Mercedes hat die Nase vorn - deutsche Hersteller bleiben dominant

Mercedes, Audi und BMW bleiben 2019 die innovationsstärksten Premiumhersteller. Und die deutschen Marken verweisen die Konkurrenz in der Gesamtbetrachtung aller Technologiefelder immer noch klar auf die Plätze. Das sind Ergebnisse des CAM „AutomotiveINNOVATIONS Report 2019" des Center of Automotive Management, der die Innovationsstärke von 32 Premiumautomobilmarken auf Basis von 637 fahrzeugtechnischen Innovationen des vergangenen Jahres bewertet hat.

Aus dem Report geht allerdings auch hervor, dass der Vorsprung der Deutschen nicht für das Schlüsselinnovationsfeld Elektromobilität (BEV) gilt. Bei den rein elektrischen Antrieben sind die deutschen Premiumhersteller im weltweiten Vergleich „Follower“. Die Premiumkonkurrenz, die neben Tesla zunehmend von neuen Playern aus China kommt, fokussiert ihre Innovationstätigkeit vorwiegend auf Elektro- und Connectivity-Innovationen, heißt es in dem Report.

Als „Innovationen“ gelten dabei alle Neuerungen, die einen Kundenmehrwert bringen. Jede Innovation wird dabei einzeln nach dem sogenannten "MOBIL-Ansatz" systematisch gewichtet. Dabei werden laut CAM "etwa Weltneuheiten, die in Serie verfügbar sind, höher bewertet als Me-too-Innovationen, die lediglich als Prototyp vorliegen. So ergibt sich für jede Innovation ein Indexwert, der zu Gesamtwerten für einzelne Konzerne, Marken oder Modelle verdichtet werden kann."

Insgesamt haben die deutschen Premiummarken weiterhin "eine außerordentlich hohe Innovationskraft". Insbesondere gelingt es ihnen laut der Studie, "durch geschickte Baukastenstrategien eine Vielzahl von Innovationen in den verschiedensten Segmentklassen zu platzieren".

Mercedes-Benz ist mit 112 Innovationen und deutlichem Abstand die innovationsstärkste Premiummarke 2019. Bemerkenswert sei, dass diese Platzierung im Wesentlichen auf drei neue Baureihen zurückzuführen ist: Die vielen Innovationen in A-Klasse, B-Klasse und GLE machen demnach "über 70 Prozent der Innovationsstärke von Mercedes aus" (siehe Abbildung). Ein Beispiel ist die neue Benutzerschnittstelle MBUX mit erweiterter Sprachsteuerung und Augmented Reality Navigation in der A- und B-Klasse. Ferner verweist das CAM auf das lernende Bedienkonzept „Prediction Features“, ein neues Navigations-Adresssystem „what3words“, die Ausstiegs-Warnsysteme in A-und B-Klasse oder der „Energizing Coach“ im GLE.

"Mercedes hat es im aktuellen Betrachtungszeitraum geschafft, viele Innovationen relativ schnell in mehreren neuen Baureihen zu präsentieren, die zum Teil weltneu im jeweiligen Segment sind", so das CAM.

Auch beim Zweitplatzierten Audi sind es drei Modellreihen, die sogar 86 Prozent der Marken-Innovationsstärke von insgesamt 69 Neuerungen ausmachen. Neben dem Audi Q8 seien das vor allem die neu aufgelegte A6-Baureihe sowie der völlig neue rein elektrische Audi e-tron. Dieser kann gleich 18 Innovationen vorweisen, darunter acht Weltneuheiten wie die virtuellen Außenspiegel, die dank Kamerasystem fast keinen toten Winkel mehr haben oder das E-Antriebssystem, dessen Batterie als erstes Serienfahrzeug mit bis zu 150 kW „betankt“ werden kann.

