Herr Göttel, wie ist das Geschäftsjahr 2022 für Benteler bislang verlaufen?
Als Benteler-Gruppe sind wir extrem zufrieden, weil sich das Industrie- und Rohrgeschäft aufgrund der Öl- und Gasexploration sehr gut entwickelt hat. Wir werden als Konzern also ein gutes Jahr hinlegen – über unseren Erwartungen. Im Automobilbereich sind wir nach dem schwierigen Start in das Jahr durch den Krieg in der Ukraine und die Lockdowns in China mittlerweile teilweise zufrieden.
Können Sie das näher erläutern?
Asien entwickelt sich prächtig, da haben wir bereits das Vorkrisenniveau erreicht. Uns freuen die von den Kunden abgerufenen Volumen, die planbaren Energiekosten sowie die Tatsache, dass sich die Inflation im erwartbaren Rahmen entwickelt hat. Süd-, Mittel- und Nordamerika liegen im Bereich der Erwartungen. Dort erholt sich die Automobilproduktion stetig. Für Europa lässt sich das hingegen nicht sagen. Dafür gibt es vielschichtige Gründe, aber wir müssen als Industrie feststellen: Europa ist letztlich kein Wachstumsmarkt mehr. Die Exporte in andere Märkte sind rückläufig und der Kontinent ist schon fast ein Hochinflationsmarkt mit den daraus resultierenden Herausforderungen für die Branche, aber auch für den Endkunden. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Industrie.
Was meinen Sie damit?
In Europa haben wir Produktivitäten bislang über Volumensteigerungen realisiert. So konnten wir eine moderate Inflation kompensieren. Das ist derzeit nicht mehr der Fall. Wir müssen daher die Zulieferindustrie in ein Modell überführen, bei dem wir uns jährlich mit unseren Kunden über die großen Kostentreiber verständigen. In Südamerika funktioniert das bereits seit langem so: Dort setzen sich zu Beginn des Jahres Fahrzeughersteller und Zulieferer zusammen und sprechen über die Hauptinflationstreiber, also Personalkosten oder Rohstoffe, die dann in den Stückpreisen ausgeglichen werden. Es gibt also eine jährliche routinemäßige Preisanpassung, basierend auf der Inflationsrate. Ein Modell, mit dem beide Partner sehr gut leben können.
Welchen Umsatz erwarten Sie für Benteler in diesem Jahr?
Eine Aussage dazu ist schwierig, weil der Umsatz inflationär über die Materialpreissteigerungen getrieben ist. Wir verwenden fast ausschließlich Stahl und Aluminium – Rohstoffe, bei denen sich die Preise teilweise verdoppelt haben. Das heißt, wir werden für 2022 ein beeindruckendes Umsatzwachstum ausweisen können. Es entspricht aber nicht den Volumen. Ich sagte es eben: 2022 war ein gutes Jahr für Benteler. In Summe werden wir als Konzern sowohl beim Umsatz als auch im Ergebnis besser abschneiden als im Jahr 2021. Das ist aber in erster Linie dem allgemeinen Industriegeschäft geschuldet, das sich dieses Jahr noch besser entwickelt hat als zu Beginn des Jahres prognostiziert.