Hannover. Der Autobauer Daimler traut leichten Hybrid-Lkw auch in Europa nennenswerte Marktchancen zu. «Für mich gibt es an sich keinen Grund, wenn ich die europäische Umweltsensibilität sehe, warum der Anteil in Europa mittelfristig geringer sein sollte als in Japan», sagte der Chef des Daimler-Truck-Geschäftes in Asien, Albert Kirchmann, am Rande der Nutzfahrzeugmesse IAA in Hannover. «Im Umkehrschluss bedeutet das dann auch, dass ich mittelfristig ebenfalls mit Größenordnungen wie in Japan rechne.»
Daimlers japanische Nutzfahrzeugtochter Fuso startet in diesen Wochen die Hybridversion ihres leichten Lkw-Modells Canter auch in Europa, wo Fuso in Portugal produziert. Auf dem Heimatmarkt in Japan entfallen schon bis zu zehn Prozent der Canter-Bestellungen auf die Kombi-Variante von Batterieantrieb und klassischem Verbrennungsmotor, die dort seit drei Monaten zu haben ist. Zwei Prozent des dortigen Segments der Leicht-Lkw sind laut Kirchmann schon hybridisiert, Fuso halte an diesem Stückchen nach drei Monaten ein Viertel Marktanteil.Allerdings hat das Land bei dem alternativen Antrieb auch eine Tradition. «In Japan sind 30 Prozent des Pkw-Marktes Hybride», gab Kirchmann zu bedenken. Daher sei es schwierig, für den europäischen Markt Stückzahlen vorauszusagen. «Der japanische Kunde, der privat seit vielen Jahren einen Hybrid fährt, der hat vielleicht mit dem Thema einen anderen Umgang als ein Europäer, die ja noch nicht so viel Hybrid fahren.» Unabhängig vom Tempo, mit dem der Markt die neue Technik annehmen könnte, seien die Chancen generell aber so groß wie in Japan. Fuso rühmt sich, in Europa den ersten Serien-Hybrid zu haben, der sich rechnet. Im Schnitt seien die höheren Kosten bei der Anschaffung nach drei bis vier Jahren wieder eingefahren.Ein zweites wichtiges Projekt in Kirchmanns Lkw-Reich, das für mehr als jeden dritten verkauften Laster des Daimler-Konzerns sorgt, ist der Marktanlauf in Indien, wo die Marke Bharat-Benz derzeit auch mit Fuso-Technik an der Start geht. Marktführer ist dort Tata, der rund 70 Prozent Anteil hat. Es folgen Ashok Leyland und Eicher. Daimler will das Gefüge nun aufmischen. «Wir haben einen klaren Plan, wie wir hochlaufen wollen. Wir streben mittelfristig klare zweistellige Marktanteile an - was mehrere Zehntausend Trucks bedeutet», sagte Kirchmann, ohne genaue Stückzahlen zu nennen.«Wir werden da auch Geduld haben und dürfen nie vergessen, dass das ein Hochfahren eines ganzen Systems ist - nicht nur einer Fabrik, sondern da sind auch 400 Lieferanten hintendran. Qualität geht vor Volumen», betonte der Manager. Der Aufbau der Vertriebsstrukturen sei im Plan. «Wir wollen über 100 Händler haben Ende diesen Jahres. Wir sind jetzt bei zwei Dritteln und voll im Plan. Was übrigens auch die Dynamik dabei zeigt: Wir hatten zigfach mehr Bewerbungen als Bedarf.» (dpa/nib)Daimlers Asien-Chef: Gute Chancen für Hybrid-Laster auch in Europa
Sie bringen Postpakete, frische Blumen oder Lebensmittel: Leichte Lkw dominieren die Nutzfahrzeuglandschaft rund um die Städte. Daimler sieht in diesem Segment auch in Europa gute Möglichkeiten für eine steigende Zahl von alternativen Hybrid-Antrieben.
