Dauerbrenner wagt sich in SUV-Sumpf

Yaris Cross, C-HR, RAV4, Bz4X und der alt ehrwürdige Land Cruiser – es ist ja beileibe nicht so, als hätte Toyota keine SUV am Start. Und da sind die ganzen Lexus noch nicht einmal mitgezählt. Doch weil der Boom auf der Buckelpiste ungebrochen ist und das Geschäft vor allem in der Kompaktklasse fast nur noch mit Crossovern gemacht wird, schickt Toyota jetzt noch ein weiteres SUV ins Rennen und stellt dafür keinen geringeren als den Corolla auf Stelzen.

Als Corolla Cross soll der Weltbestseller auf Abwegen von Ende November an jene Lücke schließen, die man bei ganz genauem Hinsehen vielleicht noch zwischen C-HR und Yaris Cross auf der einen und dem RAV4 auf der anderen Seite sehen kann. Die Preise für die bei uns dann dritte Corolla-Variante beginnen bei 38.600 Euro und liegen damit nominell stolze 7000 Euro über dem Fünftürer. Schaut man allerdings nach vergleichbaren Ausstattungsvarianten und dem passenden Motor, schmilzt der Unterschied auf vertretbare 3000 Euro zusammen.

Dafür gibt es nicht nur ein bisschen mehr Bodenfreiheit und ein paar rustikale Plastikplanken, sondern Toyota hat den Corolla mit einem Faible für Freizeit und Abenteuer komplett neu eingekleidet und den 4,46 Meter langen Fünftürer entsprechend bullig gezeichnet – stolzen Grill über die weiter ausgestellten Radhäuser bis zum steilen Heck mit dem angedeuteten Unterfahrschutz.

Innen sind die Unterschiede, von der angenehm erhöhten Sitzposition und der mit ihr verbundenen guten Rundumsicht einmal abgesehen, allerdings weniger auffällig. Denn die digitalen Instrumente bekommen künftig auch die bodennahen Corolla-Varianten, und das restliche Layout der Mittelkonsole mit dem großen Touchscreen darüber wirkt sattsam vertraut. Das gilt allerdings leider auch für die Materialauswahl, die von strenger Kostenkontrolle und wenig Mut zur Farbe zeugt. Zwar ist alles ausgesprochen funktional und fühlt sich gar nicht so schlecht an. Aber man muss schon graue Plastikwüsten lieben, um sich für das Cockpit zu begeistern. Das können die Konkurrenten besser – egal ob aus Deutschland, Japan oder Korea.

Keinen Grund zur Klage gibt es dagegen bei den Platzverhältnissen: Bei 2,64 Metern Radstand taugt die Rückbank auch für Kinder, die der Grundschule entwachsen sind, und der Kofferraum mit seiner angenehm niedrigen Ladekante fasst 433 bis 1337 Liter. Allerdings lässt sich im Fond zwar die Neigung der Rücklehne zweistufig verstellen, doch während Konkurrenten auch eine verschiebbare Rückbank zur individuellen Balance von Kofferraum und Kniefreiheit anbieten, sind die Polster beim Toyota fest verschraubt.

Angeboten wird der Corolla Cross – so viel ist Toyota seiner Rolle als Hybrid-Weltmeister schuldig – ausschließlich als Teilzeitstromer, dafür aber dann gleich in zwei Konfigurationen. Los geht es mit einem Tandem aus einem 2,0 Liter großen Vierzylinder, den die Japaner wahlweise mit einem oder zwei E-Maschinen zusammen spannen und so auch standesgemäßen Allradantrieb anbieten. Weil der Pufferakku allerdings sehr klein ist und nicht an der Steckdose geladen werden kann, liegt die elektrische Fahrstrecke bei kaum mehr als einem Kilometer und das Spitzentempo unter Strom bei rund 120 km/h. Dafür drückt die Technik allerdings den Verbrauch im besten Fall auf vorbildliche 5,1 Liter und stillt so die nostalgische Sehnsucht nach dem Diesel, den Toyota bei seinen klassischen Pkw-Baureihen schon vor Jahren ausgemustert hat.

Egal ob Frontantrieb oder 4x4 – immer liegt die Systemleistung des Hybrid bei 197 PS, was nach mehr klingt, als es am Ende tatsächlich ist. Denn obwohl auf dem Papier überdurchschnittlich stark, ist dieser Corolla Cross kein Heißsporn, der das Messer zwischen den Zähnen trägt und in der Tasche schon mal die Faust ballt. Obwohl er binnen 7,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 Sprinten könnte, gibt er viel lieber den gemütlichen Cruiser, der eher gelassen als getrieben über die Landstraßen rollt und sich mit einem Spitzentempo von 180 km/h auf der Autobahn auch mal zurückfallen lässt.

Die Gelassenheit tut dem Toyota gut. Denn wer engagierter fährt, bringt den Hybridantrieb schnell an seine Grenzen, ist genervt vom asthmatischen Klang des Verbrenners und stöhnt über den Gummiband-Effekt des stufenlosen Getriebes, das den Antrieb bei hoher Last unangenehm aufheulen lässt. Dann doch lieber ein paar Sekunden später aber dafür entspannt ankommen – zumal auch die Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung mit ihrem Fokus auf den Komfort zur Entschleunigung erzieht.

Noch mehr Entschleunigen können die Kunden im zweiten Quartal des nächsten Jahres, wenn Toyota die Basis-Motorisierung nachschiebt: Die setzt dann auf einen 1,8 Liter-Benziner und immer nur einen E-Motor an der Vorderachse, die zusammen auf 140 PS kommen, in 9,9 Sekunden die 100er-Marke reißen und bei Vollgas 170 km/h schaffen. Ihr Verbrauch: 4,9 Liter.

Zwar war Toyota schon vor dem Corolla Cross bei den SUV extrem gut aufgestellt. Doch ein Blick zum wichtigsten Konkurrenten aus Wolfsburg lässt erahnen, dass der Ausflug auf die Buckelpiste ein smarter Zug sein könnte. Denn bei VW hat der Tiguan längst den Golf vom Thron gestoßen. Gut möglich also, dass es deshalb auch der Corolla Cross bald zum Bestseller in der Toyota-Familie schafft.