Wo gibt es noch Unterschiede?
Wir legen beispielsweise aus historischen Gründen mehr Wert auf die Cash-Generierung. Da müssen wir daran arbeiten. Dann sind es Kleinigkeiten im Alltag. Zum Beispiel wird bei Faurecia sehr viel mündlich geregelt. Bei Hella dagegen gilt, was nicht geschrieben ist, existiert auch nicht. Da müssen wir uns in der Mitte treffen. Hella hat eine weniger ausgeprägte Konfliktkultur, legt mehr Wert auf Konsens. Bei Faurecia wird richtig gekämpft.
Und was ist besser?
Beides hat Vor- und Nachteile. Hella ist etwas langsamer. Aber wenn etwas entschieden ist, dann wird es auch zügig so umgesetzt. Faurecia ist etwas schneller bei den Entscheidungen. Oft muss man hinterher aber noch gegen Widerstände ankämpfen. Wir versuchen nun, in den Teams das Optimum für die Führungskultur aus beiden Seiten herauszuarbeiten.
Wo gibt es Synergien?
Wir beschleunigen das Tempo, um in 2025 400 Millionen Euro jährlich zu erreichen – 100 Millionen mehr als ursprünglich geplant. Je rund die Hälfte entfällt auf Faurecia und Hella. Das schaffen wir auch. Ein Großteil kommt vom Einkauf, weil wir hier nun mehr Größe haben und die Preise vergleichen können. Aber auch die Produktion und die Verwaltung sind beteiligt. Überall gibt es Möglichkeiten.
Ein weiteres Ziel war ein besserer Zugang zum deutschen Markt. Hat das geklappt?
Wir waren traditionell bei Volkswagen stark, weniger bei Premiumherstellern wie Mercedes oder BMW. Da hat Hella hervorragende und sehr vertrauensvolle Beziehungen, die für uns natürlich wertvoll sind. Genauso hat Faurecia Hella geholfen, bei Stellantis oder Renault neue Geschäfte zu gewinnen.
Im Moment stehen die Zeichen überall auf Krise, wo stehen Sie aktuell?
Die Krise ist eine europäische Krise, das darf man nicht vergessen. In China sind die Volumen etwas geringer als geplant, aber immer noch stabil. In den USA gehen Stückzahlen vor der Präsidentschaftswahl immer etwas nach unten, aber das erholt sich wieder. In Europa haben wir das Problem, dass wir von 20 auf 16 Millionen Fahrzeuge zurückgefallen sind. Das kommt nicht mehr zurück. Da ist es notwendig sich anzupassen.
Sie wollen sparen und 10.000 Stellen abbauen.
Wir haben ein Fünfjahresprojekt bis 2028 angekündigt, das gut kalibriert ist und das wir beschleunigen können. Bis Ende 2024 werden wir den Abbau von 2800 Stellen eingeleitet haben, auch wenn einige davon noch nicht realisiert sind.
Bis Ende 2025 soll ein Abbau von 5800 Stellen angekündigt werden. 90 Prozent des Gesamtprojekts sollen bis Ende 2027 abgeschlossen sein. Wir gehen hier möglichst sozialverträglich vor. Wir wollen 2028 Einsparungen in Höhe von 500 Millionen Euro jährlich realisiert haben und so unsere Zielmarge von sieben Prozent schaffen.
Wie verteilt sich der Stellenabbau auf Faurecia und Hella?
Das lässt sich nicht 1:1 runterbrechen. Die Business Groups sind sehr unterschiedlich. Wir gehen hier Standort für Standort durch. Wir schauen, was die Stückzahlen der Hersteller sind und welche unserer Werke diese in der jeweiligen Region beliefern. Danach errechnen wir den Bedarf. Aber es gibt eine gewisse Flexibilität je nach Entwicklung des Marktes.
Was heißt das?
