Volkswagens "Dieselgate" wirkt bei der CO2-Regulierung der Europäischen Union wie ein Brandbeschleuniger. Die Politik hat sich beim Klimagipfel in Paris die "Dekarbonisierung" der Welt auf die Fahnen geschrieben, und viele Autokäufer erkennen erst jetzt, dass zwischen dem CO2-Ausstoß im realen Fahrbetrieb und den Laborergebnissen im NEFZ-Zyklus Welten liegen. All dies ist Wasser auf die Mühlen der Umweltverbände und führt zu einer kompromissloseren Haltung gegenüber der Autoindustrie. Deren Interessenvertreter werden es künftig sehr viel schwerer haben, in Brüssel harsche Vorgaben abzumildern. Viele EU-Abgeordnete und Binnenmarkt-Kommissarin Elzbieta Bienkowska sind stinksauer auf die Autobranche und entschlossen, die nächste Regulierungsrunde nach 2020 für die Industrie zu einem Fegefeuer zu machen. "Die Zeit der Labortests ist vorbei", kündigte sie bereits an.
Neun Trends im neuen Jahr
Weniger Marktteilnehmer wird es künftig sowohl unter den Zulieferern als auch im Autohandel geben. In der Zulieferindustrie sorgen die fortschreitende Internationalisierung in der Fahrzeugproduktion und der Trend zu immer aufwendigerer Elektronik und Software im Auto für Übernahmen und Zusammenschlüsse. Vor allem etliche mittelständische Unternehmen werden ihre Selbstständigkeit einbüßen, weil ihnen die Finanzkraft für diese Entwicklungen fehlt. Im Handel zeigt sich auch immer deutlicher, dass große Betriebe Vorteile haben. Galten lange Zeit die kleineren Händler als profitabler, so hat sich dies zuletzt gedreht. Die großen Gruppen waren schon 2015 kräftig auf Einkaufstour, bereits sechs Umsatzmilliardäre zählt der deutsche Autohandel. Ein dickes Finanzpolster ist auch nötig, um die anstehenden Investitionen in die Elektromobilität und die Digitalisierung stemmen zu können.
Brasilien und Argentinien waren einst Hoffnungsträger der Automobilbranche. Doch seit Jahren sorgen beide Märkte bei den Vorstandschefs der Hersteller für Sorgenfalten. Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich sind zur Regel geworden.
Ganz anders Mexiko: Rund drei Millionen Fahrzeuge laufen dort in diesem Jahr vom Band – doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Damit steht das NAFTA-Mitglied als Produktionsstandort an sechster Stelle weltweit. Zum Vergleich: In Deutschland werden in diesem Jahr knapp sechs Millionen Fahrzeuge produziert.
Auch der Markt wächst schnell. Deshalb gilt: Wer jetzt als Hersteller oder Zulieferer noch nicht da ist, der wird bald kommen. Audi startet 2016, Daimler 2018 und BMW 2019. Niedrige Produktionskosten, qualifizierte Mitarbeiter, eine gute Lieferantenbasis und politische Reformen sprechen für den Standort. Brasilien ist da fast schon vergessen.
Der Autopilot kommt – wenn auch nur in kleinen Schritten. Viele Modelle der Premiumhersteller werden 2016 dem Fahrer eine Ahnung vom selbstfahrenden Auto vermitteln können. So hebt Daimler in der E-Klasse das Assistenzpaket "Intelligent Drive" auf das nächste Level. Ein besserer Algorithmus und sensiblere Sensoren unterstützen den Fahrer beim Manövrieren durch Baustellen sowie auf Autobahnen oder Landstraßen. Zudem fährt das Auto durch Befehle von außen aus der Garage. Ähnliche Features bieten auch BMW Siebener oder Teslas Autopilot im Model S. Audis A4 und Q7 parken zwar noch nicht per Funk ein oder aus, einen Parkassistenten haben aber auch sie. Im langsamen Stop-and-go-Verkehr auf der Autobahn können sie selbstständig fahren. Der Fahrer muss aber regelmäßig zeigen, dass er einsatzbereit ist. Audis "Piloted-Driving-Offensive" startet 2017 mit dem A8, der autonom bis zu 60 km/h auf der Autobahn fährt.
Beim Thema 48-Volt-Bordnetz steht die Zulieferindustrie mit ihren Lösungen bereits in Lauerstellung. Bekannte Spieler der Branche wie Bosch, Continental, Delphi, Johnson Controls, Schaeffler, Valeo oder ZF TRW haben serienreife Entwicklungen für das 48-Volt-Teilbordnetz parat.
Doch noch reagieren die Fahrzeughersteller zögerlich, obwohl sie die prinzipiellen Vorteile und Möglichkeiten der 48-Volt-Technik schätzen. Denn diese bietet die Möglichkeit, größere Energiemengen zu übertragen, wie sie beispielsweise für die Versorgung von Verbrauchern wie Klimaanlagen und elektrischen Lenkungen benötigt werden. Viele Autohersteller scheuen jedoch die höheren Kosten für die Technik.
