Warum die deutschen Zulieferer in China Probleme bekommen

China ist für viele Zulieferer nach wie vor ein attraktiver Markt. Auch in jüngster Zeit lassen deutsche Unternehmen mit Aufträgen von sich hören. So stattet ZF Friedrichshafen im Bereich Lenkung das Elektro-Flaggschiff ET9 des chinesischen Herstellers Nio mit einer Steer-by-Wire-Lenkung aus, die ohne mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Vorderrädern auskommt.

Der Zulieferer verweist bei dem prestigeträchtigen Auftrag darauf, dass der ET9 das erste Serienauto in China mit Steer-by-Wire-Technologie ist, das eine entsprechende staatliche Zulassung für die Massenproduktion erhalten hat. Insgesamt rechnet sich ZF in China mit Produkten rund um das digital vernetzte Fahrwerk die besten Chancen aus. Dazu zählen zunehmend auch die By-Wire-Technologien.

Der Zulieferer ist in der Region Asien-Pazifik mit 45 Produktionsstandorten vertreten. 2024 setzte das Unternehmen dort rund 9,5 Milliarden Euro um. Der Anteil am Gesamtkonzernerlös von 41,4 Milliarden Euro lag bei 22,9 Prozent. Ein Minus von 1,3 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Der Rückgang darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Region für ZF wichtig bleibt. 2024 entfielen 23 Prozent der Investitionen auf Asien-Pazifik. 2023 lag dieser Wert noch bei 18 Prozent.

Einen Auftrag aus China gab es auch für Mahle. Anfang April hatte der Zulieferer einen Auftrag im Bereich Elektrifizierung im Reich der Mitte gewonnen. 2028 startet das Unternehmen am Standort in Changshu die Produktion von Gleichstromwandlern. Das Auftragsvolumen beträgt 200 Millionen Euro.

Ein Gleichstromwandler, auch DC/DC-Converter genannt, wandelt die Spannung der Hochvolt-Batterie von 800 Volt in ein niedriges Spannungsniveau von zwölf Volt um. Damit werden alle 12-Volt-Geräte versorgt, die nicht mit einer Batteriespannung von 800 Volt betrieben werden können. Dazu zählen Kameras, Multimediasysteme oder elektrische Pumpen.

Des Weiteren hat Schaeffler im Februar mit der Produktion von Kugelgewindetrieben (KGT) im chinesischen Xiangtan begonnen. Das KGT setzt die Drehbewegung einer Spindel oder einer Mutter in eine Linearbewegung um. Eingesetzt wird das KGT vom allem in Bremssystemen wie Bremskraftverstärkern für E-Fahrzeuge, elektrische Parkbremsen, elektromechanischen Bremsen oder in Lenkungssystemen.

KGTs werden laut Schaeffler eine wichtige Rolle im Fahrwerk von künftigen Fahrzeugen einnehmen, insbesondere beim Einsatz in Hybrid- und E-Modellen sowie in Verbindung mit Technologien zum autonomen Fahren. Schaeffler will in diesem Jahr die ersten KGTs für Serienfahrzeuge chinesischer Autohersteller fertigen.

Insgesamt setzt sich in der Zuliefererbranche verstärkt die Einschätzung durch, dass die in Europa oder in den USA entwickelten Konzepte nicht mehr unbedingt die richtigen sind.

Da die chinesischen Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Autohersteller in China weniger produzieren als in der Vergangenheit, konzentriert sich beispielsweise Webasto wesentlich stärker auf seine chinesischen Kunden. Ende 2024 kam der Auftragseingang des Herstellers von Dach- sowie Batterie- und Heizsystemen rund zur Hälfte von rein chinesischen Unternehmen.

Der ehemalige Vorstandschef Holger Engelmann hält es für wichtig, sich nicht aus dem chinesischen Markt zu verabschieden. China bleibe auch weiter der weltweit wichtigste Markt für Pkw. Wer sich auf diesem Markt zurückziehe und sich nicht dem Wettbewerb vor Ort stelle, werden auch in anderen Regionen nicht mehr erfolgreich sein, warnte er auf der diesjährigen Automobilwoche Konferenz.

Doch die traditionellen Unternehmen müssen trotz aller Erfolge auf der Hut sein. In einer Untersuchung der Unternehmensberatung Berylls by Alix Partners "Quo Vadis China 2025" verweisen die Autoren darauf, dass ausländischen Zulieferern in China harte Zeiten bevorstehen.

Zum einen müssten internationale Fahrzeughersteller ihre Zuliefererbasis dringend lokalisieren. Zum anderen setze der Vorstoß chinesischer Zulieferer in alle Komponentenbereiche die etablierten Unternehmen unter Druck, nachdem sie bereits die Teilsektoren Batterien, intelligente Cockpits und AD/ADAS dominieren.

Um in China wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten die internationalen Zulieferer eine strenge Kostenkontrolle beibehalten, ihre Investitionen in Innovationen erhöhen und stärker lokalisieren.

Manche Unternehmen verlagern ihre Produktion gleich ganz nach China. Beispielsweise PWG, ein thüringischer Zulieferer von Führungsschienen für Panoramadächer, Anfang des Jahres bekannt gegeben, seine Produkte künftig bei einem Schwesterbetrieb in China herstellen zu lassen. Bis Ende des Jahres soll die Produktion komplett nach Asien verlagert werden.