Kia will Händler-Ärger überwinden und 2025 wieder wachsen

Kia will hoch hinaus. Seit Jahren schon arbeitet die Marke zielstrebig an ihrer Elektrifizierung und Höherpositionierung – mit ambitionierten Absatzzielen. "Mit unserer innovativen Produktpalette sind wir in Deutschland perspektivisch in der Lage, 100.000 Autos zu verkaufen", sagt Thomas Djuren, Geschäftsführer von Kia Deutschland im Gespräch mit der Automobilwoche.

Das wäre ein Plus von 34 Prozent zu den knapp 75.000 Einheiten im Jahr 2023. Doch auf dem Weg dahin muss der Importeur zunächst noch durch ein Tal.

Denn statt dem noch im April erhofften Zulassungsplus auf 84.000 Einheiten wartet in diesem Jahr ein kleines Minus. "Ich gehe davon aus, dass wir 2024 bei den Neuzulassungen knapp unter Vorjahr landen werden", bekennt Djuren.

Das hat mehrere Gründe. Einer ist der lang geplante strategische Umbruch im Händlernetz, den Kia zum 1. Mai mit dem Inkrafttreten neuer Händlerverträge vollzogen hat – beinahe jeder vierte Händler scheidet aus.

Gab es Ende 2023 noch 270 Vertragshändler, prognostiziert Kia für Ende 2024 nur noch 204. Die Zahl der Standorte beziffert Kia aktuell mit 330, zu Jahresbeginn waren es noch 390. "Die Konsolidierung unseres Händlernetzes macht sich natürlich auch bei den Auftragseingängen bemerkbar", sagt Djuren.

Doch der Schritt sei unausweichlich gewesen: Etliche bestehende Marktgebiete hätten für die Partner darin zu wenig Absatzpotential geboten, in anderen wiederum seien die Partner nicht mehr bereit gewesen, in eine erforderliche Modernisierung des Standorts zu investieren. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, wem ein neuer Händlervertrag angeboten wird", betont Djuren.

Nun klaffen vorübergehend Lücken im Kia-Netz. Neben sinkenden Auftragseingängen hat das auch Folgen für die Kundenzufriedenheit.

Denn die Kunden der ausgeschiedenen Kia-Händler verteilen sich nun auf die übrig gebliebenen Partner – die Folge sind zum Teil ausufernde Wartezeiten auf Werkstatttermine. Händler berichten von bis zu drei Monaten.

Gerade für Kunden mit jüngeren Fahrzeugen ist das mitunter ein Problem: Für Kias Sieben-Jahre-Garantie auf Neuwagen müssen die Autos regelmäßige Inspektionsintervalle einhalten. Andernfalls erlischt die Garantie.

"In einigen Gegenden Deutschlands haben wir aktuell ein Problem bei den Wartezeiten im Service", bestätigt Djuren. Man arbeite intensiv an einer Lösung und suche schnellstmöglich nach Partnern in den betroffenen Gebieten. Gleichwohl habe man "noch ein paar herausfordernde Wochen" vor sich.

Allein in diesem Jahr noch will Kia 30 seiner Open Points besetzen – darunter auch etliche mit großen Händlern. Das ist insofern ein Novum, als dass das Kia-Netz bisher vorwiegend von kleineren Familienbetrieben geprägt war. "Unter unseren neuen Partnern und Bewerbern sind viele große Autohausgruppen", sagt Djuren. Darunter seien einige BMW- und Mercedes-Partner.

Für sie ist Kia eine ideale Ergänzung: Kia kannibalisiert nicht die Kernmarken hilft, das Risiko im Markenportfolio zu streuen und bietet neben einer modernen Fahrzeugpalette eine im Branchenschnitt sehr gute Rendite. Schon zu Jahresbeginn etwa nahm die Kunzmann-Gruppe (Mercedes) Kia in ihr Portfolio auf.

Der Vorteil der großen Händler für Kia: Diese besetzen gleich mehrere Open Points auf einmal, es gibt weniger Ansprechpartner und infolge der Unternehmensgröße mehr Finanzkraft und damit Skalierungsmöglichkeiten für den weiteren Hochlauf der Marke.

Parallel zu den Problemen mit den Lücken im Händlernetz schwelt zudem weiter der Rechtsstreit mit dem Kia-Händlerverband. Dieser hatte gegen einige Klauseln des neuen Händlervertrags geklagt und in erster Instanz zum Teil Recht bekommen.

Nun liegt der Fall bei der Berufungsinstanz, dem Oberlandesgericht Frankfurt. "Wenn zwei Parteien unterschiedlicher Meinung sind, braucht es eine neutrale Instanz, um den Sachverhalt objektiv zu bewerten. Unabhängig davon stehen wir aber ohnehin in permanentem Austausch mit unseren Händlern und dem Händlerverband", sagt Djuren.

Doch die Umbrüche im Handel sind nicht die einzige Herausforderung für den Absatz in diesem Jahr. Auch die abgestürzte Nachfrage nach E-Autos macht der gerade bei E-Autos stark aufgestellten Marke unverschuldet zu schaffen. Aktuell stehe Kia bei einem BEV-Anteil von 16 Prozent, so Djuren. Im Vorjahreszeitraum seien es noch 30 Prozent gewesen. Stabilisierend wirke aktuell, dass sich im gewerblichen Bereich im Zuge der Elektrifizierung viele Unternehmen für koreanische Hersteller geöffnet hätten.

Kurzfristigen Absatzschub soll nun zudem ein Fokus auf Verbrenner bringen, bevor Anfang 2025 neue verschärfte CO2-Flottengrenzwerte in Kraft treten. "Wir sprechen gerade mit unserer Zentrale darüber, für dieses Jahr noch zusätzliche Verbrennerkapazitäten zu bekommen, da wir hier aktuell eine verstärkte Nachfrage verzeichnen", bestätigt der Kia-Chef.

Viele der Zulassungen 2024 sind zudem mit Eigenzulassungen erkauft. Im Juli etwa ging laut KBA fast jede dritte Neuzulassung auf das Konto von Händlern – der Branchenschnitt liegt bei 15 Prozent. Das soll sich ändern. "Wir werden mit Verkaufshilfen und Absatzförderung unterstützen, Auftragseingänge bei Neufahrzeugen weiter zu animieren", verspricht Djuren.

Ab 2025 soll es dann wieder spürbar aufwärtsgehen. "Wir haben 2025 eine Produktoffensive und rechnen deshalb damit, dass unser Absatz deutlich anzieht", sagt Djuren. Wachstum sollen vor allem E-Modelle in den unteren Segmenten bringen. Geplant sind unter anderem die BEV EV4 und EV5 sowie schon ab November 2024 der EV3.

Darüber hinaus plant Kia ab 2025 den rein elektrischen Einstieg in den Nutzfahrzeugbereich. "Wir arbeiten gerade an einem Nutzfahrzeug-Händlervertrag", so Djuren. Den allerdings werde zum Start nicht jeder bestehende Händler erhalten, dazu sei das Marktpotential trotz "ambitionierter Ziele" zu gering – noch.