Von Einigkeit keine Spur

Nachdem es erst den Anschein hatte, als habe sich Kia mit seinen Händlern schnell und geräuschlos auf neue Händlerverträge geeinigt, stellt sich die Lage mittlerweile ganz anders dar: Offenbar wollte Kia seine Händler mit den neuen Verträgen überrumpeln. Das jedenfalls legen eine aktuelle Pressmitteilung des Kia-Händlerverbands sowie Recherchen der Automobilwoche nahe.

Unter anderem tritt der Händlerverband der Darstellung von Kia Deutschland entschieden entgegen, dass es im Vorfeld der Vertragskündigung eine Übereinkunft mit dem Verband gegeben habe. "Von abgesprochen kann keine Rede sein. Bisher haben zwischen dem Verband und Kia Deutschland lediglich zwei Gespräche dazu stattgefunden in denen uns die zukünftige Strategie und bereits ein fertiger Vertrag präsentiert worden sind", so Marcus Weller Geschäftsführer des Verbandes.

Diese Gespräche fanden im September 2021 sowie im April 2022 statt. Bei ersterem Gespräch stellte Kia bereits einen Vertrag vor. Daraufhin erarbeitete der Verband mit Hilfe des Verbandsanwaltes Prof. Tim Vogels Anmerkungen. Im zweiten Gespräch wurde dann ein überarbeiteter Vertrag vorgelegt, in dem ein kleiner Teil der Einwände berücksichtigt wurde. So wurde etwa die Grundmarge anders als ursprünglich geplant Teil der Verträge. Echte Verhandlungen seien das aber nicht gewesen, meint Vogels: "Ich habe schon viele Vertragsverhandlungen miterlebt. Das waren keine." Händlerverbandschef Holger Blochwitz erklärte: "Grundsätzlich haben wir Verständnis, dass aufgrund der Veränderungen im Markt auch Anpassungen in der Beziehung zwischen Handel und Importeur erforderlich sind. Kein Verständnis hingegen besteht in der Vorgehensweise betreffend der Gespräche zu den Inhalten des Vertrages. Wir und die Partner werden vor vollendete Tatsachen gestellt."

Denn wesentliche andere Forderungen des Verbands blieben im zweiten Entwurf unberücksichtigt und es fanden auch keine weiteren Verhandlungen darüber statt. Zu den offen Forderungen zählen beispielsweise die Aufnahme von Regelungen zu Functions on Demand, Service on Demand und Updates Over the Air in den Händlervertrag. Die Händler befürchten, dass ohne entsprechende Vereinbarungen Kia das Geschäft ohne finanzielle Beteiligung der Händler umsetzt. Auch die Möglichkeit, dass Kia laut den neuen Verträgen am Handel vorbei einen Direktvertrieb einführen könnte, ist aus Sicht der Händlervertreter ein No-Go. Bei letzterem wäre der Handel nur insofern beteiligt, als dass er Anspruch auf Entschädigung hätte, wenn er nachweisen kann, dass ihm durch den Kia-Direktvertrieb ein Schaden entsteht.

Pikant an dem Vorgehen: Damit die Händlervertreter den ersten Vertragsentwurf im September 2021 überhaupt zu sehen bekamen, mussten sie eine umfassende Schweigeerklärung unterschreiben. "Der Verband durfte seine Mitglieder nicht über die Verträge informieren, bis Kia seinerseits die Kündigung der Verträge bekannt gegeben hat", sagt Vogels. Der Verband durfte seine Mitglieder nicht einmal über das Stattfinden der Gespräche in Kenntnis setzen. In Erwartung konstruktiver Verhandlungen und aus Mangel an Alternativen unterschrieben die Händlervertreter die Schweigeerklärung. Echte Verhandlungen fanden aber nicht statt – die Händlervertreter saßen in der "Falle" und waren gezwungen stillzuhalten.

Das führte dazu, dass Kia-Geschäftsführer Thomas Djuren am 22. April unwidersprochen und dem Vernehmen nach ohne den Verband vorher zu informieren von einer Übereinkunft mit den Händlervertretern sprechen konnte. Als sich der von den geschaffenen Tatsachen überrumpelte Kia-Händlerverband dann am 27. April endlich auf eine Position geeinigt und eine Pressemitteilung versandt hatte, trafen am selben Tag die unterschriftsreifen Verträge bereits bei den Händlern ein. Die erfuhren vielfach erst aus der Presse, dass der Händlerverband keineswegs mit den vorgelegten Verträgen einverstanden war. Dort herrschte bis dahin bei vielen die Annahme, dass es stille, reibungslose Verhandlungen gegeben habe und daher wenig gegen eine Unterschrift spreche.

Wie es nun weitergeht wird spannend: Mitte Mai veranstaltet Kia mehrere Roundtables zu den neuen Händlerverträgen. Im Anschluss hält der Verband eine Info-Veranstaltung für seine Mitglieder ab. Dabei wird Verbandsanwalt Tim Vogels seine Bewertung der Verträge vorstellen und eine Empfehlung abgeben, ob die Händler unterschreiben sollten. Wollen die Händler noch Änderungen erreichen, müssten sie die Verträge auf breiter Front ablehnen, um Kia so an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Kia selbst zeigt sich über die Reaktion der Händler verwundert. „Grundsätzlich sind wir über die Tonalität Stellungnahme des Kia Händlerverbands punktuell überrascht“, sagte Thomas Djuren, Geschäftsführer Kia Deutschland, auf Anfrage der Automobilwoche. „Diese spiegelt auch nicht die gute Atmosphäre wider, in der die Gespräche stattgefunden haben. Im Übrigen wurde uns das auch im Nachgang von den Gesprächsteilnehmern bestätigt.“

Djuren bekräftigte, im Vorfeld intensiv mit den Händlern diskutiert zu haben. Dass es in einigen Punkten unterschiedliche Sichtweisen zwischen Hersteller und Händlervertreter gebe, liege bei solch zukunftsrelevanten und wichtigen Themen in der Natur der Sache.

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