Mercedes schleißt die Reihen im AMG-Portfolio: Nachdem der erste GT bereits vor zwei Jahren ausgelaufen ist, um so den Weg frei zu machen für den neuen SL, feiern die Schwaben nun endlich auch das Comeback ihres ambitionierten Coupés – und zwar dort, wo solche Autos ganz frei von allen Klimasorgen und elektrischer Etikette gebührend gewürdigt werden: Bei der Monterey Car Week im Umfeld von Pebble Beach.
Dort hat die schnelle Truppe aus Affalterbach das Tuch von einem Auto gezogen, das mit dem Vorgänger zwar noch den Namen und die Silhouette gemein hat, sonst aber in jeder Hinsicht neue Wege geht: Denn weil er mehr denn je ein Sportwagen für alle Tage sein soll und weil er sich die Architektur mit dem neuen SL teilen muss, geht der GT spürbar aus dem Leim und wird zum 2+2-Sitzer: Fast 20 Zentimeter mehr Länge und sieben Zentimeter mehr Radstand schaffen im Fond Platz für zwei Sitzschalen, die zumindest auf der Kurzstrecke auch für mehr taugen sollen als Haustiere und Kleinkinder. Wer trotzdem lieber zu zweit unterwegs ist, der freut sich zwar am neuen SL-Cockpit mit dem Tragflächendesign und dem eigenwillig vor der Mittelkonsole stehenden Tablet für das MB-UX-System, lässt aber hinten das Leder lieber weg und bekommt dort stattdessen eine zusätzliche Gepäck-Ablage. Die ist allerdings im GT weniger nötig denn je: Schließlich gibt’s diesmal eine große Heckklappe und darunter solide 250 Liter Stauraum. Und selbst für den Baumarkt ist dieser Benz zu gebrauchen, weil sich die Sitzbank im Fond obendrein umklappen lässt und dann auch lange Latten laden lassen. Nur für den Fall, dass man den Fangzaun entlang der Rennstrecke selbst aufbauen muss.
Denn nur weil er spürbar praktischer werden will, macht der AMG GT bei der Performance keine Abstriche. Ja, die Transaxle-Bauweise ist wegen des neuen Fonds Vergangenheit. Aber dafür gibt es Allradantrieb und Hinterachslenkung und ein semi-aktives Fahrwerk, das für den Nürburgring genauso taugen soll wie für die Fahrt zum Kindergarten.
Sportlicher Bruder des SL
In der zweiten Auflage wird der AMG GT zum Muscle Car mit Mehrwert.
Und vor allem verschont AMG die Kundschaft – zumindest fürs Erste – noch vor jedweder Elektrifizierung und verkneift sich auch den Performance-Hybrid. Sondern treibende Kraft ist zum Start der famose 4,0-Liter-V8 im GT 63, der auf solide 585 PS und 800 Nm kommt und dem Porsche-Gegner standesgemäße Sprints ermöglicht: Von 0 auf 100 km/h beschleunigt er deshalb in 3,2 Sekunden und Schluss ist bei Vollgas erst mit 315 km/h. Wer bei Schätzpreisen jenseits von 200.000 Euro Schnappatmung bekommt, den trösten die Schwaben mit einem GT 55, der mit 476 PS und 700 Nm noch immer genügend Dampf haben sollte, die Kreditlinie aber nicht ganz so stark strapazieren dürfte.
Zwar bietet der GT mit dem neuen Maßkonzept mehr Freiheiten denn je, ohne dass er bei der Fahrdynamik Abstriche machen dürfte. Doch in einer Dimension führt die neue Freiheit zu einer dramatischen Einschränkung: nach oben. Denn mit Rücksicht auf den ebenfalls wieder viersitzigen und technisch eng verwandten SL wird es den GT diesmal nicht mehr als Roadster geben.
Aus dem Datencenter: