Der chinesische Elektroauto-Hersteller Nio hat mit Stanley Yu Qu einen neuen Finanzvorstand. In China wie in Deutschland steht die Marke diversen Herausforderungen gegenüber.
Nio EL8: Das Elektro-SUV dürfte den mageren Deutschland-Absatz kaum steigern.
Der Finanzvorstand von Nio, Steven Wei Feng, ist aus persönlichen Gründen mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Sein Nachfolger wird nach Unternehmensangaben der bisherige Senior Vice President of Finance, Stanley Yu Qu.
Qu ist seit 2016 bei Nio tätig. Zuvor hat der studierte Wirtschaftswissenschaftler unter anderem für den Zulieferer Johnson Controls und die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers gearbeitet.
Dass er bereite eingearbeitet ist, dürfte Qu zugutekommen, denn er steht einer Reihe von Herausforderungen gegenüber: Dem ungeprüften Finanzergebnis zufolge hat Nio im ersten Quartal einen Umsatz von umgerechnet 1,3 Milliarden US-Dollar erzielt. Das waren 7,2 Prozent weniger als im Vorjahresquartal.
Der Nettoverlust betrug 718,1 Millionen Dollar, was einem Anstieg um 9,4 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2023 entspricht. Immerhin ist der Absatz gestiegen: Im zweiten Quartal hat Nio 57.373 Elektroautos ausgeliefert, das waren 143,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum und der höchste Wert in den vergangenen beiden Jahren.
Auf dem chinesischen Heimatmarkt spielen E-Autos zwar eine stärkere Rolle als in Europa, im Mai lag ihr Anteil an den Neuzulassungen bei 47 Prozent. Der Preiskampf setzt die Hersteller aber stark unter Druck und zwingt sie, sich neue Märkte zu suchen.
Nio ist aus deswegen seit 2022 in Deutschland aktiv. Bisher ist der Erfolg überschaubar: Im vergangenen Jahr hat die Marke hierzulande lediglich 1263 Autos verkauft. Im ersten Halbjahr 2024 waren es 234, im vergangenen Jahr waren es nach sechs Monaten immerhin schon 350.
Nachdem Deutschland-Chef Marius Hayler nach nur acht Monaten aus persönlichen Gründen das Unternehmen verlassen hat, soll nun David Sultzer die Marke voranbringen. Das neue Elektro-SUV EL8 dürfte dabei keine große Hilfe sein, da es aufgrund seines Basispreises von über 80.000 Euro wohl ein Nischenmodell bleiben wird.
Nio treibt zudem einen erheblichen Aufwand, der mit entsprechenden Kosten verbunden ist. So leistet sich die Marke etwa teure „Nio Houses“ in besten Innenstadtlagen deutscher Metropolen, um seine Bekanntheit zu steigern.
Gerade wurde das vierte Nio House in Hamburg eröffnet, nach Standorten in Berlin, Frankfurt am Main und Düsseldorf. Neben einer Ausstellung aktueller Modelle gibt es ein Café, eine Lounge, Tagungsräume sowie einen Spielbereich für Kinder.
Hinzu kommen die markentypischen Stationen zum Tausch der Batterien. Das ist zwar ein innovatives Konzept, solange jedoch kein anderer Hersteller mitmacht und es nur vergleichsweise wenige Tausch-Stationen gibt, dürfte es sich nicht auf breiter Front durchsetzen. Nio kostet der Aufbau und Unterhalt der Stationen allerdings viel Geld.
Ob die von EU eingeführten Zölle Auswirkungen auf die Expansion von Nio haben werden, bleibt abzuwarten. Nio zufolge könnten die Preise steigen. Die endgültige Entscheidung über die Zölle fälle erst im November, bis dahin versuchen China und die EU, eine andere Lösung zu finden.
