Rüstungsgeschäft: Wie sich Autozulieferer in Stellung bringen

Die Rüstungsindustrie profitiert von der angespannten politischen Sicherheitslage. Der Kurs der Rheinmetall-Aktie hat sich binnen sechs Monaten nahezu verdreifacht, das operative Ergebnis stieg um 61 Prozent.

Ein Boom, von dem auch die Autohersteller- und zulieferer profitieren wollen. Erste Anlaufstelle für viele ist der BDSV – der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Der Verein hat Anfang April zur "Wehrtechnischen Ausstellung" geladen. Ziel des Treffens: vernetzen und Kunden gewinnen.

54 neue Mitglieder zählt der Verband seit Anfang des Jahres – vom Infrastrukturanbieter für mobile Krankenhäuser bis zum Optikspezialisten. Vergleicht man die aktuelle Mitgliederliste mit der von vor ein paar Jahren, tauchen auch einige neue Namen aus der Autobranche auf.

Darunter sind bekannte Größen, etwa aus dem Nutzfahrzeugbereich, wie Goldhofer oder Schmitz Cargobull, Sonderfahrzeugbauer wie Binz und auf die Automobilbranche spezialisierte Beratungsunternemen wie Capgemini oder AlixPartners.

Aber auch klassische Zulieferer wie der der Stahl- und Alukomponenten-Hersteller Hirschvogel, der Entwicklungsdienstleister IAV oder die Fertigungs-Experten der Berger-Gruppe sind inzwischen dabei.

Sie eint das Interesse, ein Stück vom Verteidigungs-Kuchen abzubekommen. Der Bedarf ist hoch, die Bundeswehr habe "von allem zu wenig", so der Verband. Noch allerdings fließen die Milliarden nicht, die zukünftige Bundesregierung muss erst einen Haushalt auf die Beine stellen, bevor die Bundeswehr bestellen kann.

Die Vorbereitungen innerhalb der Branche laufen bereits auf Hochtouren. Teilnehmer des Branchentreffs berichten exemplarisch von Aufträgen in Millionenhöhe, die schnellstmöglich aus China wieder zurück nach Deutschland geholt werden sollen.

Andere erzählen davon, dass vor allem die großen Systemhäuser gerade auf Shoppingtour seien. Rheinmetall etwa, die bereits konkrete Pläne für das VW-Werk in Osnabrück haben sollen, hat ebendort jüngst einen Nitrocellulose-Hersteller übernommen. Diehl wiederum soll sich nach Liegenschaften mit Sprengstofflizenzen umsehen.

Auch das Bundesverteidigungsministerium hat sich das Angebot bei der BDSV-Schau genau angesehen. Dem Vernehmen nach waren mehrere hochrangige Vertreter des BMVG vor Ort.

Zudem erhofft sich die Branche Aufträge aus dem Ausland. So haben die rund 100 Aussteller der wehrtechnischen Schau ihr Angebot nicht nur einer indischen Delegation präsentiert.

Dabei waren auch mehrere Dutzend hochrangiger Militärs, die nun ihren Dienst als Attachés in über dreißig Ländern antreten werden und dort für die deutsche Rüstungsindustrie werben sollen.

Bei aller Euphorie: Dass die Rüstungsindustrie sämtliche Probleme der Autobranche löst, darf man nicht erwarten. Dass Rheinmetall ein Werk wie Osnabrück mit gepanzerten Lkw-Fahrerkabinen auslasten kann, ist in Anbetracht möglicher globaler Aufträge denkbar.

Man dürfe sich aber nicht der Illusion hingeben, mit Sicherheits- und Verteidigungstechnik ganze Fabriken füllen zu können, die bisher Produkte für den Verbrennungsmotor hergestellt hätten, mahnte Mahle-CEO Arnd Franz jüngst auf der Bilanz-Pressekonferenz: "Das wird nicht passieren."

Aber auch der Stuttgarter Zulieferer ist bereits im Defense-Geschäft tätig. "Wir beliefern eine ganze Reihe von Unternehmen, im Wesentlichen mit Thermomanagementlösungen. Das heißt, Kühlen und Heizen für mobile Anwendungen im Militär- und Sicherheitsbereich. Und wir liefern Motorenteile", so Franz.

Die Bestellungen lägen aber in einer anderen Größenordnung als die Millionen-Stückzahlen, die man aus dem Automobilgeschäft gewohnt sei.