist die Rede.

Wie die Audi-Modelle im Vergleich zu denen der Konkurrenz bei den Kunden ankommen, muss man abwarten. Allerdings haben BMW und Mercedes mit der Neuen Klasse und der MMA-Plattform Neuheiten angekündigt. Einfach wird es für Ingolstädter also nicht.

Audi hat in den 1990er und 2000er Jahren durch innovative Technik den Aufstieg in die Premiumliga geschafft und war zeitweise auf Augenhöhe mit BMW und Mercedes.

Inzwischen ist der Rückstand wieder deutlich, nicht nur bei den Verkaufszahlen, sondern auch bei der Technik. Bekannte Beispiele dafür sind etwa die TDI-Motoren und der Allradantrieb quattro. 

Auch wenn sich in der Vergangenheit nicht alle Audi-Erfindungen durchgesetzt haben, gab es doch immer wieder aufsehenerregende Ideen. In den vergangenen Jahren ist diesbezüglich wenig passiert. Das Projekt Artemis, das losgelöst vom Rest des Unternehmens eine vollautomatisierte Elektrolimousine entwickeln sollte, hat Konzernchef Oliver Blume schon vor Jahren gestoppt. Das hat Folge für die Wahrnehmung der Marke in der Öffentlichkeit.

Dass es weniger Innovationen gibt als früher, dürfte unter anderem an der hohen Fluktuation an der Spitze liegen. Seit dem wenig rühmlichen Abgang von Rupert Stadler im Zuge des Diesel-Skandals 2018 hatte die Marke drei Vorstandschefs.

Im Februar hat sich mit Oliver Hoffmann der bislang letzte Entwicklungsvorstand verabschiedet. Er war der achte auf diesem Posten in gut zehn Jahren. Seit Februar führt Gernot Döllner das Ressort parallel zu seiner Rolle als Vorstandschef. Nach Informationen von Insidern soll das zu Problemen führen.

In den vergangenen 25 Jahren war China so etwas wie das gelobte Land der deutschen Autobauer. Sicher war der weltgrößte Automarkt auch für andere Hersteller relevant, aber wenige sind so abhängig von diesem Markt wie die deutschen.

Für Audi war China der zweite Heimatmarkt. Im vergangenen Jahr hat die Marke dort 729.042 Fahrzeuge verkauft, das entspricht mehr als 38 Prozent des Gesamtabsatzes.

In den ersten neun Monaten des Jahres ist der Absatz allerdings um 8,5 Prozent gesunken. Das war zwar weniger als Audi im Durchschnitt auf allen Märkten verloren hat, schmerzt das Unternehmen aber trotzdem.

Die Gründe sind bekannt: Die vorwiegend junge chinesische Kundschaft legt Wert auf vernetzte Fahrzeuge mit gutem Infotainment. Fahrzeuge der neuen Submarke AUDI, die gemeinsam mit dem Kooperationspartner SAIC entwickelt wurden, sollen den Rückstand aufholen.

Im dritten Quartal ist der Gewinn von Audi um 91 Prozent eingebrochen. Das Geld fehlt den Ingolstädtern: für die Entwicklung neuer Modelle, für das eigene Ladenetzwerk, für Maßnahmen zur Verkaufsförderung und viele andere Zwecke.

Die einfachen Möglichkeiten zur Einsparung von Kosten hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren bereits genutzt. Jetzt dürfte es langsam schwierig werden, ohne den Abbau von Arbeitsplätzen noch nennenswerte Summen einzusparen.

In gewisser Weise ist Audi auch ein Opfer der Sparpolitik im VW-Konzern. Ein großes Ziel von Oliver Blume ist es, Synergien zu heben. „Einzelnen Marken wie Audi, VW, Seat oder Skoda lässt man viel Freiraum für technische Differenzierung“, kritisierte Ex-VW-Vertriebschef Jürgen Stackmann jüngst in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung.

Die Folge seien sehr hohe Entwicklungskosten und überdimensionierte Entwicklungsbereiche. „Der Gegenentwurf in Europa ist Stellantis. Wenn dort eine technische Lösung gefunden ist, wird die für alle Marken zwingend vorgeschrieben und verwendet.“

Außerdem habe der Konzern neue Entwicklungspartnerschaften in den USA (Rivian) oder China (Xpeng) geschlossen. Audi arbeitet in China mit dem VW-Partner SAIC an neuen Elektro-Modellen. Mit diesen Partnerschaften wachse der Druck auf deutsche Strukturen weiter, so Stackmann.