Am deutlichsten ist derzeit das Bekenntnis von Audi. Die Ingolstädter werden im kommenden Jahr mit einem 48-Volt-Teilbordnetz in einem neuen Modell starten. Laut Branchenkreisen wird es eine sportliche Version des Audi Q7 sein.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) dürfte so manchem Automanager schlaflose Nächte bereiten – nicht nur in Wolfsburg. Denn noch laufen die Abgastests einer ganzen Reihe von Fahrzeugen. Erst im November hatte die Behörde bekannt gegeben, dass sie auch bei Autos anderer Hersteller erhöhte Werte gemessen hat. Um wen es dabei ging, hat das KBA bislang aber nicht verraten.
Die Auswahl ist groß, unter den Getesteten sind alle Hersteller und Importeure, die in nennenswertem Umfang Autos auf deutsche Straßen bringen. Und was es bedeuten würde, wenn einem Hersteller von amtlicher Seite Verstöße oder möglicherweise gar Manipulationen nachgewiesen werden, kann man sich leicht ausmalen. Die heftige Reaktion aus Rüsselsheim auf einen Beitrag des ARD-Magazins "Monitor" über zu hohe CO2-Werte beim Opel Zafira macht die Anspannung in den Führungsetagen greifbar.
Vielleicht werden sich die Verdachtsmomente aber auch nicht erhärten, denn die erhöhten Werte wurden laut KBA auf Basis von Rohdaten festgestellt. Besprechung und Auswertung dieser Daten werden noch dauern. Bis dahin geht das Zittern vor den Ergebnissen weiter.
Der Anfang ist gemacht. "CO2-Thematik weitgehend abgeschlossen" überschrieb VW am 9. Dezember eine Mitteilung zum "Verdacht auf rechtswidrige Veränderung der Verbrauchsangaben von aktuellen Serienfahrzeugen". Dieser habe sich "nicht bestätigt". Nur bei neun Modellvarianten hätten sich minimale Abweichungen ergeben, und deren Genehmigungswerte würden nun "im Rahmen üblicher Prozesse" angepasst.
Für die Umrüstung von Dieselmotoren mit manipulierter Software wird VW aber noch länger brauchen. Schon deshalb, weil der Skandal um falsche Werte bei den Stickoxidemissionen weltweit erheblich mehr Fahrzeuge betrifft. Konzernchef Matthias Müller hofft, dass das Gros dieser Arbeiten im Laufe des Jahres 2016 zu erledigen ist. Wenn VW auf dem Gas bleibt, kann das klappen.
Geländewagen sind und bleiben weltweit besonders beliebte Fortbewegungsmittel. Im Luxussegment will Bentley mit dem neuen Bentayga vom anhaltenden Run auf Offroader profitieren. Bei mittelgroßen SUVs wühlt sich Porsche mit dem Macan von einem Verkaufsrekord zum nächsten.
Am schnellsten aber wächst die Angebotspalette im Bereich vergleichsweise kleiner Wald-und-Wiesen-Vehikel. BMW hat das längst erkannt und mit dem X1 seit Jahren einen Erfolgstypen im Programm. Inzwischen konnte Wettbewerber Mercedes-Benz mit dem GLA nachziehen. Zu den wichtigsten Neuheiten unter kompakten Geländegängern wird 2016 das erste SUV der spanischen VW-Marke Seat gehören. Einen Ausblick auf den Rivalen des CX-3 von Mazda und des Peugeot 2008 gab die Seat-Studie "20V20".
Die Digitalisierung ist das Ende der Handels- und Werkstattwelt, wie wir sie kennen. So schien es zumindest lange. Die Umwälzungen, die die Verschiebung ins Internet mit sich bringt, sind unbestreitbar. Doch auch Megatrends folgen häufig genug dem sogenannten Hype-Zyklus, der im Grunde nichts anderes besagt, als dass die Chancen und Auswirkungen zu Beginn häufig dramatisch überbewertet werden – gefolgt von Enttäuschung.
Die Verkäufe von Autos, Teilen und Service über das Netz werden sicher nicht plötzlich einbrechen. Aber das fulminante Wachstum wird nicht beliebig weitergehen. Der netzaffine Teil der Bevölkerung, für den der Onlinekauf Normalität ist, war leicht zu gewinnen. Doch um die Zuwächse zu halten, braucht es neue Gruppen. Und wenn es an jene geht, die ihre Bücher noch im Laden kaufen, wird es schwierig, sie für Autos im Internet zu begeistern.
Beispielhaft lässt sich das bereits im Reifenhandel sehen. Ihn hatte der Onlinehandel besonders schnell und hart getroffen, denn die Produkte sind standardisiert und auch für viele Laien identifizierbar. Doch in letzter Zeit lassen die Marktanteilsgewinne dieses Kanals bereits nach.