Die Folgen des Händler-Exodus bei Kia

Das Kia-Vertriebsnetz in Deutschland kommt nicht zur Ruhe. Dreh- und Angelpunkt sind die neuen Händlerverträge, die Anfang Mai in Kraft getreten sind. Nach wie vor streiten sich Händlerverband und Kia vor Gericht über etliche Klauseln, etwa zum Direktvertrieb.

Doch ein ganz erheblicher Teil der bisherigen Kia-Partner erhielt erst gar keinen neuen Vertrag – oder wollte von sich aus keinen mehr. Weitgehend unbemerkt von einer breiten Öffentlichkeit hat sich daher das Kia-Händlernetz in den vergangenen Monaten drastisch ausgedünnt.

Gab es Ende 2023 noch 270 Kia-Vertragshändler, prognostiziert Kia für Ende 2024 auf Anfrage nur noch 204 – damit scheidet binnen eines Jahres beinahe jeder vierte Handelspartner aus. 2022 gab es sogar noch 295 Vertriebspartner. Mit den Händlern sind auch zahlreiche Vertriebsstandorte von der Landkarte verschwunden.

Zu Jahresbeginn waren noch rund 390 Kia-Autohäuser aktiv, werden es zum Jahresende nur noch 318 sein – ein Großteil ist mit Ende des Händlervertrags zum 30. April schon jetzt aus dem Netz.

Die Kunden der ehemaligen Kia-Händler verteilen sich nun auf die verbleibenden Vertriebs- und Service-Partner. "Tagtäglich erhalten wir Anfragen von Kunden, die ihren Händler verloren haben, Reparaturen oder Inspektionen durchzuführen", berichtet ein Kia-Partner, der anonym bleiben will.

Er und seine verbleibenden Markenkollegen waren aber gerade im Service schon vorher gut ausgelastet – die durchschnittliche Werkstattauslastung im Kfz-Gewerbe lag 2023 bei 87 Prozent.

Die Folge: Wer einen Termin will, braucht Geduld. "Wartezeiten bis zu drei Monaten bis zur Instandsetzung der Kundenfahrzeuge sind inzwischen Standard geworden", berichtet der Händler.

Gerade für Kunden mit jüngeren Fahrzeugen ist das ein großes Problem. Denn für Kias Sieben-Jahre-Garantie auf Neuwagen müssen die Autos regelmäßig zur Inspektion in die Vertragswerkstatt, so der Händler. Würden die Inspektionsintervalle nicht zeitnah eingehalten, erlösche die Garantie.

Die Kunden müssen aber nicht nur lang warten, sondern auch weit fahren: Teilweise bis zu 60 Kilometer, so der Händler. Dass das nicht übertrieben ist, belegt ein Blick in die Händlerkarte auf der Kia-Website. Dort tun sich mancherorts klaffende Lücken auf. Zwischen Neckarsulm und Würzburg etwa ist kein einziger Kia-Partner gelistet.

Für die Beziehung zu den Kunden ist all das fatal: "Die Kundenzufriedenheit der Kia Kunden wird von Tag zu Tag schlechter", sagt der Händler. Das belegt auch ein Blick in einschlägige Online-Foren.

Dort häufen sich aktuell Beschwerden von Kunden, die plötzlich deutlich weitere Distanzen zur nächsten Vertragswerkstatt haben. Auf der Plattform "EV6-Forum" etwa berichtet ein User: "Mein Kia-Händler hat mir am 2. April 2024 beim Wechsel von Winter- auf Sommerreifen mitgeteilt, dass er zum 30. April 2024 aufhört und ich einen anderen Kia-Händler für Wartungs- und Garantiearbeiten suchen müsste. Der nächste Kia Händler ist ca. 50 km weit weg."

Das gleiche Problem hat auch ein User auf der Plattform "Sportage-Driver". Sein Fazit: "Was treibt Kia da? Soll das verkaufsfördernd sein? Meiner ist nicht mehr in der Garantie, ich werde jetzt zum Freien gehen, aber der XCeed meiner Frau muss noch eine Weile zur Kia-Werkstatt. Für mich und uns waren das definitiv die letzten Kia-Käufe."

Kia selbst ist das Problem durchaus bewusst. "Aktuell gibt es vor allem in Metropolregionen Open Points, bei denen wir in erfolgversprechenden Gesprächen mit potenziellen Kia-Händlern sind", so ein Sprecher.

Der Importeur habe Standorte aus dem Händlernetz genommen, die sich in Gebieten befunden hätten, in denen nicht genügend Potenzial für einen nachhaltigen Business-Case gegeben war oder die doppelt besetzt gewesen seien.

Doch so mancher Händler hat auch von sich aus den Hut genommen und den neuen Händlervertrag abgelehnt. Der Grund: Etlichen waren die anstehenden Investitionen in eine neue CI viel zu hoch.

Damit sich Kia mit der neuen CI und dem neuen Händlervertrag für Händler mit einem Standalone-Standort rechne, müsse man pro Jahr mehrere hundert Einheiten verkaufen, schätzte ein großer Kia-Händler schon vor einigen Monaten im vertraulichen Gespräch.

Vor allem kleine Händler würden daher aussteigen. Dem pflichtet der andere Händler bei: Normalerweise dünne der Hersteller das Netz aus, diesmal sei es mitunter umgekehrt.