"Bei Pkw sehen wir das autonome Fahren sehr kritisch"

Frank Johannsen

Autonomes Fahren gehört auch in diesem Jahr zu den großen Themen auf der Halbleitermesse Electronica, die erstmals rein virtuell stattfindet. Im Pkw gibt ZF-Manager Thorsten Gollewski, der Technik aber vorerst kaum eine Chance. Dafür sei sie schlicht zu teuer. Stattdessen konzentriert er sich auf fahrerlose Shuttlebusse und Lieferfahrzeuge.

Montag, 9. November 2020, 14.45 Uhr

Virtueller Messeauftakt: Moderator Peter Gresch von OptE GP Consulting im Gespräch mit dem per Video zugeschalteten ZF-Manager Thorsten Gollewski. (Screenshot: Frank Johannsen)

Autonom fahrende Pkw werden nach Einschätzung des Zulieferers ZF Friedrichshafen noch lange Zeit Zukunftsmusik bleiben. Stattdessen werde es sich zunächst bei Lieferwagen und kleinen Shuttlebussen durchsetzen. Davon ist Thorsten Gollewski, Leiter der Entwicklung des autonomen Fahrens bei ZF und Chef der ZF-Tochter Zukunft Ventures, überzeugt.

"Bei Pkw sehen wir das autonomes Fahren sehr kritisch", sagte Gollewski am Montag zum Auftakt der virtuellen Halbleitermesse Electronica. "Wegen der hohen Kosten wird es dafür nur einen sehr begrenzten Markt geben, weil das niemand bezahlen kann."

Nutzfahrzeuge als große Gewinner

Ganz anders sehe die Lage bei Lieferwagen aus, wo sich die Technik als erstes durchsetzen werde. "Nutzfahrzeuge sind die großen Gewinner beim Rennen um das autonome Fahren", sagte Gollewski. "In der Corona-Krise sehen wir einen starken Anstieg des Lieferverkehrs. Hier entsteht eine Lücke, die nur durch autonomes Fahren geschlossen werden kann."

Ebenfalls große Chancen rechnet er sich bei fahrerlosen Shuttlebussen aus. Deshalb konzentriere sich ZF auf diesen Bereich. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir künftig Fahrverbote in den Innenstädten bekommen", sagte Gollewski. "Es macht keinen Sinn, autonom fahrende Pkw in bereits überfüllt Innenstädte zu drücken." Hier könnten dann kleine, flexibel einsetzbare Shuttlebusse ohne Fahrer den Transportbedarf decken. "Das gibt völlig neue Möglichkeiten beim autonomen Fahren."

Voraussetzung sei aber, dass man hier auf den bisher oft vorgeschrieben Sicherheitsfahrer verzichten könne. Nur dann rechne sich der Einsatz. "Solange wir den Sicherheitsfahrer drin haben, wird der Business Case nicht eintreten."

Electronica erstmals rein virtuell

Die Münchner Weltleitmesse der Halbleiterbranche findet wegen der Corona-Beschränkungen in diesem Jahr erstmal rein virtuell statt. Sie wurde am Montag traditionell mit der Elecronica Automotive Conference eröffnet. Im Studio war dabei nur der Moterator. Die Redner wurden per Videostream zugeschaltet.

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