Detroit. Das Mekka der US-Autoindustrie rüstet sich fürs Jubiläum - doch zum 100. Geburtstag der Autoshow in Detroit (13.-21.1.) dürften nur wenige Branchengrößen in Feierlaune sein. Der größte Automarkt der Welt steht mitten in einem Abschwung, die US-Autobauer stecken in einer massiven Krise. Die anhaltende Rabattschlacht und der schwache Dollar dürften 2007 auch die deutschen Autobauer treffen. Angesichts der andauernd hohen Ölpreise stehen in Detroit verbrauchsarme Autos im Mittelpunkt. "Detroit 2007 wird so etwas wie das Schaulaufen der alternativen Antriebe", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der FH Gelsenkirchen.
Vorbild für alle ist derzeit Toyota: Die Asiaten werden aus Sicht von Experten in diesem Jahr General Motors (GM) als größten Autobauer der Welt überholen. In den USA punktet Toyota auch mit Hybrid-Motoren - einer Mischung aus konventionellem Verbrennungs- und Elektromotor. Die Deutschen setzen dagegen hauptsächlich auf den Dieselantrieb. Während in Europa inzwischen mehr als 50 Prozent der Autos mit Dieselmotor verkauft werden, sind es in den USA nicht einmal zwei Prozent. Mercedes, Audi und Volkswagen wollen gemeinsam die so genannte Bluetec-Technologie populär machen. BMW will dagegen eigene Wege gehen. Autoexperte Dudenhöffer traut dem Diesel in den USA bis 2015 einen Marktanteil von 15 Prozent zu, dem Hybrid-Motor 20 Prozent.
Angesichts der Erfolge von Toyota mit Hybridmotoren wollen sich die Deutschen aber keine Blöße geben. BMW und DaimlerChrysler werkeln zusammen mit General Motors an der Entwicklung eigener Hybridantriebe. Volkswagen hat mit den Zulieferern Continental und ZF Friedrichshafen eine strategische Partnerschaft zur Entwicklung und Lieferung der Elektronik für künftige Hybridprojekte vereinbart.
Ungeachtet aller Hürden gibt sich die deutsche Autoindustrie optimistisch. "Die deutschen Marken werden bei einem rückläufigen US-Gesamtmarkt erneut gegen den Trend wachsen", prognostiziert Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). 2006 verzeichneten die Deutschen in den USA mit mehr als 900.000 abgesetzten Autos einen Rekord. Die Deutschen hätten mit Autos mit deutlichen Verbrauchsvorteilen die passende Antwort auf die höheren Kraftstoffpreise, sagt Gottschalk.
Die Laune verhageln könnte den Deutschen allerdings noch der Höhenflug des Euro. Der sorgt dafür, dass sich in Europa hergestellte Autos oder zumindest Komponenten verteuern. Allein im abgelaufenen Jahr dürften Wechselkursrisiken die deutschen Hersteller mit mehreren hundert Millionen Euro belasten. "Durch die ungünstigere Wechselkursrelation werden die Erträge der deutschen Autobauer in den USA 2007 weiter sinken. Das bedeutet, es gibt sowohl Druck bei der Menge als auch bei den Erlösen", sagt der frühere BMW-Chefvolkswirt Helmut Becker, Leiter des Instituts für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation in München. Von Vorteil sei da eine eigene Produktion in den USA. Hier könnten DaimlerChrysler und BMW punkten, VW hingegen habe in den 80er Jahren sein Werk in den USA geschlossen. "Das war eine große strategische Fehlentscheidung."
Auch die angeschlagenen "Big Three", die großen Drei der US-Autoindustrie - GM, Ford und Chrysler - setzen wegen der stark gestiegenen Benzinpreise verstärkt auf verbrauchsärmere Autos. Denn viele der gegenwärtigen Probleme der Amerikaner, die auf ihrem Heimatmarkt stark verloren haben, gelten als hausgemacht. Die Amerikaner, die massive Absatzrückgänge und Milliardenverluste verzeichnen, haben den Trend zu sparsameren Autos verschlafen. Sie setzten zu lange auf große, Sprit fressende Pickups. Hinzu kamen veraltete Produktionsanlagen, der ohnehin harte Preiskampf auf dem US-Markt und hohe Gesundheits- und Pensionskosten.
"Sie haben eine falsche Modellpalette und eine falsche Einstellung zum Kunden. Es wird in Amerika irgendwann keine US-Autoindustrie mehr geben, aber weiterhin eine große Autoindustrie", sagt Branchenkenner Becker gar. Vom Markt her kommt aus Expertensicht keine Entlastung. "Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den USA werden sich 2007 verschlechtern, davon ist natürlich auch die Autokonjunktur betroffen." Die Autoexperten der Kreditrating-Agentur Fitch schätzen, dass der Autoabsatz in den USA 2007 von rund 16,5 Millionen auf 16,1 Millionen Autos fällt.
(Michael Friedrich, dpa-AFX und Andreas Hoenig, dpa)