Nach vorläufigen Veröffentlichungen der jeweiligen nationalen Automobilverbände lagen die westeuropäischen Pkw-Neuzulassungen im September 2022 mit zirka 956.000 Pkw etwa acht Prozent über Vorjahresniveau. Verglichen mit einem mittleren September der Jahre 2015 bis 2019 beträgt das Minus 27 Prozent. Es ist – abgesehen vom Vorjahr - der niedrigste Septemberwert in Westeuropa seit 1995. Nach neun Monaten steht mit 7,42 Millionen Neuzulassungen ein Minus von zehn Prozent gegenüber dem schwachen Vorjahr zu Buche. Im Vergleich zu den fünf Jahren vor der Pandemie ist es allerdings ein Minus von 32 Prozent. Es ist das niedrigste Neuzulassungsergebnis nach neun Monaten seit der Existenz der Neuzulassungsstatistiken in heutiger Form.
Positive Entwicklung auf niedrigem Niveau
Der September brachte zum zweiten Mal in Folge einen Anstieg der Neuzulassungen. Der Abbau des erhöhten Auftragsbestands wird die Neuzulassungen bis ins kommende Jahr stützen. Allerdings werden aufgrund der wirtschaftlichen Situation auch 2023 die Neuzulassungen von früheren Niveaus weit entfernt sein.
Seit Beginn der Pandemie spiegeln die Neuzulassungen die tatsächliche Nachfrage nicht mehr wider. Bis Mitte 2021 wurden sie hauptsächlich durch die eingeschränkten Verkaufsmöglichkeiten beeinflusst. Als sich dies zu normalisieren begann, kam die Halbleiterkrise, die zu Produktionsausfällen führte. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine sind neue Produktionseinschränkungen durch fehlende Komponenten hinzugekommen. Hinzu kamen in einigen Regionen Chinas steigender Corona-Infektionen, die den Hafen von Shanghai vorrübergehend stilllegten. Aktuell bahnt sich die größte Wirtschaftskrise seit Ende des zweiten Weltkriegs an. In ihrer Gemeinschaftsdiagnose sehen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute nahezu alle westeuropäischen Länder im kommenden Jahr von einer Rezession bedroht. Insbesondere die gestiegenen Lebenshaltungskosten werden zu Reallohnrückgängen führen, mit kaum kalkulierbaren Auswirkungen auf die Pkw-Nachfrage.
Aktuell ist eine Verbesserung der Lieferfähigkeit zu beobachten, auch wenn noch nicht alle Lieferketten wieder vollständig funktionieren. In den vergangenen Monaten hat sich ein sehr hoher Auftragsbestand aufgebaut, der die Neuzulassungen in den kommenden Monaten stützen wird. Unter der Annahme, dass es nicht erneut zu Problemen bei den Vorprodukten kommt, geht die Automobilwoche für die verbleibenden Monate von einem Plus von knapp zehn Prozent aus. Das würde für dieses Gesamtjahr Neuzulassungen in Höhe von zirka zehn Millionen Pkw bedeuten. Damit würde das Vorjahresergebnis um 5,7 Prozent verfehlt. Gegenüber dem mittleren Ergebnis der Jahre 2015 bis 2019 wäre dies ein Minus von knapp 30 Prozent.
Für das kommende Jahr geht die Automobilwoche von folgendem Szenario aus: Der Abbau des stark erhöhte Auftragsbestand wird die Neuzulassungen noch einige Monate stützen. So wird erst einmal der Abbau des Auftragsbestands zu weiteren positiven Entwicklungen der Neuzulassungen führen. Die negativen Effekte aufgrund des wirtschaftlichen Umfelds, insbesondere der starken Reallohnrückgänge, werden dann im weiteren Jahresverlauf bei den Neuzulassungen überwiegen. Unter diesen Voraussetzungen erwartet die Automobilwoche für kommendes Jahr zirka 14,8 Millionen Neuzulassungen, ein Plus von 18 Prozent gegenüber diesem Jahr. Dies wären dann aber immer noch 17 Prozent weniger als im Mittel der fünf vorpandemischen Jahre. Voraussetzung ist dabei, dass sich die aktuellen Krisen nicht verstärken und auch keine neuen hinzukommen.
In Großbritannien lagen die Neuzulassungen im September 4,6 Prozent über Vorjahr und 47 Prozent unterhalb des mittleren Septemberwertes der Jahre 2015 bis 2019. Nach neun Monaten liegen die gut 1,2 Millionen Neuzulassungen nur 8,2 Prozent unter dem schwachen Vorjahr, aber gegenüber einem mittleren Ergebnis der fünf vorpandemischen Jahre beträgt das Minus 40 Prozent.
Unter den allgemeinen Annahmen einer weiteren Erholung ergibt sich für das laufende Jahr ein Rückgang um drei Prozent auf 1,6 Millionen Pkw. Damit würde der Pkw-Markt aber immer noch 37 Prozent niedriger sein als im Mittel der Jahre 2015 bis 2019.
Im kommenden Jahr geht die Automobilwoche von einem etwa 20-prozentigen Anstieg auf 1,95 Millionen Neuzulassungen aus. Das Bruttoinlandsprodukt wird nach der Prognose der Wirtschaftsforschungsinstitute um 0,5 Prozent schrumpfen und die Inflation nach 9,5 Prozent in diesem Jahr, kommendes Jahr bei 8,5 Prozent liegen. Daher bleiben die Neuzulassungen trotz der hohen Wachstumsrate 23 Prozent unter dem Niveau von 2022.
