Exklusive Analyse: So sind Deutschlands Autowerke ausgelastet

Nicht erst seit der Krise im Audi-Werk Brüssel stehen Europas Automobilwerke wieder verstärkt im Fokus. In der Transformation zur Elektromobilität geraten zahlreiche Standorte zunehmend unter Druck. Auch in Deutschland gibt es Überkapazitäten in einigen Werken und Debatten um die Perspektiven einzelner Fabriken. Andere Standorte hingegen sind glänzend ausgelastet und mit einem klaren Plan für die Fertigung von Elektroautos versehen.

Die Automobilwoche und der Datenspezialist Marklines haben die jährlichen Produktionskapazitäten und gefertigten Stückzahlen aller deutschen Automobilwerke analysiert und die jeweilige Auslastung errechnet. Von Volkswagens Werk in Emden ganz im Norden bis zum Stammwerk von BMW in München ganz im Süden. Die Ergebnisse liefern ein Gesamtbild zur Lage der Automobilproduktion in Deutschland. 

Den Rekord für die Automobilproduktion in Deutschland gab es im Jahr 2011 mit 5,871 Millionen gefertigten Fahrzeugen. Die Zahl ist laut des Branchenverbands VDA seit Jahren rückläufig, in einer massiven Delle durch die Corona-Pandemie fiel sie 2021 sogar auf 3,096 Millionen Fahrzeuge. 2023 wurden nach Angaben des VDA zumindest wieder 4,109 Millionen PKW in Deutschland produziert.

Die Daten in der Übersicht:

Audi, Ingolstadt:

Das Stammwerk der Ingolstädter brummt und ist zudem auch für die Zukunft abgesichert. Werksleiter Siegfried Schmidtner und seine Mannschaft sicherten sich bei einer der letzten Planungsrunden im VW-Konzern die Fertigung der ersten beiden PPE-Elektromodelle Q6 e-tron und A6 e-tron in Ingolstadt. "Für unsere Premium Plattform Electric hat die Planungsrunde für das Werk Ingolstadt eine großartige Auslastung ergeben", sagte Schmidtner im Juli 2023 im Gespräch mit der Automobilwoche. Für zusätzliches Volumen sorgt die Produktion der Verbrenner A3 und Q2. Mit annähernd 90 Prozent Auslastung steht Ingolstadt gut da.

Audi, Neckarsulm:

Die schlechten Nachrichten aus Brüssel hat man auch in Neckarsulm aufmerksam verfolgt. Das zweite große Audi-Werk in Deutschland wartet auf ein elektrisches Top-Modell als Langfristperspektive. Die 66,86 Prozent Auslastung des Standorts inklusive der Manufaktur Böllinger Höfe, wo der e-tron GT gebaut wird, zeigen: Neckarsulm hätte den Platz und mit seinen 15.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch das Know-how für zusätzliche Modelle. Aktuell laufen hier das Volumenmodell A4 (zukünftig als A5) und die Oberklasse-Limousinen A6 und A8 vom Band.

Das größte europäische Werk des Premiumherstellers im niederbayrischen Dingolfing baut unter anderem Verbrenner- und Elektrovarianten des Fünfers und des Siebeners auf einer Linie. Dazu kommt das Elektro-SUV iX und Vierer-Derivate. Mit einer errechneten Auslastung von annähernd 75 Prozent im vergangenen Jahr liegt Dingolfing hinter den Schwesterwerken München und Regensburg, stemmt aber dennoch das größte Produktionsvolumen des Premiumherstellers in Europa. Wenn München 2027 zum reinen Elektrowerk wird, dürfte Dingolfing die Verbrennerproduktion des Stammwerks zusätzlich aufnehmen. Die freien Kapazitäten der niederbayrischen Fabrik werden also noch gebraucht.

