Hamburg. Opel-Chef Karl-Thomas Neumann hat seinen Mitarbeitern in einem persönlichen Weihnachtsbrief für ihren Einsatz gedankt und sie dabei zu weiteren Anstrengungen beim geplanten Turnaround der deutschen GM-Volumenmarke aufgerufen. Das vom Opel-Stammsitz in Rüsselsheim jüngst ausgesandte Schreiben liegt Automobilwoche vor.
"Opel hat seine Verluste deutlich verringert und zum ersten Mal in 15 Jahren wieder seinen Marktanteil in Europa stabilisiert!", schreibt der Topmanager in der Einleitung. "Die öffentliche Wahrnehmung unserer Marke hat sich drastisch verbessert". Im zweiten Absatz greift der frühere Lenker des Autozulieferers Continental und Ex-China-Statthalter des VW-Konzerns zu einem bemerkenswerten Superlativ: "Wir sind alle Teil des größten Turnarounds in der europäischen Automobilgeschichte, wie es unser Aufsichtsratsvorsitzender Steve Girsky schon vor eineinhalb Jahren formuliert hat, und haben gemeinsam den ersten Abschnitt des Weges geschafft".Opel-Chef fordert "Kreativität und Tempo"
Zwecks Veranschaulichung dieser Botschaft zum Fest wählt die von Vertrauten gern konzis mit "KTN" benannte Führungskraft kraftvolle Sprachbilder aus dem Ausdauersport: "Übertragen auf einen Marathon sind dies die ersten zehn Kilometer", teilt der begeisterte Hobby-Langstreckenabsolvent mit. "Doch alle Marathonläufer wissen: Die darauf folgenden Kilometer zehn bis zwanzig sind hart, sehr hart. Da kann man zwar auf dem erfolgreich zurückgelegten ersten Stück aufbauen, aber man muss seinem Körper noch einmal viel abverlangen, um die Gesamtdistanz zu schaffen".
Unmittelbar nach dieser Passage kommt Neumann geschickt auf die in Rüsselsheim anstehende Agenda zurück: "Genau so geht es uns hier bei Opel. Wir können zufrieden auf den ersten Teil der Strecke zurückblicken, weil wir alle viel geleistet haben". Dann wird der Markenvormann ernst: "Die härtesten Kilometer liegen aber noch vor uns. Um im Jahr 2016 wieder Geld zu verdienen, müssen wir sehr hart und konzentriert arbeiten", fügt er in seinem Weihnachtsschreiben an.Mit Blick auf die nahe und mittelfristige Zukunft appelliert der Opel-Vorstandsvorsitzende daher nicht minder forsch an die komplette Belegschaft: "Jeder muss seine Aufgaben so erfüllen, als sei Opel das eigene Unternehmen, jeder sein Budget so kalkulieren, als sei es das eigene Geld. Denn wir brauchen Unternehmergeist, Angriffslust, Kreativität und Tempo". Recht konkret fordert Neumann überdies: "Und vor allem brauchen wir mehr Verantwortungsbereitschaft und Kritikfähigkeit in den eigenen Reihen!" Dann wählt "KTN" wieder wohlig-wärmende Worte: "Ich weiß, dass wir das schaffen werden, und ich freue mich darauf, auch die nächsten Kilometer mit Ihnen gemeinsam zurückzulegen". Es folgt der gebotene Jahresendgruß (" ... wünsche ich Ihnen und Ihren Familien eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!"; Anm. d. Red.) – und zwar "im Namen des gesamten Vorstandes".
Auch an das passende Geschenk zum nahenden Weihnachtsfest hat der seit März dieses Jahres amtierende Opel-Chef gedacht. Seinem Brief beigefügt ist eine bunte Broschüre mit der selbstbewussten Überschrift "Opel is back!". Die Unterzeile lautet: "Zwei Jahre harte Arbeit – der Weg von einer Vision zu neuer Stärke" und weist unmissverständlich auf die inhaltliche Mischung aus Retrospektive und Ausblick hin. Das Cover zieren Fotos der Pkw-Studie Opel Monza Concept mit ihren spektakulär aufschwingenden Flügeltüren.In seinem Vorwort betont Neumann die Schlüsselelemente seiner Turnaround-Strategie: "Der Weg ist mit dem Zehnjahresplan Drive! 2022 klar vorgezeichnet: Die Kosten müssen runter, der Absatz muss steigen", ruft der Opel-Vorstandschef hier in Erinnerung. "Um wieder zu wachsen, werden wir unsere Marke emotional aufladen". Als Beispiele nennt er "Motorsport bei Rallye und Rundstrecke" sowie das Engagement der Rüsselsheimer als Sponsor im "Spitzenfußball".
Doch noch bedeutsamer sind handfeste Pläne rund um Fahrzeuge und Maschinen der Zukunft: "Neue Emotionen weckt natürlich auch unsere große Modelloffensive: 23 neue Opel/Vauxhall von 2012 bis 2016, darunter Traumwagen wie der Cascada. In solch lukrativen Nischen wollen wir weiter wachsen", schreibt Neumann – und kündigt in aller Offenheit an: "Ganz wesentlich für unseren Erfolg sind auch die 13 neuen Motoren, mit denen wir allein in den kommenden drei Jahren 80 Prozent unserer Triebwerke erneuern und somit einen Schwachpunkt beseitigen". Mithin gelangt Neumann zu einem erfreulichen Fazit: "All das zeigt: Wir haben das Vertrauen und die Rückendeckung unserer Muttergesellschaft General Motors". Bei diesem Gedanken legt der Opel-Chef in seinem Prolog für die Leser des Booklets sogar ausdrücklich nach: "Ich kann Ihnen versichern: Die Zusammenarbeit zwischen Detroit und Rüsselsheim war nie enger und besser als heute".