Die Neuzulassungen in Frankreich lagen im September 5,5 Prozent über Vorjahr. Die ersten neun Monate schlossen mit einem Minus von 11,8 Prozent und 1,11 Millionen Neuzulassungen ab. Das Ergebnis liegt 29 Prozent unter dem Mittel der Jahre 2015 bis 2019.
Für 2022 ergibt das aktuelle Szenario Neuzulassungen in Höhe von 1,55 Millionen Pkw, ein Minus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies wären 27 Prozent weniger als im Mittel der fünf vorpandemischen Jahre.
Für das Jahr 2023 wird ein Anstieg der Neuzulassungen um knapp 23 Prozent auf 1,9 Millionen Pkw gerechnet. Wie in allen Ländern sind auch in Frankreich bei der hohen Wachstumsrate das niedrige Niveau in 2022 und ein weitere Abbau des erhöhten Auftragsbestands zu beachten. Die schwache Wirtschaftsentwicklung (BIP: +0,2 Prozent; Inflation: 7,2 Prozent) verhindern eine stärkere Erholung der Neuzulassungen. So bleiben sie zehn Prozent unter dem mittleren Wert der fünf vorpandemischen Jahre.
Italiens Neuzulassungen lagen im September gegenüber dem Vorjahr um 5,4 Prozent im Plus, nach neun Monaten gibt es mit 976.000 Neuzulassungen ein Minus von 16,3 Prozent. Verglichen mit den Vorjahren (mittlerer Wert der Jahre 2015 bis 2019) sind dies Rückgänge von 22 Prozent im September und 33 Prozent für die ersten neun Monate.
Für das laufende Gesamtjahr wird ein Neuzulassungsergebnis von etwas mehr als 1,3 Millionen Pkw erwartet, ein Minus von zehn Prozent zum Vorjahr und immer noch weit (minus 32 Prozent) vom Mittel der Jahre 2015 bis 2019 entfernt.
Das Jahr 2023 wird eine Erholung auf 1,55 Millionen Neuzulassungen bringen, ein Plus von fast 19 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt soll leicht (um 0,3 Prozent) zurückgehen, für die Verbraucherpreise wird ein Anstieg um 8,7 Prozent erwartet, nach plus 7,9 Prozent in diesem Jahr. So bleiben kommendes Jahr die Neuzulassungen 19 Prozent unter dem vorpandemischen Niveau.
Der September brachte in Spanien ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 12,7 Prozent. Nach Ablauf der ersten neun Monate steht mit 600.000 Neuzulassungen ein Minus von 7,4 Prozent zu Buche. Verglichen mit den Werten von 2015 bis 2019 ergibt sich für September ein Minus von 16 Prozent und für die ersten neun Monate ein Rückgang von 35 Prozent.
Die angenommene Entwicklung bis Jahresende würde einen Rückgang um fünf Prozent auf eine 820.000 Neuzulassungen bringen, 34 Prozent niedriger als im Mittel der fünf Jahre vor der Pandemie.
Unter dem beschriebenen Szenario sollten die Neuzulassungen im kommenden Jahr auf eine Million Pkw ansteigen, ein Plus von 22 Prozent. Das wären 19 Prozent weniger als im Mittel der Jahre 2015 bis 2019. Die Wirtschaftsleistung Spaniens wird sich nur um 0,9 Prozent erhöhen, die Inflation wird in diesem Jahr 9,2 Prozent betragen, für kommendes Jahr wird mit 7,9 Prozent gerechnet.
In Deutschland brachte der September ein Plus von 14,1 Prozent, im bisherigen Jahresverlauf liegen die Neuzulassungen mit 1,868 Millionen Pkw 7,4 Prozent unter Vorjahr. Gegenüber 2015 bis 2019 lag der abgelaufene Monat 17 Prozent im Minus, für die ersten neun Monate beträgt der Rückgang 28 Prozent.
Für das laufende Jahr ergeben sich - mit weiteren Erholungstendenzen in den kommenden Monaten - Neuzulassungen in Höhe von 2,52 Millionen Pkw. Dies wäre ein Minus von knapp vier Prozent gegenüber vergangenem Jahr und immer noch fast 27 Prozent weniger als im Mittel der Jahre 2015 bis 2019.
Das Jahr 2023 wird auch in Deutschland zu Beginn unter dem Einfluss des Abbaus eines erhöhten Auftragsbestands stehen, bevor dann die negativen Effekte aus der wirtschaftlichen Situation an Einfluss gewinnen. Für das Bruttoinlandsprodukt wird mit einem leichten Rückgang um 0,2 Prozent gerechnet, die Verbraucherpreise sollen 9,6 Prozent steigen, nach einem Anstieg von neun Prozent in diesem Jahr. Unter diesen Rahmenbedingungen erwartet die Automobilwoche 2,9 Millionen Neuzulassungen, ein Plus von 15 Prozent gegenüber diesem Jahr. Dies wären dann aber immer noch fast 16 Prozent weniger als im Mittel der fünf vorpandemischen Jahre und – abgesehen von den Jahren 2021 und 2022 – die niedrigsten Neuzulassungen im wiedervereinigten Deutschland.
Aus dem Datencenter:
Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa im September 2022
Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa nach Ländern im September 2021 und 2022
Neuzulassungsveränderung in Westeuropa nach Ländern im September 2022
Prognose der Neuzulassungsveränderung in Westeuropa nach Ländern 2022 zum September
Pkw-Neuzulassungen Westeuropa – September 2022 und Prognose 2022
Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa im September der Jahre 2000 bis 2022