BMW/MINI, Leipzig:

Das jüngste BMW-Werk in Deutschland (2005 eröffnet) baut kompakte Verbrennermodelle der Kernmarke BMW, sowie Verbrenner- und Elektromodelle von MINI. Bei der einst britischen Kompaktmarke standen umfangreiche Modellwechsel an, die auf die Stückzahlen aus Leipzig drückten. Mit einer Auslastung von nur 53,77 Prozent bildet Leipzig das Schlusslicht unter den vier deutschen BMW-Produktionswerken. Schon in diesem Jahr dürften die Stückzahlen durch den Hochlauf der neuen MINI-Modelle aber wieder ansteigen.

Die Heimat des Konzerns ist das Stammwerk von BMW unterhalb der Konzernzentrale in München. 2027 wird es zum ersten reinen Elektrowerk im Unternehmen. 217.480 Fahrzeuge des Dreiers, des Vierers und des vollelektrischen i4 wurden hier im vergangenen Jahr gebaut. 2026 wird die neue Elektroarchitektur Neue Klasse in München anlaufen. Mit 88 Prozent Auslastung brummt München allerdings schon jetzt. Wegen der beengten Grundfläche und der ungewöhnlichen Lage inmitten von Wohngebieten am Rand des Olympiaparks soll ein Architekturwettbewerb den Standort in den kommenden Jahren optisch deutlich verändern und zugänglicher für Anwohnerinnen und Anwohner machen.

BMW, Regensburg:

Das Leitwerk Kompaktklasse im BMW-Produktionsverbund baut den X1 und X2, sowie die elektrischen Varianten iX1 und iX2. Auch in Regensburg lag die Auslastung im vergangenen Jahr oberhalb der achtzig Prozent. Dabei gibt es sowohl bei Kapazität als auch produzierten Stückzahlen noch Luft nach oben. Bei entsprechender Nachfrage könne man die Fertigung in Regensburg auf über 300.000 Einheiten im Jahr hochfahren, sagt Werksleiter Armin Ebner. Der Standort besteht seit 1986 und wurde 2001 für die Produktion des BMW 1ers ausgebaut. Der nächste Umbau soll die Fertigung von Modellen der Neuen Klasse ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts werden. "Auch in Regensburg bereiten wir uns schon jetzt auf die Neue Klasse vor, mit der wir als Unternehmen Maßstäbe bei Digitalisierung, Elektrifizierung und Zirkularität setzen wollen“, so Werksleiter Ebner.

Die Kapazität im Ford-Stammwerk in Köln liegt bei 250.000 Einheiten – ob dieses Volumen allerdings jemals erreicht werden wird, ist ungewiss. Der erste Ford aus Köln lief im Mai 1931 vom Band – es war ein Lastwagen. Seither wurden dutzende verschiedener Modelle am Rhein gebaut, darunter der Taunus und der Capri. Am längsten währte aber die Fertigung des kleinen Fiesta – der in Köln fast acht Millionen Mal gebaut wurde. Zeitweise wurden mehr als 300.000 Einheiten pro Jahr in Köln gebaut. Doch im Juli 2023 lief der letzte Fiesta vom Band. Statt dessen startete am 10. Juni die Fertigung des rein elektrischen Explorer. Auf dem Hoffnungsträger lasten große Erwartungen. Nur wenn er ein Erfolg wird, hat Ford in Europa die Chance, auf Dauer im PKW-Geschäft eine Rolle zu spielen.

Ford, Saarlouis:

In Saarlouis baut Ford derzeit noch den Focus, doch seine Tage sind gezählt. Im Februar stimmten 93 Prozent der Belegschaft für einen Sozialtarifvertrag. Danach wird im November 2025 endgültig das letzte Modell das Werk verlassen, Ford beendet dann die Produktion von Fahrzeugen in Saarlouis. Derzeit sind noch etwa 3700 Mitarbeiter am Standort beschäftigt, rund 1000 von ihnen haben eine Zusage über eine Beschäftigung nach dem Ende der Focus-Produktion erhalten. Was konkret sie dann tun werden, steht aber noch nicht fest. Seit April 2024 arbeitet das Werk nach längeren Phasen mit Betriebsunterbrechungen nur noch im Ein-Schicht-Betrieb. 2023 hatte die Kapazität noch 117.000 Einheiten betragen, den aktuellen Stand nennt Ford allerdings nicht.

