Turin/ Detroit. Fiat-Chrysler hat einen verhaltenen Start in die neue gemeinsame Zukunft hingelegt. Der Jahresabschluss des italo-amerikanischen Autoherstellers enttäuschte die internationalen Anleger. Um so wichtiger ist für Fiat- und Chrysler-Chef Sergio Marchionne die Schaffung eines integrierten Konzerns. "Heute ist einer der wichtigsten Tage in meiner Karriere bei Fiat und Chrysler", so Marchionne. Fiat hat am 21. Januar die restlichen Anteile von Chrysler übernommen. Der neue Konzern soll Fiat Chrysler Automobiles (FCA) heißen und seinen rechtlichen Firmensitz in den Niederlanden haben. Die Aktien des Unternehmens sollen in New York und Mailand gehandelt werden. Aus Steuergründen dürfte FCA einen Sitz in Großbritannien haben werden. Zur konkreten strategischen Ausrichtung will sich Marchionne im Mai äußern, wenn er einen neuen Fünf-Jahresplan vorlegt. "Die Herausforderungen werden nicht weniger werden", betonte er in einer Telefonkonferenz.
Fiat ist nach der Insolvenz von Chrysler im April 2009 eingestiegen und hat die Anteile schrittweise erhöht. Mit der Übernahme der restlichen 41,5 Prozent vom US-Gesundheitsfonds VEBA kann Marchionne beide Unternehmen fusionieren und die vollen Synergien heben. Gleichzeit hat er nun den unbegrenzten Zugriff auf die rund zwölf Milliarden Dollar Cash-Reserven von Chrysler. Der US-Hersteller war in den letzten Jahren die Stütze von Fiat. Gemeinsam wiesen die beiden Unternehmen einen Nettogewinn von 1,95 Milliarden Euro aus - ohne Chrysler hätte Fiat einen Verlust von 441 Millionen Euro erzielt.
Der Jahresabschluss sorgte bei Analysten und Investoren für Enttäuschung und ließ die Aktie zeitweise um bis zu sechs Prozent abstürzen. Die Dividende wurde gestrichen, der operative Gewinn von Fiat-Chrysler fiel mit knapp 3,3 Milliarden Euro geringer aus als erwartet - ebenso wie die Gewinnprognose für das laufende Jahr: Statt der erhofften 4,2 Milliarden Euro stellte Marchionne nur einen operativen Gewinn zwischen 3,6 und 4,0 Milliarden Euro in Aussicht. Vor allem das am Boden liegende Europa-Geschäft wird sich erst 2015 wieder deutlich erholen. "Das Jahr 2014 wird ein Übergangsjahr", so der Manager.
Mittel- bis langfristig will Marchionne einen Großteil des Produktportfolios vom Massenmarkt in höhermargige Segmente führen: "Der europäische Volumenmarkt ist überversorgt und hat keine Zukunft." Er sei mehr denn je, von seiner Strategie überzeugt. Mit Blick auf die Premium-Marken Alfa Romeo und Maserati plädiert der Manager für einen Neustart ohne Rücksicht auf die Historie. Es gehe darum gemeinsame Architekturen und Komponenten zu definieren. Außerdem will Marchionne die Marke Lancia, die noch vor wenigen Jahren mit der US-Brand Chrysler verschmolzen wurde, auf den Heimatmarkt Italien beschränken, wo der Marktanteil immer noch relativ hoch ist. Eine wichtige Rolle spielt auch die Modellfamilie um den Fiat 500, der international stärker vermarktet werden soll.
Ursprünglich folgte der Einstieg von Fiat bei Chrysler der Logik von Marchionne, dass für einen Autohersteller im Massengeschäft ein Absatzvolumen von sechs Millionen Einheiten jährlich überlebenswichtig sei. Diese Schwelle sollte Fiat-Chrysler 2014 überschreiten. Die ambitionierten Pläne wurden bereits mehrfach korrigiert. Dennoch ist er sicher: "Heute können wir sagen, dass wir es mit einem Mix aus Erfahrung und Know-how geschafft haben, ein solides Fundament für einen globalen Autobauer zu schaffen, der auf einem Niveau mit unseren besten Wettbewerbern steht". Auch John Elkann, Präsident des Fiat-Verwaltungsrates ist zuversichtlich: "Mit der Schaffung von Fiat Chrysler Automobiles beginnt ein neues Kapitel unserer Geschichte."