Zwölf Jahre lang führte Stefan Kölbl die mehr als 45.000 Mitarbeiter des Stuttgarter Prüfkonzerns Dekra zu Umsatzrekorden. 2021 waren es 3,5 Milliarden Euro, dieses Jahr werden es 3,7 Milliarden. Seit April ist mit Stan Zurkiewicz ein neuer CEO verantwortlich dafür, die Prüf-Konkurrenz aus TÜV und Co auf Abstand zu halten. An Kampfgeist dürfte es dem Träger von schwarzen Gürteln im Judo und Taekwondo nicht fehlen. Gerade in den USA rechnet er mit erheblichem Wachstum.
Herr Zurkiewicz, ist Ihre Berufung zum CEO ein Zeichen, dass sich Dekra von einem sehr deutschen Unternehmen zum internationalen Player wandelt?
Ich bin tatsächlich eine unkonventionelle Wahl. Ich bin nicht nur der erste nicht deutsche CEO von Dekra, sondern habe auch einen Großteil meiner Berufserfahrung außerhalb Europas gesammelt: Ich war fast 20 Jahre lang in Asien und spreche Chinesisch, nicht aber Deutsch. Daran arbeite ich derzeit. Meine Vision ist, Dekra von einem stark in Europa tätigen Unternehmen zu einer wirklich globalen Expertenorganisation zu machen. Für diese Vision hat sich der Aufsichtsrat bewusst entschieden. Insofern lautet die Antwort eindeutig ja.
Noch ist Deutschland mit Abstand Ihr wichtigster Markt. Wird das so bleiben?
Wir sind auch künftig ein deutsches Unternehmen, allerdings auch mit einer konsequenten globalen Ausrichtung. Deutschland ist der wichtigste Markt und wird es sicher bleiben. Neben ihm und Europa wird es aber eine Reihe von weiteren Wachstumsmärkten geben – insbesondere in Nordamerika und Asien.
Deutschland steht am Rande einer Rezession. Ist das ein Klumpenrisiko?
Nein, denn leider steht die ganze Welt am Rande einer Rezession. Wir sind jedoch ein sehr widerstandsfähiges Unternehmen. Das haben wir während der Corona-Pandemie bewiesen. Zwar werden auch wir die Rezession spüren, etwa in Geschäftsbereichen wie der Zeitarbeit, Gebrauchtwagengutachten oder technischem Consulting. Daran besteht kein Zweifel. Viele unserer Dienstleistungen spielen sich aber im regulierten Bereich ab und sind daher weniger abhängig von Konjunkturzyklen.
Können Sie das erklären?
Nur weil wir in einer Krise sind, können wir ja nicht plötzlich darauf verzichten, Kernkraftwerke zu prüfen. Gleiches gilt für Autos, Aufzüge oder Druckbehälter. Deren Sicherheit muss jederzeit gewährleistet sein. Und auch Produkt- und Komponentenprüfungen, etwa für die Autohersteller, werden nach wie vor stattfinden.