Osterlohs Kronprinzessin übernimmt

Ihren neuen Job an der Betriebsratsspitze von VW konnte Daniela Cavallo im Januar schon einmal üben: Weil Bernd Osterloh wegen einer Corona-Infektion, die glimpflich verlief, zuhause in Quarantäne musste, hielt seine Stellvertreterin im Werk die Stellung. Jetzt übernimmt sie den Posten komplett. Nach dem überraschenden Abschied Osterlohs rückt die 46-Jährige an die Spitze des Gremiums.

Der Generationswechsel könnte nicht augenfälliger ausfallen: Statt des hochgewachsenen 1,90-Meter-Manns, 64 Jahre als und mit 44 Jahren VW-Erfahrung, davon 16 Jahre als mächtiger Chef der Arbeitnehmervertretung, steht jetzt die neben Osterloh zierlich und jugendlich wirkende 46-Jährige an der Spitze, die sich in Wolfsburg aber längst den Ruf als durchsetzungsstark, geradlinig und rhetorisch begabt erarbeitet hat. Erstmals in der Konzerngeschichte rückt damit eine Frau an die Spitze der mächtigen Arbeitnehmervertretung.

Dass sie den Posten einmal von Osterloh übernehmen werde, stand schon lange fest. Osterloh selbst hatte die Deutsch-Italienerin gezielt zu seiner Nachfolgerin aufgebaut und sie Ende 2018 zu seiner Stellvertreterin gemacht. Doch mit dem Wechsel war eigentlich erst in zwei oder drei Jahren gerechnet worden. Noch im vergangene Sommer hatte Osterloh angekündigt, bei der kommenden Betriebsratswahl 2022 erneut antreten zu wollen. Jetzt gab er den Posten überraschend vorzeitig an Cavallo ab.

VW kennt die zweifache Mutter, die 2004 als erste VW-Betriebsrätin überhaupt eine Elternzeit eingelegt hatte, dabei quasi von Geburt an: Ihr Vater war einst mit der ersten Welle von Gastarbeitern aus Italien nach Wolfsburg gekommen, um bei VW zu arbeiten. Seine Tochter wurde 1975 bereits in der Stadt am Mittellandkanal geboren und fing nach dem Abitur dann 1994 ebenfalls bei Volkswagen an. "Mein Vater sagte immer, ist der beste Arbeitgeber in der Region", erzähle sie einmal in einem Interview. "Wenn du im Werk einen Ausbildungsplatz bekommst, hast du eine sichere Zukunft. Das tat ich."

Zunächst begann sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau und sattelte später noch berufsbegleitend ein Studium zur Betriebswirtin oben drauf. Schon früh engagierte sie sich im Betriebsrat. In den Fokus rückte sie dann 2002, als Cavallo zur neuen VW-Tochter "Auto 5000" wechselte. Die hatte der damals angeschlagene Konzern aufgelegt, um abseits des teuren Haustarifs in Wolfsburg den neuen Touran zu bauen. Cavallo zog für die neue Tochter sofort in den Betriebsrat ein.

Den Job macht sie offenbar so gut, dass Osterloh auf die junge Kollegin aufmerksam wurde, erzählt man sich in Wolfsburg. Ende 2018 macht er sie zu seiner Stellvertreterin. Jetzt wird sie seine Nachfolgerin. Dass Osterloh ihr dabei große Fußstapfen hinterlässt, die sie nun ausfüllen muss, ist der 46-Jährigen bewusst. "Die Volkswagen-Familie hat Bernd Osterloh enorm viel zu verdanken", sagt sie. "An seine Leistungen anzuknüpfen, ist jetzt meine Verpflichtung."

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