VDA schraubt Prognose für 2022 drastisch zurück

Es ist ein Jammer: Die Auftragsbücher sind prall gefüllt, doch die Autobranche in Deutschland und Europa muss dennoch ihre Wachstumsziele für 2022 massiv zurückschrauben. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) verkündete am Montag für Deutschland nur noch ein leichtes Plus, für Europa Stagnation und für China sogar einen Rückgang des Neuwagenabsatzes.

Die Gründe für die Rückschläge auf nahezu allen Märkten liegen laut VDA auf der Hand: Es sind der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die erheblichen Logistik-Probleme, die unverändert ernsten Mangelsituationen bei Halbleitern und Rohstoffen, die Preissteigerungen bei der Strom-, Gas- und Spritversorgung und inzwischen auch die Zinswende in den USA in Verbindung mit der steigenden Inflation mit steigenden Finanzierungskosten für die Verbraucher.

Diese Gemengelage ist alles andere als förderlich für die Anschaffung von kostspieligen Gütern wie Fahrzeuge.

Für den deutschen Markt reduziert der VDA daher seine Prognose von plus fünf Prozent auf nur noch plus drei Prozent, was rund 2,7 Millionen Neuwagen im laufenden Jahr entsprechen würde. "Die Auftragslage ist weiter sehr gut, der Auftragsbestand in Deutschland befindet sich gar auf einem Allzeithoch", erklärt der Verband dazu.

In Europa (EU27, EFTA, UK) erwartet der VDA angesichts der Lieferschwierigkeiten für das laufenden Jahr eine Stagnation des Marktes bei 11,8 Millionen Pkw. Bislang hatte er noch ein Plus von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet.

In China prognostiziert der Verband für das Gesamtjahr einen Rückgang von zwei Prozent auf 20,7 Millionen Pkw. Bislang hatte er einen Zuwachs von zwei Prozent erwartet.

Weltweit schließlich rechnet der VDA für das laufenden Jahr mit einem Volumen von 70,2 Millionen Einheiten, ein Minus von einem Prozent. Bislang wurde noch ein leichtes Wachstum von einem Prozent erwartet. Das Marktvolumen des Vor-Corona-Jahres 2019 dürfte mit den neuen Werten um 13 Prozent unterschritten werden, das Volumen des Rekordjahres 2017 sogar um 17 Prozent.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller fordert die Politik auf, angesichts dieser massiv eingetrübten Gesamtaussichten mit Schwung an überfällige Reformen zu gehen. "Es geht jetzt um die Zukunft des Industriestandorts Europa", erklärte sie. "Deutschland und Europa brauchen eine aktive Rohstoffaußenpolitik und mehr Energiepartnerschaften. Wir müssen unsere Abhängigkeiten reduzieren und dabei auf Diversifikation setzen."

Es sei allerdings völlig falsch, wegen der aktuellen Lage auf ein Ende der globalen Arbeitsteilung hinzuarbeiten: "Manch einer stimmt bereits den Abgesang auf die Globalisierung an. Dabei zeigt gerade der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, dass Deutschland und die EU ihre Zusammenarbeit mit anderen Ländern intensivieren müssen. Es müssten endlich stockende Handelsabkommen umgesetzt werden.

Die deutliche Konjunkturabschwächung lässt für Müller nur einen Schluss zu: "Deutschland braucht endlich eine ambitionierte Standortpolitik: eine Senkung der Energiekosten, ein international wettbewerbsfähiges Steuer- und Abgabensystem, weniger Bürokratie, schnellere und effektivere Planungs- und Genehmigungsprozesse (...)."

Aus dem Datencenter:

Absatz verschiedener Marken in Deutschland bis Mai 2022