Das größte deutsche Werk von Mercedes steht in Bremen. Hier werden in der ehemaligen Borgward-Fabrik mit EQE, C-Klasse Limousine und T-Modell, GLC und GLC Coupé, CLE Coupé und Cabrio, AMG SL Roadster und AMG GT die mit Abstand meisten Modelle gebaut. Mit 277.000 Einheiten liegt Bremen bei den Stückzahlen nach wie vor an der Spitze, auch hier waren es in früheren Zeiten aber schon über 400.000 Einheiten. Auch in Bremen dürfte die wirtschaftliche Idealgröße bei rund 350.000 Fahrzeugen liegen, die Auslastung ist mit rund 80 Prozent besser als in Sindelfingen und Rastatt.

Am Standort Sindelfingen hat Mercedes neben einem Großteil der Forschung und Entwicklung auch zwei Fertigungen für Pkw. In der erst 2021 eröffneten Factory 56 werden derzeit S-Klasse, EQS sowie die S-Klasse Maybach gebaut. Da die S-Klasse bereits die Hälfte des Modellzyklus hinter sich hat, sind die Verkaufszahlen nicht mehr ganz so hoch wie zu Beginn. Hinzu kommt, dass der EQS seine Erwartungen nicht erfüllen konnte. Zwar läuft die S-Klasse Maybach nach wie vor gut in China, doch die Stückzahlen im obersten Luxus-Segment sind beschränkt. Zusammen dürften 2023 nicht mehr als 100.000 Fahrzeuge die Halle verlassen haben. In der für E-Klasse und GLC nach gleichem Muster umgebauten Factory 46 wurde die Fertigung durch die Lieferschwierigkeiten bei 48-Volt-Batterien beschränkt. 

Von allen Modellen wurden laut Mercedes-Benz 2023 in Sindelfingen rund 222.000 Fahrzeuge gebaut. Die Kapazität mit einer dritten Schicht dürfte bei maximal 350.000 liegen. Die Zeiten, in denen mit der C-Klasse über 400.000 Einheiten gefertigt werden, sind lange vorbei. Die Auslastung liegt also aktuell bei rund zwei Drittel. Mercedes-Chef Ola Källenius betont allerdings, dass er wertschaffendes Wachstum bevorzugt, also lieber weniger, dafür aber teure Autos verkauft.

In Rastatt werden die Kompaktwagen der A- und B-Klasse sowie das kompakte SUV GLA und der vollelektrische Mercedes-Benz EQA gebaut. Im vergangenen Jahr liefen 206.000 Einheiten vom Band. Bei allen Modellen ist die Nachfrage nicht mehr auf Top-Niveau, da zum Teil Nachfolger angekündigt sind und die Elektromodelle generell nur mäßig laufen. Die Kapazität des Werks dürfte laut Berechnungen bei rund 300.000 Einheiten liegen. Auch hier liegt die Auslastung also bei rund zwei Drittel.

In Eisenach baute Opel in der Vergangenheit den Corsa und den Adam, seitdem hat das Werk eine Produktionskapazität von 190.000 Einheiten pro Jahr im Drei-Schicht-Betrieb. Im Mai 2019 rollten der letzte Adam und der letzte Corsa vom Band. Seither wird in Eisenach aber der Grandland gebaut, zunächst nur als Verbrenner und Plug-in-Hybrid. Doch im April startete auch dort das reine Elektrozeitalter mit dem Vorserienstart des rein elektrischen Grandland, der auf der modernen STLA-Medium-Plattform des Stellantis-Konzerns beruht. Das Werk gilt damit als zukunftssicher, auch wenn Opel zu seiner Auslastung offiziell keine Angaben macht. Die Zahl der Mitarbeiter lag zuletzt bei rund 1100.

