Ford will in Saarlouis keine Autos mehr bauen

Nach monatelangen Beratungen und einem harten internen Bieterwettkampf haben sich Ford-Konzernchef Jim Farley und Europachef Stuart Rowley gegen Saarlouis und für Valencia entschieden. Die Zukunft des seit gut 50 Jahren bestehenden Werkes ist damit ab 2025 gefährdet.

Ford wird ab 2025 weitere Elektrofahrzeuge auf einer eigenen E-Plattform nicht im deutschen Werk Saarlouis, sondern im spanischen Valencia vom Band laufen lassen. "Ford unternimmt den nächsten Schritt in seiner Transformation und wählt das Werk in Valencia als das am besten postitionierte Werk für die Produktion von Fahrzeugen auf Basis einer Ford-Elektro-Fahrzeugarchitektur der nächsten Generation aus", teilte Ford am Mittwoch mit. Wann dort neue E-Autos gebaut werden, ließ Ford offen. Rowley sprach von einem Zeitpunkt "später im Jahrzehnt."

Konzernschef Jim Farley sagte zu der Entscheidung, es gehe um ein nachhaltiges Geschäft in Europa. "Dies erfordert Konzentration und harte Entscheidungen.“ Zur Zukunft von Saarlouis erklärte das Unternehmen: "Ford wird Optionen für zukünftige Konzepte für diesen Standort evaluieren."

Europachef Rowley sagte bei einer Online-Pressekonferenz mit Journalisten: "Wir suchen nach Optionen für Saarlouis, in- und außerhalb der Ford-Gruppe." Konkrete Ideen nannte er aber nicht. Eine parallel in Valencia und Saarlouis denkbare Fertigung neuer E-Autos komme nicht in Frage, weil dies nicht wirtschaftlich sei. "Wir werden eine neue Plattform haben und diese wird in Valencia zum Einsatz kommen."

Die Mitarbeiter von Ford reagierten konsterniert und entrüstet. Bei einer großen Betriebsversammlung wollten sie zur Mittagszeit ihrem Unmut Ausdruck verleihen. Der Betriebsrat und die IG Metall riefen die Belegschaft zu einem Demonstrationszug vom Werk aus auf. Um 15 Uhr sollte dann eine Kundgebung stattfinden.

Betriebsratschef Markus Thal zeigte sich zutiefst enttäuscht: "Wir haben gekämpft und alles gegeben, wir waren die klaren Sieger im Bieterwettbewerb und werden jetzt um unseren Erfolg betrogen." Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka sagte: "Offensichtlich war in den Köpfen die Entscheidung längst gefallen. In meinen Augen ein Komplettversagen der Europazentrale."

Im Rückblick hätten die Konsultationen mit der Geschäftsführung den Eindruck hinterlassen, Saarlouis habe nie eine Chance gehabt, der Bieterprozess sei ein "Scheinverfahren" gewesen. Die Arbeitnehmervertreter hätten ein Beratungsinstitut hinzugezogen und nach Abgabe umfassender Zugeständnisse sei man zu dem Schluss gekommen, dass das Gesamtpaket der deutschen Standorte in den wesentlichen Kennzahlen für die anvisierte Laufzeit bis 2034 für Saarlouis in Summe die besten Ergebnisse geliefert hätte. Unabhängig überprüfen lässt sich diese Einschätzung aber nicht. Die Arbeitnehmer wollen nun nach eigenen Angaben "alle Möglichkeiten sondieren, um diese Entscheidung gegen Saarlouis noch umzubiegen."

Saarlands neue Regierungschefin Anke Rehlinger (SPD) sagte vor der Bekanntgabe der Entscheidung im saarländischen Landtag, die Entscheidung habe "große Wirkung auf das Saarland". Das Land habe immer zu Ford gestanden. "Ob Ford aber zum Saarland steht? Ich habe Zweifel." Sie habe auch Zweifel, ob es sich um einen fairen Wettbewerb der Standorte handele.

Der Fraktionschef der SPD im Landtag, Ulrich Commercon, bezeichnete den Bieterwettstreit  als "ein schäbiges Verhalten, ein schäbiger Wettbewerb. (...) Dieses Management hat eiskalt und rücksichtslos Tausende Arbeitnehmer in Saarlouis und Valencia gegeneinander ausgespielt", sagte er im Landtag.

Unmittelbar betroffen sind von der Entscheidung rund 4600 Ford-Mitarbeiter, viele davon arbeiten in dritter Generation in dem Werk. Hinzu kommen aber auch gut 1500 Beschäftigte in mehreren Zuliefererbetrieben, die teilweise unmittelbar im angrenzenden Zuliefererpark in Saarlouis arbeiten.

Aus dem Datencenter:

Pkw-Verkäufe von Ford in Europa von 2011 bis 2021