Audi will 2018 auf 60 Modelle kommen

Berlin. Die VW-Tochter Audi erweitert ihr Produktions- und Beschaffungsnetz in allen Erdteilen, besonders in China sowie in Nord- und Südamerika. „Daher motivieren wir unsere Lieferanten, uns um die Welt zu folgen und an unseren internationalen Standorten ebenfalls Werke aufzubauen“, sagte Einkaufsvorstand Bernd Martens auf dem Automobilwoche-Kongress in Berlin.

Das globale Wachstum sei eine Herausforderung, da parallel auch die Qualität gesichert werden müsse. Audi bietet derzeit mehr als 50 Modelle an. „Bis Ende diesen Jahres verkaufen wir gut viermal so viele Autos wie noch vor 25 Jahren“, so Martens. Diese werden aktuell in elf Werken in neun Ländern gebaut. In diesem Jahr fertigt Audi erstmals mehr Fahrzeuge im Ausland als im Inland. Martens kündigte an, die gesamte Produktpalette bis 2018/19 zu erneuern und auf 60 Modelle aufzustocken. „Zusätzlich werden wir in zwei weiteren Ländern produzieren: Ab 2015 in Brasilien und ab 2016 in Mexiko.“

Audi investiert in das neue Werk in Mexiko rund eine Milliarde Euro, dort sollen ab 2016 jährlich 150.000 SUVs Q5 vom Band laufen. Zum Produktionsstart will der Einkaufschef mindestens 65 Prozent der Wertschöpfung für den Q5 in der NAFTA-Region tätigen. „Diese Hürde müssen wir laut Handelsabkommen nehmen, damit wir aus Mexiko zollfrei in alle Welt exportieren können.“ Audi will sich so auch besser gegen Währungsschwankungen absichern und die Logistikkosten reduzieren.

Mittelfristig soll der Anteil an Komponenten aus lokaler Wertschöpfung auf 90 Prozent gesteigert werden. „Rund 90 Prozent an Teileumfängen haben wir für den Q5 bereits in Auftrag gegeben. Mehr als 160 Lieferanten sind bereits an Bord“, berichtet Martens. Von den bereits beauftragten Umfängen stammten mehr als drei Viertel aus Nordamerika und 20 Prozent aus Europa. In dem neuen Lieferantenpark würden sich sieben Zulieferer aus dem NAFTA-Raum ansiedeln. „Rund 30 Lieferanten setzen mit uns Fuß auf mexikanisches Terrain und werden für unser Audi Q5-Projekt eine Fertigung vor Ort aufbauen“, so Martens. „Wir werden zum Produktionsstart einen Local Content von 69 Prozent schaffen. Damit liegen wir bereits jetzt über unserer Zielsetzung.“ Auch ein Großteil der benötigten Rohmaterialien für die Lieferanten soll vor Ort bezogen werden.

Martens erwartet von den Lieferanten „einen Global Footprint. Wer vorne mit dabei sein will, zieht mit uns um die Welt.“ Er wählt für Baukasten-Umfänge Partner aus, die an allen Standorten Tiefenlokalisierung betreiben. „Dabei handelt es sich um Gleichteile, die in mehreren Modellen zum Einsatz kommen. Das ergibt höchstmögliche Skaleneffekte.“

Der Einkaufschef kündigte an, künftig früher in den Dialog mit Top-Lieferanten treten zu wollen. „Wir werden ihnen sogar einen Blick hinter unsere Kulissen gewähren. Sprich: sie in unsere Investitions- und Produktpläne einweihen.“ Er hält einen frühzeitigen und offenen Austausch für wichtig, um die Planungen besser miteinander abzugleichen.

Audi suche international nach Partnern, die den gleichen Wert auf Hochwertigkeit legten. „Das Projekt Mexiko hat uns dabei vor eine besondere Herausforderung gestellt. Man darf eines nicht vergessen: Wir haben als erster Premiumhersteller den mexikanischen Markt für uns entdeckt. Wir sind dort Premium-Pionier“, so Martens. Zwar sei das lokale Lieferantennetzwerk in Mexiko groß, doch viele der Zulieferer hätten noch nie einen Premiumhersteller beliefert. „Es ist daher eine Mammut-Aufgabe, unsere Lieferanten zu Premium-Lieferanten zu entwickeln.“ Zusätzlich zur gängigen Basisschulung wurden acht weitere Schulungs-Bausteine entwickelt. „Insgesamt qualifizieren wir für unser Mexiko-Projekt 155 Lieferanten. Der Startschuss dazu fiel schon Anfang 2013. Die letzten Schulungen enden vor Produktionsstart.“

Wichtige Themen für die Beschaffung seien auch die Felder Digitalisierung und alternative Antriebe. „Noch in diesem Jahrzehnt bringen wir das pilotierte Fahren bis 60 km/h in Serie - schneller als Sie denken.“ Ende 2014 liefert Audi die ersten Hybridmodelle A3 e-tron aus. „Weiter geht es mit dem Q7 als Plug-in-Hybrid. Es folgen der Audi A6 e-tron für China und der Audi A8 e-tron“, so Martens. „Wir bringen in Zukunft ein neues e-tron-Modell jährlich. Ein reines batterieelektrisches Auto werden wir bauen, wenn die Batterietechnik soweit ist, dass der Gesamtnutzen für unsere Kunden stimmt. Den Anfang macht hier der R8 e-tron.“

Der Anteil der Wertschöpfung bei den Zulieferern steige seit 40 Jahren kontinuierlich. „Unsere Aufgabe als Audi-Beschaffung ist es, neue Bausteine für Assistenzsysteme, Sensorik und Software zu suchen. Und neue Batterietechnologien, Leistungselektronik und vieles mehr auf dem Radar zu haben. Das heißt, wir kaufen zum Teil sogar Technologien ein, bevor sie überhaupt existieren. Technologien, die erst entwickelt werden müssen.“ Der Einkauf sei gefordert, geeignete Partner zu identifizieren, teils aus neuen Branchen. „Deshalb bilden wir interdisziplinäre Teams mit Porsche und Volkswagen. Strategen und Entscheider beraten, wie wir im Produktprozess noch mehr Innovationen schaffen und beschaffen können“, berichtet der Einkaufsvorstand.

Die Beschaffer seien in 26 Ländern aktiv. „So können unsere Trendscouts weltweit die Märkte scannen und innovative Start-ups vor Ort aufspüren. Entdecken wir ein kleines Start-up-Unternehmen mit einer spannenden Idee, so vernetzen wir dieses mit einem größeren Partner, der die Idee bis zur Serienreife weiterentwickeln und industrialisieren kann.“

Martens will, dass Audi in den Augen der Zulieferer als bevorzugter Kunde gilt. „Damit öffnen wir unsere Türen für neue Ideen. Ideen, die heute noch bei Lieferanten schlummern, und morgen als Innovationen in unseren Audi-Modellen landen sollen.“ Der Hersteller hat vor kurzem ein Programm gestartet, das strategisch wichtige Lieferanten an das Konzernnetzwerk bindet. So sollen möglichst frühzeitig neue Entwicklungspartnerschaften angestoßen werden.