Der Tarifkonflikt in der Metallindustrie läuft meist nach dem gleichen Muster ab. Zunächst wehren sich die Arbeitgeber mit Händen und Füßen gegen die Forderungen der Gewerkschaft IG Metall, sprechen von Pleitewellen und dem Untergang des Abendlandes. Sobald die Arbeitnehmerseite den Druck erhöht, steht am Ende ein Kompromiss, bei dem die IG Metall ihre Interessen zu weiten Teilen durchsetzen konnte. So steigen die Löhne der knapp vier Millionen Beschäftigten in der Branche in zwei Stufen um 5,2 Prozent ab 1. Juni 2023 und um 3,3 Prozent ab 1. Mai 2024. Die in den vergangenen Wochen viel beschworene acht wurde zwar in zwei Teile aufgeteilt, aber die Lohnerhöhung kann sich sehen lassen.
Was die Beschäftigten freut, bedeutet auf der anderen Seite für die Unternehmen eine erhebliche finanzielle Belastung. Die kommt in diesem Jahr zu den Kostenexplosionen bei Stahl, Aluminium, Strom und Gas noch hinzu. Hersteller wie VW, BMW oder Mercedes dürften damit kein Problem haben. Durch massive Preiserhöhungen bei den Autos haben sie ihre Gewinne im vergangenen Jahr in schwindelerregende Höhen getrieben. Allein Mercedes verdiente durch den Fokus auf teure Modelle von Juli bis September über fünf Milliarden Euro. Da scheint es nur fair, die Beschäftigten auch angemessen an diesem Erfolg zu beteiligen.
Ganz anders sieht es allerdings bei vielen Zulieferern aus. Sie können die massiven Kostensteigerungen bei Material und Energie nur bedingt an die Hersteller weitergeben. Außerdem leiden sie unter den sinkenden Stückzahlen, die wiederum bei den Herstellern die Margen treiben. Vor allem die mittelständischen Unternehmen müssen daher froh sein, wenn sie in diesem Jahr nicht in die roten Zahlen rutschen. Zwar sieht die Einigung gewisse Entlastungen für notleidende Betriebe vor. Doch solange eine grundsätzliche Differenzierung im Flächentarif fehlt, wird die Schere zwischen Autobauern und Zulieferern weiter auseinandergehen – mit allen Konsequenzen.
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