Porsche ist nicht wieandere Marken. Nicht in der Technik, nicht im Design – und auch nicht im Verkauf. „Porsche-Verkaufen funktioniert mehr über eine persönliche Ebene“, sagt AVP-Chef Franz Hirtreiter. „Wir versuchen, alle Kunden zu Freunden zu machen.“ Bevor Hirtreiter die Leitung der ostbayerischen Handelsgruppe von seinem Vater übernahm, führte er die vier Porsche-Zentren der AVP in Rosenheim, Altötting, Landshut und Plattling. Sie gehören zu den wichtigsten Renditebringern der auf VW-Konzernmarken spezialisierten AVP.
Wie man einen Porsche verkauft
Hirtreiter kennt also nicht nur das Porsche-Geschäft, er hat auch den Vergleich zu anderen Marken.
„Viele Kunden kommen auch mal einfach nur auf einen Kaffee im Porsche-Zentrum vorbei, plaudern, schauen, was es Neues gibt.“ Die meisten dieser Kunden hätten neben ihrem Porsche auch einen Audi oder einen VW, sagt Hirtreiter. „Aber wenn sie ins Porsche-Zentrum kommen, ist es etwas anderes. Da sind sie viel entspannter. Denn das eine ist ein Auto, um von A nach B zu kommen. Und das andere ihre Leidenschaft, ihr Hobby.“Auch Andreas Ernst, der zwei von Hirtreiters Porsche-Zentren leitet, berichtet von zwanglosen Besuchen und vergleicht das Autohaus mit einer Art Vereinsheim. „Der Bezug zu unserem Haus ist deutlich stärker als im gewöhnlichen Handel. Auch in den Phasen, in denen kein Kauf ansteht, ist das Interesse da“, sagt Ernst. „Das fördern wir natürlich auch.“ Dazu gibt es Mailings oder Einträge bei Facebook, wenn besondere Fahrzeuge im Zentrum zu sehen sind. Der Kontakt läuft aber auch über Vereine. Zu den örtlichen Porsche-Clubs sucht man eine enge Beziehung. „Vor zwei Jahren war einer der Clubs bei unserer Frühjahrsausfahrt mit einer kompletten Gruppe dabei“, erzählt Ernst.
Auch Wilfried Honig, Sprecher der Porsche-Geschäftsführer bei der baden-württembergischen Hahn-Gruppe, schätzt die Bedeutung der Vereine hoch ein.„Der Verkäufer muss sich im Umfeld seiner Kunden und potenzieller neuer Zielgruppen auskennen und zum Beispiel Mitglied im Porsche-Club sein“, sagt er und betont: „Ein wesentliches Mittel zum langfristigen Erfolg ist das Schaffen einer innigen Kunde-Käufer-Beziehung.“ Dabei gehe es darum, den Kunden sehr genau zu kennen. „Und wir sorgen auf unterschiedlichen Plattformen für Berührungen mit der Marke.“ Oftmals passiere das, ohne das Produkt direkt in den Vordergrund zu stellen, wie bei kulturellen Veranstaltungen im Porsche-Zentrum.
Auch Hirtreiter baut bei Veranstaltungen die nötige enge Beziehung zum Kunden auf. Zweimal im Jahr gibt es Ausfahrten mit den Kunden. Eine kurze, zu der die AVP einlädt, und eine mehrtägige, bei der die Teilnehmer selbst zahlen. Dazu kommen Fahrsicherheitstrainings und Besuche auf Rennstrecken, teilweise mit geführtem Fahren. „Vor Kurzem waren wir mit Kunden aller vier Porsche-Zentren zur AVP Driving Experience in Lappland zum Polartraining“, sagt Hirtreiter. „Nach drei Tagen dort kommt man nicht zurück und ist noch per Sie. Wir sind ohnehin mit einem Großteil unserer Stammkunden per Du.“ Wobei das auch daran liegen könne, dass das Du im ländlichen Raum in Bayern recht verbreitet ist.Für Ausfahrten und Veranstaltungen schöpfen die Porsche-Zentren aus vollen Töpfen, denn die Marketingbudgets, die der Porsche-Handel einsetzen muss, sind hoch. „Das sind komplett andere Sphären als bei anderen Marken“, sagt Hirtreiter. Jüngst habe AVP für eine Fahrzeugpräsentation ein ganzes Kieswerk mit Lichttechnik ausgestattet.
Doch im Vergleich zu anderen Marken steht den Porsche-Händlern nicht nur mehr Geld zur Verfügung, sondern auch etwas ebenso Wichtiges: Zeit. Zeit für den Kunden. Zwei bis drei Arbeitstage als reinen Zeitaufwand schätzt AVP-Manager Ernst. Manchmal muss auch deutlich mehr Geduld aufgebracht werden, wie Hahn-Manager Honig skizziert: „Die Anbahnung eines Geschäfts kann bis zu drei Jahre dauern. Das ist deutlich zeitintensiver als bei Volumenmarken.“
Dabei dürfe der Verkäufer nicht in Stückzahlen denken. Es gehe immer um das einzelne, individuelle Geschäft. „Im Verkaufsprozess gibt es meist einen hohen Grad an Emotionalisierung, der sich zur Auslieferung hin steigert“, sagt Honig. „Dafür muss der Verkäufer in der Lage sein, die Emotionen zu erkennen, sie einzuschätzen und darauf einzugehen.“ Sein AVP-Kollege Ernst betont: „Jeder Kunde ist individuell. Genau darin liegt der Schlüssel.“ Eskomme darauf an, die Leute kennenzulernen. Nur dann könne der Verkäufer den Kunden auch wirklich gut beraten. Und dazu gehöre eben auch, dass die meisten Porsche-Verkäufer privat Leidenschaft für die Marke hätten.
Die Porsche-Kunden kommen aus einem breiten Teil der Gesellschaft. „Wir haben viele Mittelständler, die hart arbeiten und sich dann mit einem Porsche belohnen“, sagt Ernst. „Der Einstieg liegt beim gebrauchten Boxster für 30.000 Euro, und ich hatte gerade ein Telefonat, da ging es um ein Auto für 1,4Millionen. Es ist spannend, diese Kundengruppen zusammenzubringen, den Angestellten mit dem Millionär.“ Das gehöre zu den interessanten Dingen an der Marke. „Aber es funktioniert, weil sie ein gemeinsames Thema haben: die Leidenschaft für die Marke.“
Der Schlüsselmoment beim Verkauf eines Porsche ist aber nach wie vor die Probefahrt: „Wenn der Kunden mal im Auto gesessen hat, ist schon viel gewonnen“, sagt Hirtreiter. Und Honig erklärt: „Erst das Erlebnis, einen Porsche zu ‚erfahren‘, überzeugt viele Kunden letztlich vom Kauf des Porsche. Und dann ist der Preis oft nicht mehr das ausschlaggebende Argument.“
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