Dem Anruf der Personalberaterin konnte Tobias Braun (Name geändert) nicht widerstehen. "Ich habe eine Nacht darüber geschlafen und dann entschieden, ich mache es."
Braun beginnt im Juni bei Krauss-Maffei Wegmann (KMW) in München, dem fünftgrößten Rüstungsunternehmen in Deutschland. Der bisherige BMW-Entwickler muss nicht den Wohnort wechseln, erhält beste Sozialleistungen und eine sehr ordentliche Gehaltssteigerung. "Es ist nicht das Doppelte, aber durchaus eine erhebliche Verbesserung", berichtet der Ingenieur, der nicht genannt werden will.
Das Geld allein sei es auch nicht, betont Braun. "Früher hätte ich mir eine Arbeit im Bereich Rüstungsbranche nicht vorstellen können. Ich habe zwar gedient, aber mein Vater war immer sehr kritisch gegenüber der Wiederbewaffung Deutschlands. Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich meine Haltung dazu aber geändert."
Und nicht nur die Haltung des scheidenden BMW-Entwicklers hat sich geändert. Der Wandel der grünen Parteiführung in dieser Hinsicht spricht Bände. Gut die Hälfte der Bundesbürger (55 Prozent) würde es laut einer Umfrage von Infratest Dimap begrüßen, wenn Deutschland auch schwere Waffen an die Ukraine liefern würde, 37 Prozent lehnen das ab. Und wer Waffen liefern will, muss sie auch produzieren können.
Aktuell gehen nach Angaben mehrerer Personalberater, mit denen die Automobilwoche sprach, immer mehr Fachkräfte auf neue Angebote aus der Rüstungsbranche ein. Die bislang in der "Schmuddelecke" stehenden Waffenhersteller gelten plötzlich als mögliche Arbeitgeber und für nicht wenige sogar als Garanten für den Erhalt von Freiheit und Demokratie gegen Aggressoren.
"Unternehmen aus der Rüstungsindustrie schreiben bereits verstärkt Positionen aus, um mit schnellem Personalaufbau auf das Investitionsprogramm der Bundesregierung reagieren zu können", berichtet ein Münchener Personalberater. Er berichtet von einer sich verändernden Haltung bei Hochqualifizierten bezüglich der Rüstungsbranche. Allerdings will auch der Personalberater nicht in einem Atemzug genannt werden mit Waffenherstellern. Seine Aussagen will er nur unter der Zusicherung der Anonymität machen.