Leverkusen/Köln. Zum Mazda MX-5 wird sich oft diese Geschichte erzählt: Bob Hall, ein amerikanischer Journalist sitzt im Jahr 1979 unter anderem mit Kenichi Yamamoto beim Abendessen. Yamamoto ist Entwicklungschef bei Mazda, er verfolgt die hitzige Diskussion, die am Tisch geführt wird. Hall glüht für die kleinen Roadster vom Schlage des MG B, des Alfa Spider oder des Karmann Ghia. Der Japaner hört aufmerksam zu, nickt höflich und macht sich Notizen, als Hall sich «einen leichten Sportwagen» wünscht.
«Einen kleinen, preiswerten Roadster, in der Art der frühen MG», wünscht Hall, «nur zuverlässig genug, um auch im Regen anzuspringen. Er muss nicht stark sein, aber er soll Spaß machen.» Zwar dauert es ab dem besagten Abendessen noch zehn Jahre bis zum fertigen Auto, doch markiert diese, in den Annalen von Mazda oft dokumentierte Szene den Startschuss für ein Projekt, das die Autowelt verändern soll. Sie gilt als die Geburtsstunde des legendären MX-5.
Vor genau 25 Jahren wurde der Roadster auf der Autoshow in Chicago präsentiert. Und er brachte eine Fahrzeuggattung wieder in Schwung. Ohne seinen Erfolg hätte es Autos wie den Mercedes SLK, den Audi TT oder den BMW Z4 nie gegeben, räumen Entwickler in Stuttgart, Ingolstadt oder München stets freimütig ein. «Erst der MX-5 hat das Segment der bezahlbaren Roadster wiederbelebt und den Boden für eine ganze Flotte offener Zweisitzer bereitet», sagt der Kölner Design-Professor Paolo Tumminelli.
Doch anfangs ist Entwicklungschef Yamamoto durchaus skeptisch. Zunächst rast er einen Tag lang im Triumph Spitfire am Fuße des Mount Fuji herum, dann ist er von der Idee eines offenen Zweisitzers überzeugt und boxt das Projekt 729 gegen alle internen Widerstände durch.
Als der kleine Roadster mit den versenkbaren Froschaugen im Februar 1989 in Chicago seine Premiere feiert, erobert er die Autowelt im Sturm. Zunächst in Amerika, wo die Broker an der Wallstreet bald Aufpreise zahlen wie sonst nur für Porsche oder Ferrari, nur damit sie früher ein Auto bekommen.
Und als die ersten Grauimporte in Europa einen riesigen Wirbel entfachen, nehmen die Japaner den MX-5 im Jahr 1990 auch inDeutschland in ihr Verkaufsprogramm: 35.500 Mark kostet der schnörkellos gezeichnete Roadster zu Beginn.
Die Formel für den Erfolg des MX-5 ist leicht erklärt: Es gibt zwar Modelle geringerem Verbrauch, mehr Platz für die Passagiere, mehr Komfort und größerem Kofferraum. Aber es gibt zumindest damals und in dieser Preisklasse kaum ein Auto, das so konsequent auf Fahrspaß ausgelegt ist wie der MX-5: zwei Sitze und gerade einmal Platz für einen Aktenkoffer, dafür aber ungeheuer offen, luftig und leichtfüßig.
Dabei wird Geschwindigkeit zur Nebensache: Denn mit 66 kW/90 PS, einem Sprintvermögen auf Tempo 100 in 10,6 Sekunden und einem Spitzentempo von 175 km/h ist der flache Japaner wahrlich kein Sportler. «Wer aber mit dem kleinen Roadster einmal quer durch die Alpen gefahren ist, der braucht keinen Porsche mehr», ist zumindest Dieter Becker vom MX-5-Club Bluesky in Köln überzeugt. Das geringe Gewicht von anfangs 981 Kilogramm, die tiefe Sitzposition, das knackig kurz abgestufte Schaltgetriebe und vor allem der Heckantrieb - «für eine gewundene Landstraße gibt es kein besseres Auto», schwärmt Becker.
Diese Ansicht teilen leidenschaftliche Autofahrer offenbar in der ganzen Welt und bescheren den Japanern damit stabile Absatzzahlen: Von der ersten Generation mit dem internen Kürzel NA werden bis 1998 exakt 431.506 Einheiten verkauft, der Nachfolger (NB) bringt es bis 2005 auf 291.123 Zulassungen, und mit der aktuellen Nummer Drei (NC) sind es bis dato insgesamt weit über 900.000 Einheiten. Im Jahr 2000 schaffte es der MX-5 ins Guinness-Buch der Rekorde als meistverkaufter offener Sportwagen der Welt.
Heute mindestens 93 kW/126 PS stark und mit rund 1100 Kilogramm noch immer ein Leichtgewicht, ist der MX-5 mit 22.790 Euro fast anderthalbmal so teuer wie bei der Premiere. «Aber gemessen an echten Sportwagen ist er noch immer ein Schnäppchen», sagt Becker. Außerdem habe sich der MX-5 seinen Ruf als Underdog bewahrt. «Während man in den teuren Roadstern der Edelmarken manchmal ziemlich schräg angeschaut wird, begegnet man uns MX-5-Fahrern stets mit einem Lächeln im Gesicht.»
Als Gebrauchtwagen ist der MX-5 selbstredend günstiger zu bekommen. Selbst gut erhaltene Fahrzeuge der ersten Generation seien schon für 4000 bis 5000 Euro zu haben, skizziert Becker die Marktlage. Restaurierungsbedürftige Rostlauben gebe es für unter 2000 Euro. «Dafür bekommt man bei Porsche & Co. oft nicht einmal die nötigsten Ersatzteile.» Zudem sei das Schrauben oft kein Hexenwerk: «Wer ein bisschen geschickt ist und die richtigen Freunde hat, braucht für den frühen MX-5 keine Werkstatt und kann fast alles selbst machen.»
Während Menschen wie Dieter Becker ihre Oldtimer pflegen, arbeiten die Japaner mit Hochdruck an der Neuauflage des Klassikers. Spätestens im Sommer 2015 soll es so weit sein, ist aus Unternehmenskreisen zu erfahren. Dann kommt aber nicht nur einfach ein neuer Roadster. Sondern genau wie der Erstling von 1989 wird auch dieses Modell wieder andere Autos beleben, diesmal sogar ganz direkt. Denn auf Basis des neuen MX-5 plant Alfa Romeo nach Angaben des Fiat-Konzerns das Comeback des Spider, dessen Wurzeln sogar noch ein bisschen weiter zurückreichen. Aber das ist eine andere Geschichte. (dpa/gem)