So soll Diess eingehegt werden

Der Führungsstreit bei VW steuert auf die Zielgerade zu. Für die entscheidende Aufsichtsratssitzung am Donnerstag zeichnet sich nun mehr und mehr ein Kompromiss ab, mit dem Konzernchef Herbert Diess seinen Job erneut retten könnte. Gleich mehrere Vorstandspersonalien sollen dafür sorgen, dass der Konzernchef enger an die Leine genommen wird.

Größter Gewinner dürfte dabei erneut VW-Markenchef Ralf Brandstätter werden, wie die Automobilwoche bereits berichtet hatte. Vor anderthalb Jahren musste Diess schon die Leitung der Marke an seinen damaligen COO abgeben. Jetzt soll Brandstätter auch in den Konzernvorstand einziehen und Diess auch die Verantwortung für die gesamte Volumengruppe abnehmen, inklusive Seat, Skoda und VW Nutzfahrzeuge.

Diess soll sich dann mehr auf die große Linie im Konzern konzentrieren und sich aus dem Tagesgeschäft der Marken heraushalten, hieß es in Konzernkreisen. Das soll Alleingänge wie zuletzt bei Planspielen über einen Personalabbau in Wolfsburg, die vor allem vom Betriebsrat kritisiert wurden, künftig verhindern.

Anders als Diess zeigte Brandstätter, der bei den Mitarbeitern beliebt ist, zuletzt demonstrativ die Nähe zum Betriebsrat. Den geplanten Bau einer neuen Fabrik in Wolfsburg für das Projekt Trinity verkündete er zusammen mit Betriebsratschefin Daniela Cavallo.

Als weiterer Neuzugang soll der VW-Chefjustiziar Manfred Döss in den Konzernvorstand einziehen. Nach Informationen der Automobilwoche soll er das Compliance-Ressort von Hiltrud Werner übernehmen, deren Vertrag im Februar ausläuft. Diess wollte das Ressort eigentlich auflösen. Damit rückt ein enger Vertrauter von Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch in den obersten Führungszirkel des Konzerns auf.

Döss, der in Wolfsburg als Diess-Kritiker gilt, sitzt zusammen mit Pötsch bereits seit Anfang 2016 im Vorstand der Porsche Automobil Holding SE, in der die Familien Porsche und Piech ihre VW-Anteile gebündelt haben. Pötsch ist dort Vorstandschef, Döss für Recht zuständig. In Wolfsburg ist Döss ebenfalls seit Anfang 2016 Chefjurist, untersteht hier aber bisher der Compliance-Vorständin Werner, die er nun ablösen soll.

Möglich macht dies die dritte Personalie: Ex-Deutsche-Börse-Vorständin Hauke Stars soll das neue geschaffene IT-Ressort übernehmen. Die Bestellung der IT-Frau macht nun den Weg frei für das Ausscheiden von Werner. Denn bisher ist sie die einzige Frau im Konzernvorstand. Mit Stars als IT-Vorständin könne nun verhindert werden, dass der VW-Vorstand rein männlich besetzt ist.

Das IT-Ressort war bereits vor einem Jahr vom Aufsichtsrat geschaffen worden, doch bisher waren alle Bewerberinnen, die Diess dem Aufsichtsrat präsentiert hatte, dort durchgefallen – entweder bei den Familien Porsche und Piech, beim Betriebsrat oder beim Land.

Stars soll dagegen in dem seit August laufenden Auswahlverfahren alle überzeugt haben, hieß es in Wolfsburg. Eigentlich sollte sie schon im Oktober ernannt werden. Doch wegen des neu aufgeflammten Machtkampfs wurde die Entscheidung vertagt. Nun könnte sie Teil der Paketlösung werden, mit der Diess eingehegt wird.

Die Lösung trägt erneut die Handschrift von Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. Bereits im vergangenen Jahr war es ihm zweimal gelungen, im Streit um Diess' Zukunft zu schlichten. In den vergangenen Wochen hatte er nun erneut in einer Pendeldiplomatie zwischen den Beteiligten vermittelt. Pötsch will den Konflikt unbedingt am Donnerstag abhaken, von einer erneuten Verschiebung der Sitzung, über die zuletzt spekuliert wurde, will er nichts wissen.

Grund: Auf der Sitzung steht auch die wichtige Planungsrunde an, die über Investitionen und Werksbelegungen der nächsten fünf Jahre beschließt. Und bisher hat der Streit um die Zukunft von Diess alle anderen Beschlüsse blockiert. Ob es am Donnerstag nun zum Kompromiss kommt, entscheidet sich am Mittwoch. Dann kommt das Aufsichtsratspräsidium zusammen, um die Sitzung vorzubereiten.

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