Mahle setzt Standard für induktives Laden

Die Idee vom kabellosen Laden ist schon viele Jahre alt. 2014 kündigte Mercedes ein induktives System für den Plug-in-Hybrid der S-Klasse an, 2017 brachte auch BMW eine Ladeplatte für den 530e an den Start. Doch die Technik setzte sich nicht durch. Die Leistung war mit 3,7 kW bescheiden, der Wirkungsgrad ebenfalls. Dazu fehlte ein ­gemeinsamer Standard.

Jetzt könnte der Kabelsalat an der Stromtankstelle aber bald der Vergangenheit angehören. SAE International, der gemeinnützige und anerkannte Ingenieurs-Verband mit Sitz in den USA, hat das Mahle Positioniersystem als globale Standardlösung für kabelloses Laden gewählt. „Das wird ein starker Impuls für die E-Mobilität“, sagte Mahle-Chef Arnd Franz.  Damit werde die seit zehn Jahren offene letzte Lücke in der Standardisierung von induktivem Laden geschlossen.

Das Positionierverfahren basiert auf einem magnetischen Feld. Während der Annäherung des E-Fahrzeugs baut es automatisch eine Verbindung mit dem angesteuerten Ladepunkt auf. Eine spezielle Navigation im Fahrzeugdisplay unterstützt den Fahrer, damit das Auto in der idealen Position für den Ladevorgang geparkt wird. Die Stromzufuhr beginnt automatisch. Das gemeinsam mit Siemens und Witricity entwickelte Gesamtsystem erreicht einen Wirkungsgrad von 92 Prozent, was etwa dem Laden an einer Wallbox mit Kabel entspricht.

Das System ist auch für autonom einparkende Fahrzeuge geeignet, bei dem das Parksystem die Anweisungen zum Erreichen der exakten Position erhält. Dies funktioniert auch unter ungünstigen Bedingungen, beispielsweise wenn Schnee oder Laub die Platte verdecken. Selbst metallische Gegenstände wie Schrauben in der Nähe sollen den Ladevorgang nicht beeinträchtigen. Außerdem kann dieser auch während der Fahrt über Induktionsspulen in der Fahrbahn erfolgen. Auch dafür hat Mahle nach eigenen Angaben gemeinsam mit Electreon Wireless den Standard formuliert.

Beim kabellosen Laden von Elektrofahrzeugen müssen alle Komponenten, die die Infrastruktur und die Fahrzeugseite betreffen, standardisiert werden. Erst dann könnten sowohl die Fahrzeughersteller als auch die Infrastrukturanbieter eine Lösung auf den Markt bringen, bei der eine herstellerunabhängige Kompatibilität sichergestellt sei. Mahle will seine Lösung nun der gesamten Branche über ein Lizenzmodell unter den sogenannten FRAND-Bedingungen zur Verfügung stellen. Die Buchstaben stehen in englischer Sprache für fair, vernünftig und nicht-diskriminisierend.

Die Vorteile des induktiven Ladens liegen auf der Hand. Das Mitführen und Hantieren mit den Kabeln beim Ladevorgang entfällt. Auch die Frage der unterschiedlichen Steckersysteme wäre gelöst. Bis sich die Technologie allerdings am Markt durchsetzt, dürften noch einige Jahre vergehen. Bei der Vorstellung des Mahles-Systems im Sommer zeigte sich Konzernchef Franz optimistisch. "Wenn sich ein Elektroauto-Hersteller dafür entscheidet, könnte der Kipppunkt schnell erreicht sein."

Aus dem Datencenter:

Aufbau von Schnellladestationen 2022