VW muss auch nach Genehmigung weiter bangen

San Francisco. In den USA scheint der Vergleich im Abgas-Skandal nur noch eine Formsache zu sein. Allein: Die Affäre wird Volkswagen in den USA weiter verfolgen. Denn auch wenn Richter Charles Breyer nach seiner Anhörung an diesem Dienstag (17.00 Uhr MESZ) die endgültige Zustimmung zum VW-Kompromiss mit Klägern geben dürfte, wäre der Fall damit nicht ausgestanden. Es lauern für Volkswagen weitere Fallstricke.

Welche sind das, und was sind die größten Risiken? Die wichtigsten Fragen und Antworten sind hier zusammengefasst.

Am Dienstag will Richter Breyer bekanntgeben, ob er dem zwischen Volkswagen und US-Zivilklägern ausgehandelten Kompromiss zur Beilegung des Rechtsstreits final zustimmt. Davor will er sich noch einmal umfassend von den Parteien informieren lassen. Die Agenda der Anhörung lässt vermuten, dass dies etliche Stunden dauern wird. Die Entscheidung dürfte entweder direkt im Anschluss oder in den nächsten Tagen fallen. Volkswagen hatte sich mit geschädigten Kunden sowie US-Behörden auf einen Vergleich von bis zu 14,7 Milliarden Dollar (13,4 Milliarden Euro) verständigt. Später erhöhte sich diese Summe durch weitere Einigungen mit Staatsanwälten und Autohändlern auf 16,5 Milliarden Dollar.

Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Breyer den bislang teuersten Vergleich in der Automobil-Geschichte genehmigen wird. Bereits vor Monaten hatte der Richter das Entschädigungsangebot als fair und angemessen beurteilt. Bei der endgültigen Entscheidung geht es nun vor allem darum, ob das Angebot auch bei den Hunderttausenden betroffenen Diesel-Auto-Besitzern Anklang findet. Dass das wohl der Fall ist, haben hohe Annahmequoten aber bereits gezeigt.

Es geht bei der bislang erzielten Einigung um rund 475.000 VW-Dieselwagen. Diese haben 2,0-Liter-Motoren. Bei etwa 85.000 stärker motorisierten Autos des Konzerns, die mit 3,0-Liter-Antrieb der Tochter Audi ausgerüstet sind, wird weiterhin mit den US-Behörden um eine Lösung gerungen. Eine nächste Anhörung ist am 3. November. Bis dahin will Breyer konkrete Vorschläge, wie diese laut US-Regulierern ebenfalls mit illegaler Software zur Abgaskontrolle ausgerüsteten Fahrzeuge in einen gesetzeskonformen Zustand versetzt werden können.

Die Ingenieure des Konzerns arbeiten daran jedoch schon seit Monaten - vergeblich. Ist eine technische Umrüstung nicht möglich, könnte der Autobauer gezwungen sein, Kunden wie bereits bei den 2,0-Liter-Modellen Rückkäufe anzubieten. Da es sich bei den größeren Wagen um teure Fahrzeuge der Premiummarken Audi und Porsche handelt, dürfte das richtig ins Geld gehen. Auch könnte das zu neuen Spannungen führen. Denn Motorenentwickler Audi weist die Täuschungsvorwürfe der US-Behörden bislang zurück.

Eine Reihe von Bundesstaaten legten bereits mit neuen Klagen nach, kurz nachdem VW die erste grundsätzliche Einigung im Massen-Rechtsstreit erzielt hatte. Maryland, Vermont, Massachusetts, New York, Washington, Pennsylvania und nun auch Missouri wollen den Konzern wegen Verstößen gegen Umweltgesetze zur Rechenschaft ziehen. VW will auch hier einen Vergleich erreichen. Spätestens am 1. November sollen die Verhandlungen beginnen. Weitere US-Staaten können sich den Klagen noch anschließen, dann würde es noch teurer werden.

Die strafrechtlichen Ermittlungen der US-Justiz dürften aber größten Brandherd für VW darstellen. Nachdem im September der erste in den Skandal involvierte Ingenieur im Zuge einer Strafanzeige ein Geständnis abgelegt und Kooperation mit den US-Behörden versprochen hat, bleibt abzuwarten, wen der langjährige Mitarbeiter noch so belastet. Das US-Justizministerium prüft wohl schon, welches Strafmaß man dem Konzern wegen krimineller Vergehen zumuten kann, wie "Bloomberg" kürzlich unter Berufung auf Insider berichtete. (dpa/gem)