Wie BMW sich gegen Patent-Trolle wehrt

Sie hausen nicht im Wald, haben keine riesige Nase und sie ziehen keine grässlichen Fratzen. Und dennoch lebt die Automobilindustrie in großer Furcht vor ihnen: Sogenannte „Patent-Trolle“ kaufen gezielt Patente für Automobiltechnik auf, um dann von Unternehmen, die diese Patente nutzen, plötzlich hohe Lizenzgebühren zu verlangen. Sogenannte NPEs (steht für Non-Practicing Entity) entwickeln mit Patenten keine Produkte. Sie bestehen nur, um Lizenzgebühren einzutreiben. 

2019 verklagte die NPE Paice LLC den BMW-Konzern für die Verletzung in ihrem Besitz befindlicher Patente bei Funktionalitäten des unter anderem im Dreier und Fünfer eingesetzten Hybridsystems. Die Firma argumentierte, die Idee der entsprechenden Funktionalität stamme eigentlich von ihr. Paice witterte so ein Geschäft mit Lizenzen. Bereits 2015 hatte die NPE wegen einer Patentrechtsverletzung 29 Millionen Dollar vom südkoreanischen Hyundai-Konzern erstritten. Das Problem ist in der Branche bekannt, hat sich aber in den vergangenen Jahren vor allem auf dem US-Markt noch einmal verschärft. 

Premiumhersteller BMW entschied sich nach der Klage durch Paice für einen anderen Kurs. Statt zu zahlen, stürzten sich die Münchner in einen langwierigen Rechtsstreit – und siegten in diesem Jahr vor dem US District Court of Maryland. Andere europäische Hersteller zahlten.

Reinhold Diener, als Leiter Gewerblicher Rechtsschutz im BMW-Konzern verantwortlich für Patente, Marken und Lizenzen, sagt im Gespräch mit der Automobilwoche: „Wenn unsere sorgfältige Analyse ergibt, dass die BMW Group die Patente nicht verletzt oder diese nicht rechtsbeständig sind, setzen wir uns konsequent gegen die Klagevorwürfe zur Wehr, um zu verhindern, dass unserem Unter- nehmen durch eine teure und unnötige Lizenznahme ein hoher wirtschaftlicher Schaden entsteht. Wir stellen dieses Geschäftsmodell infrage und wehren uns mit allen Rechtsmitteln gegen diese Klagen.“

Die BMW-Strategie besteht dabei aus drei Wegen: Bereits ein Drittel der Klagen räumt der Premiumhersteller auf formalem Wege ab. Sind juristische Formalitäten nicht oder nur teilweise erfüllt, nutzen die Anwälte diese formalen Fehler, um die Klagen abschmettern zu lassen. Sind die Patentklagen formell zulässig, taucht die „Troll-Abwehr“ von BMW tief in die Konzernentwicklung ein, spricht mit Ingenieuren und suchen nach Details, die nachweisen, dass die genutzte Technik kein Patent des Klägers verletzt. Parallel wird nach sogenanntem „Stand der Technik“ gefahndet, der beweist, dass die Klagepatente nicht rechtsbeständig sind, weil die geschützte Erfindung schon vor der Anmeldung bekannt war. Nur ein Drittel der Fälle geht vor Gericht. Das dauert länger, als Lizenzen zu zahlen, ist laut BMW aber nachhaltiger. 

Diener: „Kurzfristig mögen die Kosten, die der BMW Group durch ihre konsequente Verteidigungsstrategie entstehen, eventuell höher sein als schnelle Settlements. Aber wir denken langfristig.“ Vor allem, weil das Geschäft für „Patent-Trolle“ in den USA nach Erwartungen von BMW eher noch zunehmen wird. Doch „Troll-Verteidiger“ Diener stellt klar: „Wenn man die BMW Group unberechtigt verklagt, wird es unangenehm.“ 

Aus dem Datencenter:

Wer liefert was für den BMW Fünfer (2023)?