BMW als knapp hinter Audi drittplatzierte Premiummarke generierte 75 Neuerungen. Dabei verteilt BMW die Innovationsstärke auf deutlich mehr Baureihen. Die Top-3 – Dreier-Modellreihe, X5 und Achter – machen nur 62 Prozent der Innovationsstärke aus, auch weil der neue Dreier erst 2019 auf den Markt kam und daher im Vorjahr noch als Vorserie und somit schwächer bewertet werden musste. Die Serienwertung erfolgt

Auffällig sind laut CAM "auch die Premiumhersteller aus China", bei denen ein Hersteller erstmals unter die Top 5 gelangt: Nio kann sich im aktuellen Betrachtungszeitraum von Rang 7 auf Rang 5 verbessern und bildet zusammen mit Byton (Rang 12) derzeit die Speerspitze der neuen chinesischen Premiummarken. Diese fokussieren auffällig auf die E-Mobilität und den Bereich der Connectivity.

Nio generierte etwa 25 Innovationen im ES8, darunter ein Batterie-Wechselkonzept oder eine Stimmungserkennung in Serie. Byton kommt auf 24 Neuerungen, bei denen es sich noch um Vorserien- beziwhungsweise Studieninnovationen handelt. "Insgesamt können die chinesischen OEM auch im Premiumbereich künftig relevante Wettbewerber für die deutschen Platzhirsche werden" heißt es in dem Report.

Neben Mercedes-Benz haben sich gegenüber dem Vorjahr vor allem Jaguar und Rolls-Royce in den Top-10 stark verbessert. Jaguar profitiert vor allem von dem Elektro-SUV I-Pace, die BMW-Tochter Rolls-Royce vom neuen SUV Cullinan. In den Top-Ten der innovationsstärksten Premiummarken 2019 liegen ferner Tesla, Volvo und Jaguar Land Rover auf den Rängen sechs, sieben und acht, knapp vor Porsche (9) und Rolls-Royce (10).

Spürbare Verluste an Innovations-Indexpunkten müssen in diesem Jahr vor allem Tesla und Lexus hinnehmen. Im Vorjahr noch auf Platz vier rutscht der kalifornische Autobauer auf Rang sechs ab. Das liegt daran, dass Tesla im Betrachtungszeitraum neben einigen Software-Updates keine Produktneueinführungen und auch keine bahnbrechenden Neuerungen zu verzeichnen hatte. Lexus liegt nach dem fünften Rang im Vorjahr nur noch auf Platz 14. Auch Cadillac hat kaum Neuerungen in diesem Jahr und kommt nach Rang 6 jetzt hinter Lincoln nur noch auf Rang 24 (Vorjahr: 6).

Studienleiter Stefan Bratzel stellt fest: "Der gelegentliche Abgesang auf die deutschen Premiumhersteller ist verfrüht. Mercedes, Audi und BMW besitzen eine enorme Innovationskraft und dominieren in diesem Jahr das Innovations-Ranking. Allerdings müssen die deutschen Premiumanbieter ihre Stärke auch in den Schlüsselbereichen E-Mobilität und Connectivity konsequent demonstrieren." Noch mangle es bei den deutschen Premiumanbietern "an bahnbrechenden E-Fahrzeugen oder etwa wichtigen Connectivity-Funktionen wie den Over-the-air-Updates des Betriebssystems der Fahrzeuge". Klar sei, dass Wettbewerber wie Tesla und Nio zunehmend stärker werden.

Zur Methodik: Der AutomotiveINNOVATIONS Report 2019 analysiert die aktuellen und zukünftigen Innovationstrends der Automobilindustrie sowie die Innovationsstärke der Automobilhersteller. Seit 2005 werden die fahrzeugtechnischen Neuerungen von derzeit über 40 Automobilherstellergruppen pro Quartal nach runf 50 definierten Kriterien wie Technologiefeld, Innovationstyp, Originalität, Reifegrad etc. erhoben und nach dem "MOBIL-Ansatz" einzeln bewertet.

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