EU-Zölle gegen E-Autos aus China: Entscheidung steht bevor

Der Wahlsieger steht fest: Das konservative Parteienbündnis EVP hat die Europawahl gewonnen. Damit stehen die Chancen gut, dass Ursula von der Leyen (CDU) erneut als Kommissionspräsidentin nominiert werden wird.

Bis die neue EU-Kommission steht, kann es noch Wochen, vielleicht sogar Monate dauern. Eine weitreichende Entscheidung wird aller Voraussicht schon am Mittwoch (12. Juni) fallen: Zollerhöhungen auf aus China importierte Elektroautos.

Fest geplant ist ein ein zusätzlicher Importzoll zwischen 15 und 25 Prozent je nach Umfang der staatlichen Subvention des Herstellers in China. Besonders im Fokus stehen dabei die chinesischen Autoriesen BYD und Geely. Für weniger stark alimentierte chinesische OEMs soll es auch Abstufungen nach unten geben. 

Der weitere Zeitrahmen sieht dann ein vorläufiges Inkrafttreten der Zölle in etwa vier Wochen vor. In Brüssel wird immer wieder als Datum der 4. Juli genannt, neun Monate nach Start der EU-Antisubventionsuntersuchung zu chinesischen Elektroautos im Oktober 2023.

Endgültige Maßnahmen könnten sich noch länger hinziehen und bis zu vier Monate später umgesetzt werden. Im November dürfte sich aber schon die neue EU-Kommission konstituiert haben, die womöglich eine andere Linie vertritt.

Interessant ist: Über die endgültigen Regularien der zusätzlichen Importzölle müssen außerdem noch die EU-Staaten nach dem Votum der Kommission im Minis­terrat befinden. Für die euro­päischen Hersteller, die die Zölle fast durchweg ablehnen, öffnet sich so eine Hintertür.

Laut EU-Gesetzgebungsprozess könnten die endgültigen Zollerhöhungen also noch von den Mitglieds­staaten abgeräumt werden, wenn eine qualifizierte Mehrheit aus 15 Ländern (von 27 Mitgliedsstaaten), die zusammen eine Zweidrittelmehrheit der EU-Bevölkerung repräsentieren, dies gemeinsam beschließt.

Auch die Lobbyisten der Automobilhersteller können so noch auf den Prozess Einfluss nehmen. David Kleimann, Europa-Handelsexperte beim britischen Thinktank ODI, sagte der Automobilwoche: „Die vier Monate bis ­November sind eine perfekte Möglichkeit für Europa und ­China, um über Alternativen für Zölle zu sprechen. Diese Verhandlungen werden längst vorbereitet, nachdem China eigene Zölle auf EU-Exporte angedroht hat.“

Die final zwischen EU und ­China ausgehandelten Bestimmungen, oder notfalls sogar per Votum die völlige Abkehr von der noch in der alten EU-Kommission verabschiedeten Linie mit Strafzöllen, könnte dann bis Jahresende beschlossen werden. Schon im Mai hatte BMW-CEO Oliver Zipse im Hinblick auf die Strafzölle orakelt: „Vielleicht machen wir das ja auch nur ein paar Monate. Das wollen wir erst mal sehen.“

Offen ist auch noch, wie sehr europäische Hersteller mit einer Produktion in China und Importen der Fahrzeuge in die EU von der Anhebung der Zölle betroffen wären. Bisher zahlen sie wie auch chinesische Hersteller zehn Prozent Importzoll. 

Unter anderem der BMW-Konzern (BMW iX3, Mini Cooper, Mini Aceman), Mercedes (Smart #1, #3), Cupra (Tavascan) und Tesla (Model 3 und zum Teil Model Y) fertigen Modelle für den europä­ischen Markt in China. Bei entsprechenden Abstufungen der Zölle je nach staatlicher Unterstützung könnten die in China in Joint Ventures produzierenden europäischen Hersteller deutlich weniger belastet werden als ­zunächst angenommen.

Klar ist auch: Zollerhöhungen im Bereich von 20 Prozent setzen chinesische Hersteller weit weniger unter Druck als von der EU erhofft.

Die Rhodium Group, eine auf China spezialisierte Denk­fabrik mit Sitz in New York, analysierte, dass die Zollerhöhungen bis zu 50 Prozent (gegenüber den derzeitigen zehn Prozent) betragen müssten, um eine tatsäch­liche Wirkung auf die Menge ­importierter Fahrzeuge in die EU zu haben. Der Margenvorteil chinesischer Hersteller in der Produktion betrage demnach bis zu 30 Prozent.

Aus dem Datencenter:

EU-Preisentwicklung chinesischer E-Autos in Abhängigkeit der Zollentwicklung