Bosch wird zum Retter von Artemis

Ohne Partner geht es nicht. Das hatte Cariad-Chef Dirk Hilgenberg schon im September auf der IAA angedeutet. Die Zusammenarbeit, die er nun mit Bosch eingeht, fällt dann aber doch einiges größer aus, als viele gedacht hatten: Immerhin 1000 Mitarbeiter soll das Gemeinschaftsprojekt der beiden haben, das beim autonomen Fahren nun die Federführung übernehmen wird.

Das wird VW helfen, das automatisierte Fahren nach Level 3 nun endlich wie geplant auf die Straße zu bringen. Den bisher, so heißt es, liegt die mit viel Vorschusslorbeeren gestartete VW-Tochter weit hinter ihren Zeitplänen zurück. Vor allem beim Artemis-Projekt drängt die Zeit: Der Start des Zukunftsmodells aus dem Hause Audi wurde zwar schon von 2024 auf 2025 verschoben. Doch dann soll das Modell zumindest Level 3 können und für Level 4 vorbereitet sein, der Fahrer also zumindest zeitweise die Verantwortung abgeben können.

Die Ziele, die sich die beiden neuen Partner nun gesetzt haben, klingen dabei seltsam zurückhaltend: Level 2, Level 2+, 2++ und Level 3 wolle man bedienen. Und dann schauen, ob man mit Level 4 weitermacht. Andere sind hier längst weiter: Daimler etwa hat inzwischen mit der S-Klasse ein Fahrzeuge, in dem Level 3 nicht nur vorgerüstet ist, sondern auch zum Einsatz kommen darf. Diese Rückstand muss VW nun erst einmal aufholen.

Dass VW damit bei einem der wichtigsten Zukunftsthemen, die Konzernchef Herbert Diess in seiner Agenda bis 2030 ausgemacht hat, nun quasi die Führung abgibt, ist durchaus als Eingeständnis zu sehen, dass man es allein eben doch nicht schafft. Bosch springt jetzt als Retter ein. Dass beide Seiten von einer Partnerschaft unter Gleichen reden, darf darüber nicht hinwegtäuschen. Denn das Herz der Software fürs autonome Fahren, das als Middleware dienende Betriebssystem AOS, bringt Bosch in die Partnerschaft ein. Und dank VW bekommt Bosch nun die Chance, sein Fahrsystem groß in Serie zu bringen.

Die beabsichtigte Richtung des Know-how-Transfers ist damit klar: Cariad kaufe sich nun das Know-how ein, um die eigene Software zu entwickeln, schrieb Konzernchef Herbert Diess nach dem Abschluss auf LinkedIn. Und fügte hinzu: Das sei ein wichtiger Meilenstein.

Wermutstropfen für VW: Bosch sicherte sich das Recht, die in dem Projekt entwickelten Lösungen später auch anderen anzubieten, also auch den Konkurrenten von VW. Zwar vereinbarten Bosch und VW, dass zunächst nur exklusiv an Cariad geliefert wird. Sie lassen aber offen, wie lange diese Exklusivphase dauern wird. Die Chance, die Software später auch anderweitig zu vermarkten, dürfte vor allem Bosch zum Gewinner des Deals machen.

Leidtragender könnte dagegen Continental sein. Die Hannoveraner liefern für die ID-Modelle von VW bisher wichtige Teile der Software und haben das Thema gerade zum großen Zukunftsfeld erklärt. Am liebsten wollen sie Programmcodes im Paket mit der eigene Hardware anbieten, etwa dem Zentralrechner, auf den Conti große Hoffnungen setzt. Stattdessen müssen sie jetzt darum bangen, wenigstens bei der Hardware zum Zuge zu kommen. Noch lässt Cariad-Chef Dirk Hilgenberg zwar offen, wer bei der nächsten Plattform Rechner und Prozessoren liefern wird. Dass man sich weltweit umsehen will, dürfte für Conti aber kein gutes Zeichen sein.

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