In Rüsselsheim befindet sich das Stammwerk und historische Zentrum von Opel. Dort wurden schon zahlreiche Modelle gefertigt, vom Astra über Senator, Monza, Vectra und Zafira bis hin zum Insignia. Im Dreischicht-Betrieb wurden in der Vergangenheit bis zu 270.000 Fahrzeuge jährlich produziert. Im Herbst 2022 wurde die Insignia-Fertigung dann vorzeitig eingestellt, das Modell beruhte noch auf einer Plattform von General Motors. Mit dem Start der Fertigung des neuen Astra auf einer Stellantis-Plattform hat das Werk wieder eine Zukunft.

Außerdem wird in Rüsselsheim das Schwestermodell DS4 der Nobelmarke DS gebaut. Aktuell arbeiten rund 8400 Mitarbeiter am Standort. Große Teile der Entwicklung hat der Standort allerdings seit der Übernahme durch PSA und im Zuge der weiteren Eingliederung in den Stellantis-Konzern verloren. Opel nennt offiziell keine aktuellen Produktionszahlen. Vor der Corona-Pandemie waren 2018 noch 123.000 Fahrzeuge gebaut worden, 2019 aber sackte die Produktion auf nur noch 68.000 Einheiten ab. 2021 hatten dann nur noch 20.000 Insignia-Einheiten das Werk verlassen.

Am Stammsitz im Stuttgarter Stadtbezirk Zuffenhausen liefen nach den Daten von Marklines im vergangenen Jahr rund 108.000 Fahrzeuge vom Band. Hier werden die Zweitürer wie 911 sowie die Baureihe 718 mit Boxster und Cayman gefertigt, in einer weiteren Halle entsteht der elektrische Porsche Taycan. Da Porsche die Verfügbarkeit seiner Modelle verknappt, ist die Auslastung entsprechend gut. Sie dürfte bei rund 90 Prozent liegen, da die Kapazität in Stuttgart mit 120.000 Einheiten angegeben wird. Da Porsche aktuell umbaut für die Elektrifizierung der Baureihe 718, ist ein Teil der Produktion ins VW-Werk nach Osnabrück ausgelagert worden. Weil außerdem 911 und Taycan ein Facelift erhalten haben, könnten die Stückzahlen in diesem Jahr vorübergehend sinken.

Porsche, Leipzig:

Auch der Standort Leipzig, wo Panamera und Macan von Band laufen, ist traditionell gut ausgelastet. Zusammen kamen beide Modelle laut Marklines im vergangenen Jahr auf 121.000 Einheiten. Dies bedeutet eine Auslastung von 80,6 Prozent, da mehr als 150.000 Autos ohnehin nicht produziert werden können. In diesem Jahr dürfte die Zahl aber deutlich nach unten gehen, da sich mit der neuen Generation des Panamera und dem E-Macan zwei komplett neue Modelle im Hochlauf befinden und daher eine Lücke entstehen dürfte. Zudem musste Porsche wegen neuer Cyber-Security-Richtlinien den Verkauf des Verbrenner-Macans in Europa einstellen. Er wird nur noch für China, USA und die übrigen Märkte produziert.

Kaum eine theoretische Produktionskapazität in Verbindung zur erreichten Stückzahl wurde so kontrovers diskutiert, wie die des Tesla-Werks in Grünheide, südöstlich von Berlin. Ausbaugegner argumentieren mit der Auslastung von gerade einmal 51,41 Prozent um eine weitere Ausbreitung des Elektropioniers in Grünheide zu verhindern. 375.000 Einheiten kann das Werk schon jetzt jährlich stemmen, erreicht wurden 2023 gerade einmal 192.801 Fahrzeuge. Tesla selbst bestätigt diese Zahl offiziell nicht. Ob der Standort wirklich noch weitere Fertigungskapazitäten braucht, wird weiter heiß diskutiert. Tesla-Chef Elon Musk und die mit ihm fest verbandelte Brandenburger Landesregierung sind dafür – Umweltschützer und Anwohner dagegen. In Grünheide wird bisher nur das Model Y gebaut, perspektivisch soll laut Musk auch der LKW Semi dazukommen.

