Im Bereich Elektromobilität hat sich Deutschland In den vergangenen zwei Jahren deutlich nach vorn bewegt. Mit knapp 195.000 Elektro-Neuzulassungen wurde 2020 der Vorjahreswert fast verdreifacht. Auch in den Unternehmensfuhrparks hat das Nebeneinander konventioneller und alternativer Antriebe längst begonnen. "Vor allem große Unternehmen haben viele Pilotprojekte durchgeführt und einen Wissens- und Erfahrungsvorsprung, den sie nutzen können", sagte Katharina Schmidt vom Flottendienstleister Arval.
Fuhrparkchef Steffen Krautwasser vom Softwarekonzern SAP mahnte beim Umstieg auf die E-Mobilität mit Blick auf die üblichen Leasinglaufzeiten zur Geduld: "Auch wenn wir sofort anfangen, die komplette Flotte auszutauschen, brauchen wir immer noch vier Jahre dazu." Planungssicherheit vermisst Krautwasser vor allem im Bereich der Ladeinfrastruktur. Die ist ein Mix aus öffentlichen, unternehmenseigenen und privaten Lademöglichkeiten. Doch wenn das Angebot nicht stimmt, fahren die Mitarbeiter "einfach weiter mit dem Verbrennungsmotor."Automobilwoche Talks Business zur Elektrifizierung der Firmenflotten:
Mehr Planungssicherheit, weniger Reichweitenangst
Sind die Tage des Diesel als Dienstwagen tatsächlich gezählt und was ist aus Sicht von Anbietern und Kunden entscheidend, damit der Umstieg auf alternative Flotten gelingt?
Sorgen bereiten dem SAP-Flottenchef auch die "Wiedervermarktungswerte nach vier Jahren aufgrund des Innovationsschubs". Denn ältere E-Fahrzeuge haben oft geringere Reichweiten. Das sieht man vor allem bei den Plug-in-Hybriden. "Da stellt sich dann schon die Frage: Soll ich mir so ein Fahrzeug zulegen?" Momentan seien die Preise zwar erfreulich stabil, trotzdem bleibe eine gewisse Unsicherheit im Markt. Krautwasser: "Das sollten wir nicht wegdiskutieren."
Wegen der Restwerte von E-Fahrzeugen habe es noch vor wenigen Jahren eine "Riesenangst im Handel und auch Unsicherheit beim Hersteller" gegeben, sagt Volker Borkowski von der VW-Handelsgruppe Mahag. "Wer die ersten gebrauchten E-Fahrzeuge auf den Hof bekommt, ist natürlich extrem unsicher, ob der Preis stimmt."Dies habe sich aber durch das Wachstum im Segment auf mittlerweile 800.000 BEVs und Hybride und durch die Gebrauchtwagenbörsen geändert. "Die Börsen helfen dem Handel zu einem validen Preisvergleich. Deshalb hat sich die Restwert-Thematik gar nicht so dramatisch entwickelt wie zu Anfang vom Handel befürchtet."
Eines der Haupthemmnisse der E-Mobilität aus Nutzersicht ist die Reichweitenangst. Insbesondere Erfahrungen mit Plug-in-Hybriden könnten den Menschen diese Reichweitenangst nehmen, sagt Borkowski. Das kann Arval-Expertin Schmidt bestätigen, die selbst einen Plug-in-Hybrid fährt. "Es war auch meine Sorge. Reichen die Kilometer überhaupt aus? Heute würde ich sofort auf ein reines E-Fahrzeug umsteigen." Was die Kosten der E-Mobilität angeht, ist Mahag-Geschäftsführer Borkowski eher pessimistisch: Da man sich einer frühen Phase der Technologie befinde, seien beispielsweise TCO-Betrachtungen schwierig. "Wie sich die Strompreise an den Ladesäulen verändern, ist wesentlich schlimmer als beim Benzinpreis an der Tankstelle. Wir wechseln jetzt die Ölmultis gegen die Strommultis aus. Und die drehen an der Preisschraube".Alternative Mobilität in Unternehmensflotten ist aber nicht auf den Wechsel vom Verbrenner zum Stromer beschränkt. Eine weitere Alternative sind Mobilitätsbudgets, die für unterschiedliche Verkehrsmittel eingesetzt werden können. Dabei bleiben Dienstwagen erhalten – aber eben nur als eine von vielen Optionen.
Solche Modelle bieten sich vor allem in großen Städten an. "Da ist das absolut eine Alternative, da sagen viele junge Menschen, ich brauche kein Auto, das ist nur Ballast", sagt Borkowski. In ländlichen Regionen würden sich solche Konzepte weniger schnell durchsetzen, "das sieht man auch beim Carsharing".
Dass die Tage des Diesel als Dienstwagen gezählt sind, gilt als sicher. "Das Ende ist schon eingeläutet", sagt SAP-Flottenchef Krautwasser. "Wir sehen das an der Zahl der Bestellungen. Der Diesel geht seit Jahren kontinuierlich in unserem Bestand in der Flotte zurück. Mittlerweile sind 50 Prozent der Fahrzeuge elektrisch."Auch VW-Händler Borkowski sieht "beim Diesel den fade out kommen, aber er wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen." Eine konkrete Prognose wagt Arval-Beraterin Schmidt. "Wann kommt die Ablösung des Diesel? Für mich am liebsten so schnell als möglich. Realistisch glaube ich aber, dass es zwischen 2030 und 2035 ausschleichend passiert."