Vor zehn Monaten übernahm Alexander Vlaskamp als CEO bei MAN Truck & Bus. Der Niederländer sieht eine Stabilisierung bei der Traton-Tochter. Im Exklusiv-Interview mit der Automobilwoche spricht er über Umsatzziele, Produktionsausfälle und Stromtrassen für den Süden.
Herr Vlaskamp, Sie haben im vergangenen November ein zutiefst sanierungsbedürftiges Unternehmen übernommen. Wie weit sind Sie mit Ihren Umbauplänen?
Ich bin zuversichtlich, dass wir unsere Ziele erreichen, denn wir haben im Team in den vergangenen Monaten Großartiges geleistet. Schon vor meiner Zeit sind wichtige Weichen gestellt worden, um auf Marktschwankungen besser reagieren zu können. In der Umsetzung der Pläne kommen wir gut voran. Jetzt wollen wir die nächsten Schritte machen.
Wie sehen diese aus?
Wir erweitern die Produktionskapazitäten unseres Standorts in Krakau um etwa das Dreifache und werden dort erstmals in unserem Produktionsverbund leichte, mittelschwere und schwere Lkw auf einer Linie bauen. Das erhöht unsere Flexibilität enorm und gibt uns die Möglichkeit, die Produktion im Werk in Steyr Mitte des kommenden Jahres auslaufen zu lassen. Dadurch reduzieren wir unseren Lkw-Produktionsverbund von drei auf zwei Standorte und bieten dem Kunden dennoch gleichzeitig eine größere Flexibilität.
Ihr Ziel waren acht Prozent Umsatzrendite. Wo stehen Sie aktuell?
Aufgrund des Ukraine-Kriegs sind wir jetzt nach einem halben Jahr bei einer bereinigten Umsatzrendite von knapp unter einem Prozent. Das war einfach eine zusätzliche Herausforderung, die uns in diesem Jahr gestellt wurde. Wir hatten sechs Wochen Produktionsausfall, weil zwei Kabelbaum-Produzenten aus der Ukraine nicht mehr liefern konnten. Im ersten Halbjahr 2022 lagen wir beim Absatz rund 30 Prozent unter dem Vorjahr, haben dennoch insgesamt eine schwarze Null erreicht. Das zeigt die gesteigerte Robustheit des Unternehmens. Wir sind daher zuversichtlich, dass wir unser strategisches Renditeziel erreichen.
Empfinden Sie Ihre Aufgabe eigentlich als undankbar? Für eine erfolgreiche Transformation im Nutzfahrzeuge-Bereich sind die Hürden weit höher als bei Ihren Kollegen an der Spitze von PKW-Herstellern…
Hürdenlauf ist doch sehr spannend! Seit Jahren bin ich in der Transportbranche tätig und habe ein tiefgreifendes Verständnis für das Lkw- und Bus-Geschäft entwickelt. Es macht mir Spaß, die Transformation zu gestalten. Gemeinsam mit unserem Team daran zu arbeiten, uns darauf einzustellen, was Kunden künftig von uns verlangen. Es gilt ja, nicht nur sich selbst zu verändern, sondern auch unsere Kunden dabei zu begleiten. Es ist doch toll, diese "Challenge" anzunehmen und eine Branche zu verändern, die seit 100 Jahren von Benzin oder Diesel als Energieträger geprägt ist.