Berlin. Alberto Sanz de Lama, Geschäftsführer von Autoscout24 geht davon aus, dass in zehn Jahren der Anteil des Neuwagen-Direktvertriebs in Deutschland noch immer einstellig sein wird, sei es über die Hersteller, sei es über den Handel. Auch den in der Kritik stehenden anonymen Neuwagenvermittlern traut er in zehn Jahren nur eine Nische von rund fünf Prozent zu. Dennoch glaubt er, dass die Händler sich warm anziehen müssen - weil sie teilweise unterschätzten, wie viel der Kunde bereits weiß, wenn er ins Autohaus kommt. Zudem mahnte Sanz de Lama beim T-Systems Breakfast auf dem Automobilwoche Kongress in Berlin an, dass der Handel gerade in Deutschland noch viel Nachholbedarf beim Thema Dienstleistung hat. Noch immer würden 30 Prozent der Anrufe und Mails nicht beantwortet, kritisierte er. "Da kann dann auch das Internet nicht helfen."
Bei den meisten anderen Themen sieht Sanz de Lama das Netz dagegen sehr wohl als Helfer. "Wenn Sie einen rosaroten Fiat Punto in Zahlung nehmen, sollten Sie froh sein, wenn sie ihn in ganz Deutschland anbieten können, weil sie in ihrer Nähe keinen Käufer finden werden", betonte er, dass die von Portalen geschaffene Transparenz für die Kfz-Branche nicht unbedingt negativ sei. Transparenz sei außerdem nur dann gefährlich, wenn man nicht gut sei, sagte er - diesmal allerdings im Bezug auf das vor gut einem Jahr bundesweit gestartete Werkstattportal von Autoscout24. Hier bringe man als Anbieter den Kunden zum Handel, betonte er - und das Thema Preis stehe für diese Kunden nicht unbedingt im Fokus. So sortiere nur jeder neunte Nutzer des Portals die Angebote nach dem Preis.Keine Angst vor dem Netz
Bei der Jürgens Gruppe, dem fünftgrößten deutschen Mercedes-Benz-Partner, berücksichtigt man das Thema Preis im Werkstattbereich dagegen sehr wohl. Die Gruppe hat ein eigenes günstigeres Programm für Fahrzeuge im Alter von mehr als fünf Jahren eingeführt, um Abwanderung zu freien Werkstätten zu vermeiden. Bei diesem Economy-Programm kostet die Bruttoarbeitsstunde nicht mehr 120 sondern 74 Euro. Dafür wird deutlich am Drumherum in der Werkstatt gespart, bei vielen Kunden funktioniert dies aber, wie Franco Barletta, der Sprecher der Geschäftsführung sagt. "Der Erfolg gibt uns recht", betont er. Ein Drittel der Kunden dort seien komplett neu, ein weiteres Drittel sei seit mindestens 24 Monaten nicht mehr im Unternehmen gewesen, man habe sie also bereits verloren gehabt.
Auch im Internet geht Barletta neue Wege. Seit kurzem bietet die Jürgens Gruppe dort eine Live-Videopräsentation an. Dadurch kann der Verkäufer dem Kunden zu Hause auf dem Sofa das Fahrzeug direkt zeigen. In der Auseinandersetzung mit der Internetkonkurrenz setzt Barletta auf die eigenen Verkäufer. Im Internet gehe es um die Anbahnung. Aber wenn der Kontakt da sei, sei es Aufgabe des Verkäufers, den Kunden davon zu überzeugen, im eigenen Autohaus zu kaufen und nicht für 3,5 Prozent Rabatt mehr weite Strecken zu fahren.Man dürfe das Neuwagengeschäft nicht ins Internet verlieren, betonte Barletta. Wenn dies passiere, erhalte man auch die Kundendaten nicht mehr und verliere Möglichkeiten weitergehendes Geschäft anzubahnen wie Reifeneinlagerung oder Hinweise auf anstehende Servicetermine.
Wie groß die Auswirkung des Netzes ist, drückt sich auch in Barlettas Einschätzung dessen aus, wie der Handel in zehn Jahren aussehen werde. "Die, die es verstehen, offline und online geschickt zu verknüpfen, werden bestehen, auch gewachsen und gediehen sein", sagte er. "Für die, die das nicht machen, würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen."