Hintergründe und Informationen zum Markteintritt chinesischer Hersteller in Deutschland

Christoph Baeuchle

In den nächsten Monaten kommen viele chinesische Hersteller nach Deutschland. Das bietet Chancen und Risiken. Daten sind die Grundlage für die richtige Entscheidung.

Donnerstag, 2. November 2023, 13.12 Uhr

Foto: BYD

BYD will mit Vertriebspartnern in Deutschland durchstarten.

Nur wenige Wochen bevor der chinesische Elektroautohersteller Weltmeister (WM Motors) in Insolvenz ging, suchte er in Deutschland noch nach Händlern. „Die Ansätze waren noch in einem frühen Stadium“, berichtet ein Händler, der sich mit den Vertretern getroffen hat. Das Vorgestellte sei sehr vage gewesen. Nichts, um einen Vertrag zu unterzeichnen.

Den Sprung nach Europa hat Weltmeister zu spät geplant. Doch wie der insolvente Autobauer suchen viele chinesische Hersteller den Weg nach Europa. In den nächsten Monaten kommen zahlreiche chinesische Hersteller mit noch mehr Marken.

Markteintritt chinesischer Hersteller in Deutschland und Europa

"Chinesische Hersteller bilden für jedes Segment eine neue Marke", sagt China-Experte Jochen Siebert, Inhaber von JSC Automotive. Doch genau das könnte sich als Problem erweisen. Denn "um eine neue Marke zu etablieren, braucht es Jahrzehnte."

Der ruinöse Preiskampf im Heimatmarkt plus Wirtschafts- und Finanzkrise treibt die chinesischen Hersteller nach Übersee. Ihnen bleibt oft keine Alternative, wollen sie überleben. Und selbst dann ist es oft mehr als fraglich.

Kennzahlen zum chinesischen Automobilmarkt

Das Gros der Fabrikate könnte bald wieder verschwinden. Damit rechnet Siebert: "In drei bis fünf Jahren hat sich der Markt gelichtet. Ich gehe nicht davon aus, dass mehr als zwei bis vier chinesische Hersteller sich in Deutschland und Europa etablieren können."

Die richtigen Partner zu finden, ist nun für Händler, Zulieferer und Auftragsfertiger die Herausforderung. Nur einer von zehn neuen Marktteilnehmern habe das Potenzial, erfolgreich zu sein, sagte jüngst Uwe Geissinger, President Magna Europe. "Wir prüfen die finanzielle Leistungsfähigkeit jedes neuen Produktionspartners genau."

Chinesische Hersteller in Deutschland

Das ist auch nötig. Denn für einige Hersteller könnte es schon bald eng werden. Siebert geht zwar davon aus, dass weitere chinesische Hersteller ihren Markteintritt in Europa ankündigen, "aber vielen geht in nächster Zeit das Geld aus."

Partner im Vertrieb chinesischer Marken in Deutschland

Einige chinesische Hersteller haben den Sprung nach Europa bereits geschafft. Doch bislang ist ihre Zahl noch überschaubar. Die wenigsten verkaufen nennenswerte Stückzahlen: MG ist laut Kraftfahrtbundesamt mit knapp 15.000 Neuzulassungen in den ersten drei Quartalen der absolute Spitzenreiter. Polestar (5.500), BYD (2.900) und Lynk&Co (2.200) folgen mit Abstand. Nio (900) und vor allem Aiways (46) sind quasi nicht präsent.

Kennzahlen zum Vertrieb chinesischer Marken in Deutschland

Das hat viele Ursachen – einige liegen an den Herstellern, andere an den Verbrauchern. Viele Autokäufer begegnen den neuen Marken mit einer gewissen Skepsis. Die Erinnerungen an früheren Versuchen von Landwind und Brilliance sind zum Teil noch präsent. Mit ihren neuen Produkten müssen die chinesischen Hersteller auch gegen Ressentiments bei Verbrauchern ankämpfen.

Umfrage zum Kauf eines Autos von chinesischen Herstellern

Vertriebsstrategien chinesischer Hersteller

Doch auch bei ihren Vertriebsstrategien sind viele chinesische Hersteller noch in der Findungsphase. Einige setzen auf Direktvertrieb über eigene Standorte (Beispiel Nio), andere holen sich die Unterstützung von Vertriebspartnern hinzu, die als Agenten die Fahrzeuge vermitteln (Beispiel MG).

Die Vertriebsstrategien chinesischer Hersteller in Deutschland

Etliche chinesische Hersteller holen sich von Hilfe vor Ort und arbeiten eng mit einem europäischen Importeur zusammen (Beispiel: BYD). Aber es gibt auch Importeure wie Indimo, die bereits seit Jahren Fahrzeuge chinesische Hersteller erfolgreich nach Deutschland bringen (Beispiel BAIC).

Händler für chinesische Marken offen

"Mit jeder chinesischen Marke, die in Deutschland auf den Markt kommt, läuft es für uns besser", sagt Indimo-Vertriebschef André Maar. Bis Jahresende will der Importeur 7000 bis 8000 Fahrzeuge verkaufen.