Herr Reger, NXP war jahrelang vor Infineon Weltmarktführer bei Halbleitern für die Automobilindustrie. Im April hat Infineon nun Cypress übernommen...
...und wird sicherlich kurzfristig an uns vorbeiziehen und die Position an der Spitze einnehmen.
Nur kurzfristig? Wie wollen Sie den Platz denn zurückerobern?
Indem wir weiter wachsen. Ich glaube einfach, dass wir genau in den richtigen Wachstumsfeldern aufgestellt sind. Damit können wir schneller wachsen als der Markt. Wir sind die Nummer eins bei Radarsystemen und bei den zentralen Gateways. Und dank des Booms bei den Fahrerassistenzsystemen wächst der Markt hier stark. Bei den Fahrerassistenzsystemen haben wir 30 Prozent Zuwachs in einem Jahr. Damit haben wir beste Voraussetzungen, schneller zu wachsen als der Markt – und auch schneller als die Wettbewerber.
Also nur organisches Wachstum? Zukäufe spielen bei Ihnen keine Rolle??
Zumindest nicht in einer solchen Größenordnung, wie wir sie gerade gesehen haben. Wir haben ja 2015 mit Freescale einen großen Sprung gemacht. Etwas in dieser Größenordnung wird es so schnell nicht wieder geben. Was wir natürlich immer prüfen, sind kleinere Akquisitionen, um in Bereichen, in denen wir ohnehin schon stark sind, noch stärker zu werden. Da gibt es immer mal den einen oder anderen Kandidaten.
Beim autonomen Fahren ist die Euphorie der vergangenen Jahre erst mal verflogen. Bremst Sie das nicht?
Das macht sich bemerkbar – aber nicht negativ. Beim autonomen Fahren hat sich das Tempo in der Tat deutlich verlangsamt. Dafür boomen die Fahrerassistenzsysteme. Der Einsatz von Radar nimmt zu, der Einsatz von Kameras auch. Das macht es für Zulieferer wie uns sogar leichter. Die existierenden Produkte können länger auf dem Markt bleiben, und wir haben die Möglichkeit, Innovationen Schritt für Schritt einzuführen. Das ist für uns eher positiv.
Die Elektromobilität nimmt dagegen gerade richtig Fahrt auf. Welche Chancen bietet Ihnen das?
Die Elektromobilität ist im Moment der große Wachstumstreiber, weil sie sehr elektronikintensiv ist. Und wir haben gerade in diesem Bereich ein sehr breites Portfolio. Durch die Hochzeit mit Freescale 2015 können wir heute für ein vernetztes, autonom und elektrisch fahrendes Auto in allen Elektronik-Domänen Silizium-Chips anbieten. Es gibt nur zwei Ausnahmen: die Mobilfunkchips und die Leistungsschalter am Elektromotor. Aber die meisten anderen Halbleiter-Lösungen haben wir im Portfolio. Da sind wir ganz weit vorn dabei.
Was versprechen Sie sich davon?
Gerade das ganze Batteriemanagementsystem ist ein wichtiger Wachstumsbereich für uns. Das läuft sehr gut. Wir haben ja gerade verkündet, dass wir zur MEB-Plattform von VW und zum Porsche Taycan NXP-Silizium beisteuern. Das sind für uns wichtige Umsatzbringer. Und unsere Zugpferde.
Wollen Sie die beiden Lücken, die Sie erwähnten, denn irgendwann schließen? Also Mobilfunkchips und die Leistungsschalter.
Nein. Bei den Mobilfunkchips wäre das ein Riesenkraftakt, die zu entwickeln. Das lohnt sich einfach nicht, vor allem nicht, wenn man sie nur für den Automotive-Bereich entwickeln würde. Und bei den Leistungsschaltern bräuchten wir ebenfalls gewaltige Investitionen – und das bei einer sehr übersichtlichen Gewinnmarge. Das ist nicht unser Ansatz.
Wird sich der Halbleiter-Boom im Auto fortsetzen??
Davon gehen wir in den nächsten zehn bis 15 Jahren aus. 95 Prozent der Innovationen im Auto sind ja mittlerweile aus dem Elektronikbereich getrieben. Das wird sich sogar noch weiter verstärken. Wir rechnen damit, dass sich in einem smarten, vernetzen Fahrzeuge der Silizium-Inhalt bis 2030 verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen wird.
Was Ihnen nichts nützt, wenn es dann entsprechend weniger Fahrzeuge gibt.
Ich glaube nicht, dass sich die Zahl der Autos in gleichem Maße reduzieren wird, trotz der ganzen Diskussion um Carsharing und Mobilitätsdienste. Am Ende ändert das ja nichts an der Zahl der gefahrenen Kilometer. Und im Moment sehen wir eher den gegenläufigen Trend, weil jeder gerne in seiner persönlichen Virenschutzkabine unterwegs ist.
Lesen Sie auch:
Batteriemanagement für MEB-Modelle: NXP liefert Millionen Controller in VW-Elektrofahrzeuge
Halbleiter: Hightech-Chips von NXP fürs Auto
Kopf der Woche – Kurt Sievers: Neuer NXP-Chef muss den Erfolg allein suchen
Aus dem Datencenter:
Die zehn größten Chiphersteller im Autogeschäft 2018 weltweit