Audi-Werk Brüssel: Bänder ruhen – Zeichen stehen auf Konfrontation

Nach vier Wochen Betriebsurlaub in Audis Werk in Brüssel sollte in der vergangenen Woche die Produktion des Q8 e-tron stufenweise wieder anlaufen. Doch die Bänder standen weiter. Auch in dieser Woche wird es keine Fertigung des einstigen Elektro-Flaggschiffs der Ingolstädter im belgischen Werk geben. Die Situation ist festgefahren, die Mitarbeiter sind vorerst für eine weitere Woche freigestellt.

Aktuell stehen sich die Arbeitgeberseite um Audis Brüsseler Werksleiter Volker Germann und die Belegschaft mit Unterstützung der Gewerkschaft ACV Metea unversöhnlich gegenüber. Am vergangenen Donnerstag tagte erneut der Unternehmensrat aus Werksleitung und Arbeitnehmervertretung. Konkrete Ergebnisse drangen nicht nach außen.

Zeitgleich fand eine Kundgebung vor dem Brüsseler Audi-Werk statt, bei dem die Gewerkschaften dem Plan einer ursprünglich geplanten, stufenweisen Wiederaufnahme der Produktion in dieser Woche eine klare Absage erteilten. "Es werden keine Autos aus dem Werk kommen", hieß es dort nach Angaben der belgischen Zeitung Le Soir. Einem möglichen Streik der Belegschaft in dieser Woche kommt Audi mit der Freistellung zuvor.

Am Freitag lud Audi in die Forest-National-Konzerthalle zur Personalversammlung. Auch hier erfuhren etwa 1000 teilnehmende Beschäftigte keine konkreten Lösungen für die derzeitige Lage. Laut des belgischen Senders RTL fand die Veranstaltung in einer  äußerst angespannten Atmosphäre statt. Sogar einzelne Feuerwerkskörper seien gezündet worden.

Erstmals hat sich jetzt auch Audis Produktionsvorstand Gerd Walker wieder zur Krise im Werk Brüssel geäußert. "Wir prüfen alternative Szenarien, darunter unter anderem auch die Übernahme durch Investoren", sagte Walker im Handelsblatt. Bereits vor einigen Wochen gab es Gerüchte um eine Übernahme des Standorts durch einen chinesischen Hersteller.

Für die Beschäftigten in Brüssel ist das bisher keine glaubhafte Perspektive. Mit Unterstützung der Gewerkschaften planen sie für den 16. September eine Großdemonstration zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze und gegen den von Audi eingeschlagenen Kurs mit einer möglichen Schließung des Werkes.

Gibt es keine Lösung innerhalb des Volkswagen-Konzernverbundes, oder durch einen Verkauf des Standortes an einen anderen Hersteller, könnten laut belgischer Gewerkschaften bereits im Oktober diesen Jahres 1500 der derzeit etwa 3000 Arbeitsplätze wegfallen. Anfang 2025 dann noch einmal 1100 weitere Jobs. Audi bestätigt diese Zahlen nicht.

Inzwischen stellen sich nicht nur die Beschäftigten in Brüssel die Frage, ob in Audis kleinstem Werk überhaupt noch einmal Modelle mit den vier Ringen vom Band laufen. Die Nachfrage nach dem Q8 e-tron, dem einzigen Modell des Standorts, ist weiterhin sehr gering.

Mit dem Q6 e-tron, dem ersten Elektro-SUV auf der neuen PPE-Plattform hat Audi ein technologisch deutlich überlegenes Modell als bessere Alternative im Portfolio. Die Nachfolgevariante des Q8 e-tron soll ohnehin in Mexiko und nicht mehr in Brüssel gebaut werden. Der finale Beschluss durch Volkswagens Konzernplanungsrunde steht dafür allerdings noch aus.

Fest steht inzwischen auch: Bis zu einer möglichen Unterstützung durch die belgische Politik wird es jetzt noch länger dauern. Am Donnerstagabend vergangener Woche scheiterten die Regierungsgespräche des rechtskonservativen Kandidaten Bart De Wever, der ein Fünfparteienbündnis schmieden wollte. 

Jetzt ist offen, wer Belgiens Regierung zukünftig anführt und wie die dann entstehende Regierung sich hinsichtlich des Audi-Werks in Brüssel positioniert. Während der Koalitionsgespräche hatte De Wever klar durchblicken lassen, Audi nicht mit finanzieller Unterstützung zu helfen. Zuletzt hatte der kommissarisch amtierende belgische Arbeitsminister Bernard Clerfayt aber an den Gesprächsrunden der Gewerkschaften teilgenommen.

Audi gibt sich unterdessen entschlossen, die Produktion in Brüssel noch einmal hochzufahren. In dieser Woche sollen vorbereitende Maßnahmen ergriffen werden, die Produktionslogistik und notwendiger Wareneingang vorbereitet werden. Ein festes Datum für die Rückkehr der Beschäftigten an die Bänder gibt es aber noch nicht.