Kia-Händler proben den Aufstand

Der Konflikt zwischen Kia und seinen Händlern über die neuen Händlerverträge gewinnt an Schärfe. Auf einer Informationsveranstaltung des Händlerverbands lehnten bei drei Enthaltungen alle 205 anwesenden Kia-Partner die vom Importeur Ende April vorgelegten neuen Händlerverträge ab. Das teilte der Verband heute mit. Dem Votum vorausgegangen waren Vorträge von Verbandsanwalt Prof. Tim Vogels und Verbandsgeschäftsführer Marcus Weller, in denen sie die Mitglieder über die Vertragsinhalte informierten und eine juristische Bewertung vornahmen. In einer weiteren Abstimmung erteilten die Mitglieder dem Verband zugleich das Mandat, in – so wörtlich – "echte Vertragsgespräche mit Kia Deutschland einzusteigen".

Genau diese hatte es aus Händlersicht bisher nicht gegeben. Zwar gab es im September 2021 und April 2022 unter strengster Geheimhaltung zwei Gesprächsrunden zwischen Kia und Händlerverband. Vor allem beim zweiten Termin wurden die Händlervertreter jedoch vor vollendete Tatsachen gestellt. "Ich habe schon viele Vertragsverhandlungen miterlebt. Das waren keine“, sagte Vogels damals gegenüber der Automobilwoche.

Das Vorgehen und die Verweigerung jeglicher weiteren Verhandlungen sorgten bei den Kia-Händlern in der Folge für massiven Unmut, der sich nun entladen hat. Durch die Verweigerung ihrer Unterschrift, wollen die Händler Kia an den Verhandlungstisch zwingen. "Das einhellige Votum der Partner kann Kia Deutschland nicht ignorieren. Wir haben konkrete Vorschläge, über die wir kurzfristig mit Kia sprechen müssen", sagte der Kia-Händlerverbandsvorsitzende Holger Blochwitz.

Die Händler stören sich laut Verband im Wesentlichen daran, dass sich Kia maximale Flexibilität sichern wolle, darüber aber die Kalkulations- und Planungssicherheit der Partner "massiv negativ" beeinflusse. Zu den  Forderungen der Händler zählen deshalb unter anderem die Aufnahme von Regelungen zu Functions on Demand, Service on Demand und Updates Over the Air in den Händlervertrag. Die Händler befürchten, dass ohne entsprechende Vereinbarungen Kia das Geschäft ohne finanzielle Beteiligung der Händler umsetzt. Auch die Möglichkeit, dass Kia laut den neuen Verträgen am Handel vorbei einen Direktvertrieb einführen könnte, ist aus Sicht der Händlervertreter ein No-Go. Bei letzterem wäre der Handel nur insofern beteiligt, als dass er Anspruch auf Entschädigung hätte, wenn er nachweisen kann, dass ihm durch den Kia-Direktvertrieb ein Schaden entsteht.

Ob und wann Gespräche zwischen Kia und seinen Händlern zustande kommen ist unklar. Auf Nachfrage der Automobilwoche erklärte der Verband lediglich, es gelte jetzt, kurzfristig eine gemeinsame Basis für Gespräche zu finden. Weitere Details zum Vorgehen, zur Veranstaltung und den Verträgen wollte der Verband nicht nennen, um die "anstehenden Gespräche" nicht zu gefährden.

Anfangs hatte es so ausgesehen, als habe sich Kia mit seinen Händlern geräuschlos auf neue Verträge geeinigt. Kia-Geschäftsführer Thomas Djuren gab am 22. April die Kündigung der Händlerverträge bekannt und erklärte dabei, es gebe mit dem Verband bereits eine Übereinkunft zu neuen Verträgen. Fünf Tage später widersprachen die offenbar überrumpelten Händlervertreter vehement. Hintergrund: Diese waren bis zur Bekanntgabe der Vertragskündigung durch den Importeur an eine Schweigeerklärung gebunden und nicht darüber informiert worden, wann Kia die Vertragskündigung bekannt geben wollte.

Das ermöglichte Kia ein Vorpreschen ohne Widerspruch aus dem Handel. Viele Händler erfuhren daher erst aus der Presse, dass der Verband mitnichten mit den neuen Verträgen einverstanden war. Zu diesem Zeitpunkt lagen die unterschriftsreifen Verträge bei vielen Händlern bereits auf dem Schreibtisch. Ob diese wie von Kia gefordert bis zum 30. Juni unterschrieben zurückgesandt werden, ist nun mehr als fraglich.

Weiteres Thema der Veranstaltung war noch ein Vortrag von Vogels zum Umgang mit der Kündigung. Dabei ging es unter anderem um die Themen "Ausgleichsanspruch", "Rückgabe der Vertragsware" und "Abschluss eines neuen Servicevertrages". Hintergrund ist, dass nicht alle Kia-Händler einen neuen Vertrag bekommen haben.

Als Nebeneffekt entpuppt sich der Streit mit Kia Deutschland für den Verband offenbar zusehends als Konjunkturprogramm: Laut Pressemitteilung gibt es einen deutlichen Mitgliederzuwachs. Kia hat in Deutschland insgesamt 295 Vertragshändler.

Aus dem Datencenter:

Marktanteile der Top-15-Marken im April 2022 in Deutschland