Während die Konkurrenz von Mercedes und Audi entweder schon Fahrzeuge mit Level-3-Standard für autonomes Fahren im Markt hat (S-Klasse und EQS mit Drive Pilot), oder zumindest gerade die Entwicklung entsprechender Angebote neu sortiert hat (Umbau des Artemis-Projekts bei Volkswagen), hält sich BMW bei den Planungen zu Autonomie nach Level 3 oder Level 4 im Fahrzeug seit einiger Zeit auffällig bedeckt. Auch auf der Keynote zum Auftakt der CES in Las Vegas sprach Konzernchef Oliver Zipse über viele Innovationen, nicht aber über autonome Fahrfunktionen. Bis jetzt.
Auf Nachfrage der Automobilwoche konkretisierte der BMW-CEO im Rahmen einer Medienrunde unweit des CES-Geländes die weiteren BMW-Planungen. Zipse sagte: „Wir haben schon einen sehr genauen Überblick, über das, was im Markt passiert. Glauben Sie mal, dass wir jede Technologie, die es da aktuell gibt, sehr gut kennen. Wir wissen, was verfügbar ist.“ Dennoch ist ein BMW mit Level-3-Autonomie aktuell nicht im Markt verfügbar. Auch der im April 2022 präsentierte neue Siebener verzichtet auf ein entsprechendes Angebot. Keine Folge mangelnder Lösungen in diesem Bereich, sondern eine bewusste Entscheidung der Münchener, sagt Oliver Zipse. Er führt dazu aus: „Sie werden Level 3 von uns sehen, wenn es soweit ist. Der Zeitpunkt ist nicht mehr weit weg.“
BMW-Chef Oliver Zipse verrät Pläne für autonomes Fahren
In letzter Zeit hat BMW sich beim Thema autonomes Fahren zurückgehalten. Vorstandschef Oliver Zipse erklärte auf der CES die Hintergründe - und sprach über die weiteren Pläne.
Angesprochen auf das Angebot von Mercedes, die S-Klasse und den EQS mit dem Drive Pilot genannten System bis 60 km/h auf Autobahnen nach Level 3 autonom fahren zu lassen, sagt Zipse: „Wir machen es, wenn es relevant für den Kunden wird. Sind 60 Stundenkilometer für den Kunden relevant? Wir glauben, dass ein Angebot für bis zu 60 Stundenkilometer als Angebot nicht abheben wird. Und wenn Sie das bei 120 Stundenkilometer anbieten, brauchen Sie eine ganz andere Technologie und ein ganz anderes Auto.“
Hier sieht Zipse im Bereich des autonomen Fahrens immer noch ein zu großes Risiko für die Haftungsübernahme des OEM. Der BMW-Chef in Las Vegas: „Sie wollen nicht der Hersteller sein, der bei 120 Stundenkilometern und Level-3-Autonomie die Liability (dt. verbindliches Schuldrecht, d. Red) für die Sicherheit des Fahrers übernimmt.“ Technisch sei dies zwar machbar, aber eben bei einer rechtlich ungeklärten Haftungsfrage und zu einem weit höheren Preis. Zipse: „Ein Fahrzeug, das in der Lage ist, nach Level 3 autonom zu fahren, würde für den Kunden noch einmal um 50 Prozent teurer werden als aktuelle Modelle. Und das ist eher noch der untere Bereich dieses Preisspektrums.“
Denkbar wäre, dass ein Level-3-fähiger BMW erstmals 2025 mit der Neuen Klasse auf den Markt kommen wird. Doch die Münchener sind schon viel weiter. Ende 2023, Anfang 2024, soll der aktuelle Siebener erste Level-3-Funktionen erhalten. Wie genau die aussehen, ist aktuell noch offen. In den nächtsten Jahren aufkommende Konkurrenz von Tech-Playern wie Honda und Sony, die auf der CES ein gemeinsames Elektroauto vorstellten, sieht Konzernchef Zipse ganz entspannt: „Wir haben überhaupt keine Angst davor. Die entscheidende Frage eines solchen Projekts ist die Integrationskompetenz. Die haben wir. Die Integration von Software und Hardware ist die Herausforderung.“
Bei der Neuen Klasse, die 2025 in Debrecen und München anlaufen wird, soll diese besonders gut bewältigt werden. Zipse verriet, dass das auf der Keynote gezeigte neue über den gesamten Bildschirm skalierbare Heads-Up-Display in einem kurzen Ausschnitt bereits der Serienfassung für die Modelle der Neuen Klasse entspreche: „Eigentlich wollten wir das erst im Sommer zeigen, aber es passte dann sehr gut auf unsere Keynote.“ Wo genau das neue HUD schon zu sehen war, verriet Zipse aber nicht und schmunzelte: „Da müssen Sie mal zehn Sekunden genau hinschauen…“ Die Entwicklung eines HUD über die gesamte Windschutzscheibe war einer der Kerngedanken bei den Planungen für die Neue Klasse und ist damit außerdem eine klare Abgrenzung von Tesla und dessen gewaltigen Displays in der Mittelkonsole der Fahrzeuge. Zipse in Richtung des US-Elektropioniers: „Displays irgendwo mittig unten im Fahrzeug waren für uns ein absolutes No-Go. Die sind inzwischen einer der häufigsten Gründe für Unfälle.“
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