Zum Beispiel haben wir uns überlegt, ein Werk in Ungarn zu schließen. Aber nach der Entscheidung von BYD, in Ungarn eine Produktion anzusiedeln, werden wir den Standort erhalten. Cherys Pläne für Barcelona helfen uns auch. Ich gehe davon aus, dass 2030 die Chinesen eine Millionen Autos in Europa bauen.
Aber alle Standorte bleiben nicht erhalten, oder?
Nein, wir werden Werke schließen müssen, vor allem kleinere. Wo genau, dazu kann ich mich nicht äußern. In Frankreich beispielsweise haben wir schon sehr viele Werke geschlossen. Ich kann aber sagen, dass wir in Deutschland aus heutiger Sicht keine Pläne haben, ein Werk zu schließen.
Mit ihren Produkten sind Sie vom Antrieb weitgehend unabhängig. Macht es das einfacher?
Wir machen noch 14 Prozent unseres Geschäfts mit dem Verbrenner. Dazu zählen beispielsweise Katalysatoren und andere Systeme zur Reduzierung von Emissionen. Das wird in den nächsten Jahren auf zehn Prozent zurückgehen. Trotzdem ist das eine Cash-Cow, weil praktisch nichts mehr investiert werden muss. Auf der anderen Seite haben wir zum Beispiel mit unseren Brennstoffzellen-Systeme oder im Elektronik-Bereich von Hella auch viele Technologien, die die Trends der Zukunft adressieren.
Wo sehen Sie noch Wachstumsfelder?
Das ist sicher die Elektronik, wo wir vier Domänen besetzen wie Energie-Management, Sensoren und Aktuatoren, automatisiertes Fahren, Karosserie-Elektronik und Cockpit-Elektronik. In Verbindung mit der Software wird das Geschäft zunehmen. Dann haben wir bei den Sitzen und Flächen immer mehr Inhalte. Funktionen wie Licht und Sound kommen hinzu. Die Scheinwerfer und Rückleuchten werden immer komplexer mit digitalen Lichtsignaturen. Aber wie sehen auch regional noch neue Chancen.
Wo wird das sein?
In Japan beispielsweise wachsen wir mit Suzuki, in Indien mit Tata und Mahindra. Mit den chinesischen OEMs wie BYD wachsen wir weltweit, auch in Südostasien oder Südamerika. Wenn diese expandieren, dann setzen sie in der Regel auf die gewohnten Lieferanten. In Europa heißt es, die Marktanteile zu behaupten und mehr Inhalte in die Fahrzeuge zu bringen. Wir haben den Vorteil, dass wir in China sehr erfolgreich sind und diese Modelle auf Europa übertragen können.
Wie geht das?
Wir müssen uns überlegen, was die chinesischen OEMs machen würden. Diese werden in China entwickeln und ihre Anlagen in China kaufen. Das bringt einen gewissen Vorteil. Auch bei der Software sind sie gut, haben zum Teil günstigere Lösungen. Löhne und Energie wird dagegen für sie in Europa auch teurer. Wir als Europäer haben den großen Vorteil, dass wir mehr auf Klimafreundlichkeit achten, zum Beispiel bei den verwendeten Materialen.
Reicht das?
Wenn der Kuchen gleich groß bleibt, aber die Zahl der Gäste am Tisch größer wird, muss man reagieren. Die Stückzahlen werden geringer pro Hersteller. Zudem wird das Fahrzeug tendenziell mehr zu einem Konsumgut, näher an der Unterhaltungsindustrie. Also müssen wir viel stärker in Plattformen und Modulen denken, um effizienter zu sein. Auch die Entwicklungszeiten lassen sich damit verkürzen. Wenn ein Projekt 18 statt bisher 36 Monate dauert, spart das Geld.
Wo wird Forvia 2030 stehen?
Wir werden auf jeden Fall wachsen und wollen über 30 Milliarden Umsatz erreichen. Heute sind es rund 27 Milliarden Euro. Wir sind weltweit der siebtgrößte Zulieferer, in China unter den Top fünf. Diese Position wollen wir halten oder ausbauen, wobei das meiste Wachstum in Asien stattfinden wird.