Volkswagen, Emden:

Der nach Angaben von Volkswagen größte industrielle Arbeitgeber nördlich des Ruhrgebiets ist das VW-Werk in Emden. Hier entstehen seit 1964 VW-Modelle, die wegen der direkten Nähe zum Hafen dann unmittelbar auf große Transporter verladen werden konnten. Doch Emden ist kein reines Exportwerk. Seit Ende der Käfer-Produktion 1978 wurden hier auch der Golf I, der Audi 80, der Santana und der Typ 4 Bus gebaut. 2019 kündigte Volkswagen den Umbau des Standorts zu einem reinen Elektrowerk an. Aktuell mit der Produktion des ID.4 und des ID.7. Bis 2023 lief dort auch noch der Passat vom Band, dessen neues Modell aber im slowakischen Bratislava gefertigt wird. Die errechneten 78,26 Prozent Auslastung im Jahr 2023 sind Spitzenwert unter den Werken der VW-Kernmarke in Deutschland.

Im April 2009 meldete der Traditionshersteller Karmann Insolvenz an, sieben Monate später übernahm Volkswagen des kleine Werk in der niedersächischen Stadt und ließ dort ab 2011 das Golf Cabrio und Überlaufproduktionen des Boxter und des Cayman produzieren. Der kleine Standort ist seither der Joker im VW-Produktionsnetzwerk und zudem Experte für die (ebenfalls bald aussterbende) Cabrio-Produktion. Im vergangenen Jahr fertigte Osnabrück etwas über 18.000 Fahrzeuge, bei einer theoretischen Kapazität von bis zu 100.000 Modellen. Das aktuell vom Band laufende T-Roc Cabrio soll laut VW-Angaben im kommenden Jahr eingestellt werden. Die rund 2300 Mitarbeiter hoffen als Nachfolger auf ein noch nicht näher spezifiziertes Elektromodell von Porsche.

Volkswagen, Dresden:

Wie auch der Standort Osnabrück wartet die "Gläserne Manufaktur" in Dresden auf eine nachhaltige Zukunftsperspektive. Ohnehin nach Berechnungen nur auf eine Stückzahl von 20.000 Fahrzeugen jährlich ausgelegt, wurden im vergangenen Jahr gerade einmal 6000 Einheiten am prestigeträchtigen Standort in der sächsischen Landeshauptstadt gebaut, der einst für die Fertigung der Luxuslimousine Phaeton (2002 bis 2016) errichtet wurde. 2021 startete die Produktion des ID.3 in Dresden. Die Schließung des Standorts als Produktionseinrichtung steht in Aussicht, Volkswagen arbeitet derzeit an einem Nachnutzungskonzept.

Die größte zusammenhängende Autofabrik der Welt steht in Wolfsburg im östlichen Niedersachsen. Die Heimat von Volkswagen sollte nach einem Plan von 2018 jährlich eine Million Fahrzeuge produzieren. Die Zahl wurde so nie erreicht, inzwischen liegt die Kapazität laut Berechnungen der Automobilwoche und von Marklines bei etwa 870.000 Einheiten pro Jahr. Auch diese Wahnsinnszahl wird östlich der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover aber nicht erreicht.

2023 kam Wolfsburg auf rund 490.000 Einheiten, was einer Auslastung von nur 56,32 Prozent entspricht. Wolfsburg baut unter anderem den Golf, Golf Variant, Touran und Tiguan – alles wichtige Volumenbringer der Kernmarke. Solange die Nachfrage nach Verbrennern in Europa ungebrochen ist, ist Wolfsburg gut aufgestellt. Die Transformation der 1,6 Quadratkilometer bebaute Hallenfläche zu einem kompletten Elektrostandort wird aber am Mittellandkanal noch Jahrzehnte dauern und Milliarden verschlingen.

