Herr Bachmaier, 2022 ist ein Jahr voller Herausforderungen. Wie läuft es für Magna Steyr?
Die Situation ist nach wie vor herausfordernd. Wir haben noch immer auf der Zuliefererseite Probleme, die Produktion aufrechtzuerhalten. Wir managen das aber gemeinsam mit den Kunden und sind sehr flexibel. Trotz allen Widrigkeiten haben wir viel erreicht.
Gilt das auch für die Stückzahlen?
Wir sind im Jahresverlauf bei den Stückzahlen stabil oder leicht höher als Vorjahr. Für das Gesamtjahr geben wir aber bekanntlich keinen Prognosen ab. Aber der Output ist natürlich kein Vergleich zu Vor-Pandemiejahren wie 2019.
Wie wirken sich die Lieferprobleme aus?
Wir sind teils gezwungen, kurzfristig Schichten ausfallen zu lassen, Stückzahlen zu reduzieren oder Fahrzeuge nur zum Teil und nicht komplett aufzubauen, wenn sie in dem Fall nachrüstbar sind. Was uns auszeichnet ist, dass wir damit gut umgehen können. Das ist unter anderem auch der guten Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern geschuldet, die uns diese Flexibilität ermöglicht.
Was fehlt an Teilen?
Angefangen hat es bekanntlich mit den Halbleitern und allen Bauteilen, in denen sich Halbleiter befinden. Inzwischen fehlen Glas, Blech und vieles anderes. Das ist wiederum darauf zurückzuführen, dass Tier 3, 4 oder 5 nicht zuliefern können.
Wollen Sie sich daran beteiligen vorherzusagen, bis wann die Chipkrise geht?
(Lacht) Nein, wir machen da keine Prognosen, das machen andere.
Was steht aktuell in der Produktion an?
Wie gehabt BMW Fünfer, Z4 und Toyota Supra im Auftrag von BMW. Die Mercedes G-Klasse produzieren wir seit 43 Jahren, und für Jaguar sind es E-Pace und I-Pace. Zudem bereiten wir uns auf den Anlauf des Fisker Ocean vor. Mitte November werden wir erste Einheiten aufbauen, und dann gibt es eine Anlaufkurve, die sich übers nächste Jahr zieht.
Die Fertigung des ersten Jaguar-Elektroautos I-Pace wird wie angekündigt endlich sein. Wie ist der Stand?
Wir gehen davon aus, dass wir den I-Pace bis 2025 vertragskonform produzieren. Dann kommt eine neue elektrische Plattform, auf der alle E-Fahrzeuge gebaut werden. Wie es mit der Produktion weitergeht, ist noch nicht final definiert.
Gibt es in der Entwicklung weitere Neukunden?
Wir haben hier sehr viele spannende Themen. Fisker beschäftigt uns enorm, ein Großteil der Entwicklungsdienstleistung des Ocean kommt aus unserem Haus. Dann haben wir weitere mannigfaltige Engineering-Aufträge, über die wir noch nicht sprechen.
Es heißt, Magna Steyr ist kurz davor, ein Werk in den USA zu bauen...
Wir wollen, wenn sich eine Möglichkeit bietet, auf den US-Markt. 2008 waren wir einmal nah dran. Jetzt haben wir wieder einige Möglichkeiten, die uns optimistisch stimmen, sowohl für neue Hersteller als auch mit traditionellen Fahrzeugbauern. Wir beschäftigen uns gerade intensiv mit der Standortsuche.
Erwägen Sie Kalifornien?
Wir suchen da, wo wir Mitarbeiter mit ausreichender Qualifikation haben, wo Zulieferer angesiedelt sind, wo wir die Größe und Flexibilität haben, die wir brauchen. Kalifornien würde ich aber ausschließen. Wir reden von einem Greenfield, und wenn wir bauen, wollen wir absolut nachhaltig sein. Wir wollen ein klimafreies Werk. Das hat dann auch zur Folge, dass wir unseren Strom selbst produzieren, so dass wir schauen, wie viel Wind und wie viel Sonne wir dort haben.
Was ist denn Ihre Erfahrung mit den "New Entrance"-Herstellern?
Der Hype nimmt langsam ab. Vor zwei, drei Jahren hatten wir rund einhundert neue Firmen, die mit uns gleichzeitig im Gespräch waren. Von Australien bis Südafrika war alles dabei. Wir mussten ein eigenes Team aufbauen, das sich nur um diese Kunden gekümmert hat. Von den 100 war bei gefühlt 70 aber spätestens nach dem zweiten Gespräch klar ist, dass das zu nichts führt. Aber es waren auch einige dabei, mit denen wir länger im Gespräch waren, es war ja auch überraschend viel Geld im Markt vorhanden. Von den Playern aus der westlichen Welt – ohne China – werden sich meiner Meinung nach vielleicht fünf wirklich einen Namen machen können. Aber insgesamt hat dieser Trend der gesamten Automobilindustrie sicher nicht geschadet, weil sie die etablierten Konzerne herausgefordert haben. Es war auch ein Weckruf.
Haben Sie nun eine kleine, feine Liste mit neuen Playern, die mit Magna Steyr bauen wollen und von denen wir noch nichts wissen?
Naja, Fisker kennen Sie. Und es gibt einige Gelegenheiten, von denen Sie tatsächlich nichts wissen (lacht).
Letzte Frage, Herr Bachmaier: Welches Learning werden Sie aus diesem Jahr mitnehmen?
Das Learning ist: Man muss mit allem rechnen. Und es nichts mehr so planbar wie früher.