Frankfurt/Main. Als Chef der Division Chassis & Safety von Autozulieferer Continental stimmt sich Frank Jourdan eng mit den Kollegen aus dem Reifengeschäft ab, um den Weg zum automatisierten Fahren zu ebnen. Die aktuell niedrigen Rohölpreise sieht Jourdan nicht nur als Segen.
Herr Jourdan, bei der Konzeption innovativer Fahrwerke kommt den Rädern eine immer höhere Bedeutung zu, etwa im Leichtbau. Wo liegen derzeit die Schwerpunkte der Entwicklung?
Der Trend zu weniger Gewicht muss sich auch in der Regelung von Rädern und Fahrdynamik spiegeln. Neben der Beherrsch- und Lenkbarkeit des Fahrzeugs muss das ABS in einer Notsituation sicherstellen, dass das Reibpotenzial des Reifens optimal ausgeschöpft wird. Die Herausforderung hierbei ist, dass unterschiedliche Reifendesigns nicht nur unterschiedliche Kraftschlusswertkurven haben, sondern dass sich deren Schlupfverhalten unter wechselnden Umgebungsbedingungen und Straßenzuständen nochmals deutlich verändert. Daher arbeitet meine Division Chassis & Safety sehr eng mit der Reifen-Division daran, das Potenzial und die Grenzen der Wechselwirkungen zwischen ABS-Regelung und unterschiedlichen Reifenspezifikationen zu definieren.
Für mehr Sicherheit in Pkw und Lkw müssen Reifen zu Alleskönnern werden. Lassen sich die klassischen Konflikte heutzutage besser lösen?
Beim bekannten Zielkonflikt "Nassgriff versus Rollwiderstand" ist das Ziel, durch neue Lösungen beide Kriterien auf immer höherem Technologie-Niveau gleichzeitig verbessern zu können. Die Entwicklungspotenziale sind hier noch nicht ausgereizt. Daher schreitet die Diversifizierung der Reifensegmente – denken Sie nur an Bereifung für Elektroautos oder All-Season-Reifen – dynamisch weiter voran. Eine Zukunftsvision ist der "intelligente Reifen": Dieser erhält seine Intelligenz in Form eines Profilsensors, der in die Lauffläche eingebettet wird. Der Profilsensor übermittelt der Fahrzeugelektronik drahtlos Daten, etwa über kritische Fahrbahnzustände wie Nässe, Eis und Schnee.