Drei Volkswagen-Marken unter einem Dach: Das gibt es so nur im VW-Werk in Zwickau, wo Volkswagen, Audi und Cupra ihre Derivate auf der vollelektrischen MEB-Architektur bauen. Volkswagen seine ID.3, ID.4 und ID.5, Audi seinen Q4 e-tron und Cupra seinen Born. Seit Juni 2020 ist Zwickau das erste reine Elektrowerk im VW-Konzern. Die Auslastung von 68,61 Prozent durch 247.000 Einheiten bei einer Kapazität von 360.000 Fahrzeugen jährlich ist ordentlich, wird allerdings voraussichtlich in 2024 unterboten.

Schon zum Ende des vergangenen Jahres verkündete das VW-Werk Zwickau die Streichung von Schichten, den Abgang von mehreren hundert Zeitarbeitern und die dauerhafte Streichung der Nachtschicht. Die Nachfrage nach Elektromodellen setzt auch den Standort in Sachsen enorm unter Druck. Immerhin: Statt ein eigenes Werk neu zu errichten, vergab Volkswagen die Produktion des Elektro-Prestigemodells "Trinity" nach Zwickau. Die langfristige Perspektive des Traditionsstandorts (Mit den Horch- und Audi-Werken Anfang des 20. Jahrhunderts war Zwickau einer der ersten Automobilstandorte des heutigen Deutschlands) ist also gesichert.

Im Westen der alten Messestadt Hannover liegt das Volkswagen-Werk mit seinen 13.500 Beschäftigten. Das VW-Werk im Stadtteil Stöcken ist die Heimat des ikonischen "Bulli", von dem seit 1956 etwa 9,2 Millionen Exemplare hier gebaut wurden. Aktuell ist das VWN-Werk aur 200.000 Einheiten ausgelegt, 154.372 wurden im vergangenen Jahr gefertigt. Die Hannoveraner stehen jetzt aber vor der Herausforderung, den enorm volumenstarken T6.1, dessen Fertigung auslief, in der Produktion ersetzen zu müssen. In diesem Jahr laufen in Stöcken nur ID.Buzz und Multivan vom Band, vor allem der bei Kunden und Kritikern beliebte Elektrobulli ID.Buzz soll diese Lücke schließen und mittelfristig ein sechsstelliges Produktionsvolumen erreichen.

Was die Zukunft bringt:

Von den aktuell 22 deutschen PKW-Werken werden nur zwei perspektivisch als Produktionsstandort verschwinden: Das VW-Werk in Dresden, sowie das Ford-Werk in Saarlouis. Alle anderen Standorte sind entweder gut ausgelastet, haben schlüssige Zukunftskonzepte, oder profitieren vom langfristigen Hochlauf der Elektromobilität. Dennoch spricht sehr vieles dafür, dass das 2022 eröffnete Tesla-Werk in Grünheide auf lange Sicht das letzte neue Automobilwerk in Deutschland gewesen ist. Die Pläne für das neue VW-Werk in Wolfsburg-Warmenau ("Trinity-Fabrik") zerschlugen sich, das Modell geht ins bestehende Werk nach Zwickau. Auch BMW errichtete sein neues Werk für den Anlauf der Neuen Klasse in Ungarn und nicht in der bayrischen Heimat.

In Straßkirchen entsteht aber zumindest eine neue Batteriefabrik des Premiumherstellers, von denen in Deutschland auch weiter vorgelagert in der Lieferkette einige neue Anlagen für Batteriezellproduktion errichtet werden sollen. Unter anderem im schleswig-holsteinischen Heide durch den Anbieter Northvolt. Solche Batteriefabriken, wie auch die bereits in Betrieb befindliche Anlage von CATL in Erfurt, werden die Landkarte der deutschen Automobilwerke ergänzen und teilweise verändern. Neue Werke für die Fahrzeugproduktion wird es dagegen in Deutschland so schnell nicht geben.