Analyse: Wie gut sich ID-Modelle wirklich verkaufen

Rund eine Million E-Autos hat Volkswagen Pkw seit 2020 weltweit verkauft. Das geht aus Daten des Analyse-Hauses Marklines hervor. In einer exklusiv für die Automobilwoche erstellten Analyse lässt sich gut nachvollziehen, wie die Marke VW mit ihren elektrischen ID-Modellen wirklich abschneidet.

So viel vorweg: Die dominante Stellung, die die Marke VW mit den Verbrennern in vielen Märkten einnimmt, ist bei den vollelektrischen Modellen dahin. Betrachtet man jedoch einzelne Regionen und Dynamiken, ergibt sich ein differenziertes Bild.

Dafür blicken wir auf die wichtigen Märkten China, Europa (EU plus Norwegen, Schweiz und Vereinigtes Königreich; ohne Lettland, Litauen, Malta und Zypern) sowie die USA. Betrachtet wird vor allem der Zeitraum 2020 bis Ende 2023.

Vergangenes Jahr wurden in den genannten Märkten rund 370.000 Autos der Modelle ID.3, ID.4, ID.5, ID.6 und erstmals auch ID.7 verkauft. Das entspricht einem E-Auto-Plus der Marke von 20,3 Prozent. Zugleich  wuchs der BEV-Markt in den genannten Regionen 2023 im letzten Jahr etwas stärker als VWs Elektro-Auslieferungen: Insgesamt lag das Markt-Plus bei 23,0 Prozent.

Auf den ersten Blick sieht der Trend also nicht so übel aus für die Marke Volkswagen. 

Der Vergleich mit Marktführer Tesla zeigt jedoch die relative Schwäche der Wolfsburger in der E-Welt. 1,8 Millionen neue Autos lieferten die Amerikaner im vergangenen Jahr aus. Mit den weltweit knapp 394.000 ausgelieferten Elektroauto kommt die Marke Volkswagen Pkw nicht annähernd an diesen Wert heran.

Selbst wenn man alle VW-Konzernmarken zusammenrechnet, von Audi über Porsche bis VW, hat das Unternehmen 2023 etwa 770.000 E-Autos verkauft – und damit knapp weniger als die Hälfte von Tesla. 

Zur Wahrheit gehört aber auch: VW ist zwar nicht so stark wie Tesla, mischt mit seinen ID-Modellen dennoch im Elektroauto-Wettbewerb munter mit. Marke und Konzern platzieren sich weiterhin in den globalen Top Ten der Elektroauto-Verkäufe und lassen damit auch wichtige Wettbewerber hinter sich. So verkaufte beispielsweise Stellantis 2023 über all seine Marken weltweit insgesamt lediglich rund 350.000 Elektroautos.

Zwar konnte die Marke Volkswagen ihre Elektroauto-Auslieferungen 2023 in China um 8,7 Prozent steigern. Allerdings wuchs der chinesische Elektroauto-Markt mit 16,3 Prozent wesentlich schneller, weswegen Volkswagen Pkw Marktanteil einbüßt. Er sank laut den Marklines-Daten von 3,3 Prozent im Jahr 2022 auf nur noch 3,0 Prozent.

Für die in China eigentlich so dominanten Wolfsburger ist dieser Marktanteil, der sich aus 160.000 konzernweit ausgelieferten Elektroautos ergibt, ein verheerender Wert. Zum Vergleich: Der Volkswagen-Konzern verkaufte 2023 rund drei Millionen Verbrenner-Fahrzeuge und rettet somit hauchdünn den Status als größter Autobauer Chinas vor BYD.

Ein wesentlicher Grund für den ausbleibenden VW-Erfolg in China: Die Elektroautos wurden an den Marktbedürfnissen vorbeientwickelt. Das gilt vor allem für Software und Infotainment. Volkswagen will dieses Manko künftig schneller und mit günstigeren und zielgruppengerechteren Fahrzeugen am Markt beheben. 

Volkswagen kämpft in China aber nicht nur mit den Folgen eigener Versäumnisse. Die chinesische Regierung stützt die heimische Autoindustrie mit zahlreichen direkten und indirekten Subventionen. Erst im April zeigte eine Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, in welchem Maße beispielsweise BYD, mittlerweile Marktführer im chinesischen Elektroauto-Segment, von der staatlichen Unterstützung profitiert. 

Mit 173.000 verkauften E-Autos im Jahr 2023 stieg der Absatz von Volkswagen Pkw im Vergleich zum Vorjahr zwar um 23,1 Prozent. Doch weil der Elektromarkt insgesamt um fast 30 Prozent stieg, verlor die Marke BEV-Marktanteile. 8,6 Prozent waren es 2023, nach 9,1 Prozent im Jahr davor 2022 und 10,3 Prozent 2021.

Wie andere Anbieter steht Volkswagen in Europa unter dem Druck neuer Wettbewerber. Zwar agieren die chinesischen Anbieter trotz niedriger Preise dank heimischer Subventionen noch mit überschaubarem Erfolg. Aber sie haben noch Zeit, ihre meist preiswerten E-Autos bekannt zu machen.

Erst im Jahr 2026 soll dagegen der VW ID.2 zu geplanten Preisen ab 25.000 Euro auf den Markt kommen. Und der ID.1 im 20.000-Euro-Segment? Nachdem von Volkswagen nie bestätigte Gespräche mit Renault über den Bau eines solchen Elektroautos geplatzt sind, scheint es ungewiss. Bis der ID.2 kommt, beginnt der Einstieg in die elektrische Volkswagen-Welt in Deutschland bei rund 40.000 Euro Listenpreis für den ID.3.

In den USA steht VW in Sachen E-Mobilität in den Startlöchern.  Mit dem ID.4 haben die Wolfsburger dort bislang ein einziges Elektroauto im Portfolio, vom Band rollt es im US-Werk der Marke in Chattanooga. Dort stoßen sie auf einen äußerst dynamischen Markt für Elektroautos: 2023 lag das Plus bei 47,3 Prozent, im Jahr bei 62,9 Prozent. 2023 durchbrach der US-amerikanische BEV-Markt erstmals die Grenze von einer Million verkauften Neuwagen.

2023 brachte VW Pkw der Marklines-Analyse in den USA rund 38.000 E-Autos auf die Straße. Das waren 84,4 Prozent mehr als im Vorjahr,  womit sich der Segment-Marktanteil von 2,6 Prozent im Jahr 2022 auf 3,2 Prozent erholte (2021: 3,4 Prozent). Insgesamt über alle Antriebsarten hinweg kam die Marke Volkswagen in den USA im letzten Jahr auf lediglich rund 2,1 Prozent Marktanteil, steht im Elektroauto-Segment also überdurchschnittlich gut da.

Grundsätzlich profitierte VW in den USA auch davon, dass der Kauf des ID.4 im Rahmen des Inflation Reduction Acts steuerlich gefördert wird. Beim ID.4 bleibt es in den USA übrigens nicht: Die Langversion des ID.Buzz hat VW noch für dieses Jahr angekündigt, geplant ist mittelfristig zudem der Start der auch in Europa noch brandneuen Elektro-Limousine ID.7. Wann genau die kommt, steht derzeit aber in den Sternen.

Die Lage ist alles andere als rosig bei Volkswagen, wenn es um die E-Mobilität geht. Das Geschäft ist kein Selbstläufer mehr, so wie die Wolfsburger es aus Verbrenner-Zeiten gewöhnt waren. Allerdings sollte manVolkswagen auch nicht abschreiben. Klar ist jedoch: VW wird für seinen Erfolg in Zukunft deutlich härter arbeiten müssen.