Wie Lastwagen künftig CO2 sparen sollen:
Von Delfinen halten Daimlers Lkw-Entwickler nicht besonders viel. Zumindest, wenn es um die Form von Lastwagen geht. Dem Meeressäuger ist unter anderem ein spektakulärer Entwurf des Konkurrenten MANnachempfunden, der die Aerodynamik der einst klobigen Brummis revolutionieren soll: Ein leicht gewölbter Rücken, ein sanft zusammenfließendes Heck und einige weitere Umbauten sollen den Luftwiderstand um satte 40 Prozent gegenüber aktuellen Modellen reduzieren.Bahnbrechende 25 Prozent Kraftstoffersparnis verspricht MAN mit seiner Designstudie "Concept S", die sie zusammen mit dem Aufliegerhersteller Krone entwickelt hat. Die nächste Lkw-Generation, so die Hoffnung, könne schon in dieser Form auf die Straße kommen. Aber so, wie der Sattelzug am Mittwoch auf der Nutzfahrzeugmesse IAA in Hannover enthüllt wurde, bekäme er heute keine Straßenzulassung. Denn um den Laderaum auszugleichen, der durch die schlanke Linie verloren geht, müsste MAN seinen Lastwagen gut zwei Meter länger bauen, als die EU-Regeln es aktuell erlauben. Der Delfin-Lkw also ein Projekt für die sehr weit entfernte Zukunft?So sieht es zumindest Konkurrent Daimlerund preist im gleichen Atemzug die baldige Praxistauglichkeit seines windschnittigen Modells an. Der "Mercedes-Benz Aerodynamic Trailer", entwickelt mit Europas größtem Aufliegerhersteller Schmitz Cargobull, komme auf immerhin knapp ein Fünftel weniger Luftwiderstand und 4,5 Prozent Spritersparnis. "Für diese faszinierenden Aussichten sind keine futuristischen Delfine auf Rädern notwendig und keine pseudo-aerodynamischen Hauben, fern jeder Zulassungsmöglichkeit", polterte der Chef-Entwickler der Daimler-Trucks Georg Weiberg.Dabei steht und fällt auch die Zulassung seines Sattelzugs mit den EU-Regeln, wenn die Speditionen nicht auf Laderaum verzichten sollen. Selbst wenn es hier nur an einem 40 Zentimeter großen Heckanbau hängt: Länger als 16,50 Meter dürfen Sattelzüge sein - ausgenommen sind Tests wie aktuell mit den mehr als 25 Meter messenden Lang-Lkw.Doch seit Brüssel auch für Nutzfahrzeuge CO2-Grenzwerte einführen will, sehen Branchenvertreter Bewegung in die Längen-Debatte kommen. Die EU-Kommission selber erklärt auf Nachfrage, man schaue sich die geltende Richtlinie gerade auch unter dem Aspekt Aerodynamik an. Bis spätestens Mitte 2013 solle ein Änderungsvorschlag erarbeitet sein, sagte ein Sprecher von Verkehrskommissar Siim Kallas.Daimler-Entwickler Weiberg rechnet bereits fest mit zusätzlichem Spielraum, der genau seinen Anforderungen genügt - nicht aber denen der Konkurrenz. Aber selbst dann dürfte es noch dauern, bis eines der neuen Modelle auf der Straße landet. Denn den Änderungen müssten auch noch das EU-Parlament und Rat zustimmen.Um neben der Aerodynamik gleich auch den Einbau von Hybrid- oder Elektromotoren zu erleichtern, soll laut Kommission in einem Abwasch auch das Höchstgewicht heraufgesetzt werden. Davon könnte auch der weltgrößte Autozulieferer Bosch profitieren. Mit 60 Entwicklern arbeitet das Stuttgarter Unternehmen daran, bis spätestens 2020 selbst schwere Lastwagen bis 40 Tonnen mit Hybridsystemen auf die Straße zu bringen.Wenn es bergauf geht, sollen diese den Motor mit bis zu 120 Kilowatt Leistung unterstützen und sich beim Bremsen wieder aufladen. Im Fernverkehr sollen so sechs Prozent, in der Stadt sogar ein Fünftel Treibstoff gespart werden. "Die größte Herausforderung liegt in der wirtschaftlichen Auslegung der Komponenten - etwa in einer möglichst kleinen und leichten Batterie", sagte Bernd Bohr, Chef der Bosch-Automobilsparte. Schon nach drei Jahren solle sich die Anschaffung für Spediteure lohnen.Weniger günstig sieht die Kosten-Nutzen-Rechnung noch für Transporter mit Elektroantrieb aus. Zwar testet VW derzeit seinen Caddy erfolgreich als E-Auto für kurze Lieferstrecken in der Stadt. Aber Nutzfahrzeug-Entwickler Horst Oehlschlaeger bremst die Erwartungen: "Momentan reichen die Einsparungen im Alltagsbetrieb nicht aus, um den derzeitigen Anschaffungspreis zu kompensieren." Und an dem werde sich wegen der hohen Kosten für die Batterie vorerst nichts ändern. So würden sich Fuhrparkbetreiber den E-Transporter auf absehbare Zeit nicht aus Sparsamkeit anschaffen - sondern höchstens aus Imagegründen.