Volvo auf Automessen? Nej tack!

Göteborg. Automessen gelten immer noch als die Kathedralen der Automobilpräsentation. Dort werden seit dem Beginn des automobilen Zeitalters die Neuheiten präsentiert, in Szene gesetzt und mit den neuesten Marketingbegriffen beladen.

Volvo will sich von diesem Korsett befreien und hat im Frühjahr 2014 angekündigt, pro Kontinent nur noch eine große Messe zu beschicken. In Europa wird dies Genf sein, nicht jedoch mehr die IAA in Frankfurt oder die Mondial de l'Automobile in Paris. Gestrichen wurden auch Brüssel und Amsterdam. In Nordamerika wird Volvo künftig nur noch bei der Detroit Motor Show präsent sein, in Asien werden die Schweden wechselweise nur noch die beiden chinesischen Messen in Peking und Schanghai besuchen.

Den radikalen Entschluss dazu fasste Vertriebs- und Marketingchef Alain Visser. Im Gespräch mit der Automobilwoche erklärt er seine Motive und den Weg, wie er Volvo künftig auch ohne IAA im Gespräch halten will. "Das automobile Marketing ist ein extrem konservatives Marketing. Alle machen ein wenig Motorsport, alle gehen auf die großen Messen, alle machen TV-Werbung und Sport-Sponsoring", beschreibt Visser die Entwicklung.

Diesen Weg wolle Volvo als kleiner internationaler Premiumhersteller nicht mehr weitergehen. "Ein bisschen das Gleiche tun wie alle anderen, aber mit weniger Geld, das kann für Volvo nicht die Lösung sein", so Visser. "Bei den großen Messen haben wir Millionen ausgegeben, nur um allen zu zeigen, dass wir kleiner sind als Mercedes, BMW und Audi. Das ist keine clevere Strategie."

Volvo wolle durch neue Wege mit seinen potentiellen Kunden in Kontakt kommen und auf sich aufmerksam machen. Um Lieferanten und Journalisten zu sprechen, benötige man ebenfalls nicht die sehr teuren Messestände. "Unserer Meinung nach hat unser neuer Ansatz einen weit besseren Return on Investment als die bisherige Marketingstrategie", zeigt sich Visser im Reinen mit sich und seiner Entscheidung.

Weniger umständliche und teure Messen, statt dessen jede Menge Versuche, direkt an den Endkunden heranzukommen - so lässt sich das Konzept der Schweden beschreiben. So bekam Deutschlandchef Thomas Bauch nach der Absage der IAA die Erlaubnis und das Budget, um das neue mobile Ausstellungskonzept "Volvo Forum" zu entwickeln. Es wurde vor wenigen Tagen auf der Urlauberinsel Sylt gestartet. "Ich sehe dafür im Vertrieb in Deutschland tolle Chancen", lobt Visser die Entwicklung der Deutschen. Wenn sich das Konzept bewähre, werde es sicher auch in anderen Ländern eingeführt.

Doch bei mobilen Ausstellungen soll es nicht bleiben. Auch beim Sport-Sponsoring ist Volvo weitgehend auf die Bremse getreten, nur noch das traditionelle und seit Jahrzehnten etablierte Volvo-Ocean-Race wird global weiter unterstützt. Visser setzt statt dessen massiver denn je auf die digitalen Kanäle: "Wir haben mit der nur online bestellbaren First Edition des XC90 eine unerwartet großen Erfolg eingefahren, alle 1927 Fahrzeuge waren binnen 47 Stunden Stunden ausverkauft." Den Vertriebskanal eCommerce will Visser deshalb ausbauen. "Aber immer nur gemeinsam mit dem stationären Handel", betont er.

Mehr Geld steht nun auch für die digitalen Marketing-Aktivitäten zur Verfügung. "Wir probieren viel aus und scheuen uns nicht, auch mal einen Misserfolg zu haben. Nur so kommt man voran", schildert Visser seine Einstellung zu innovativen Marketing-Konzepten. "Wir haben noch viele tolle Ideen, lassen Sie sich überraschen", beendet er das Gespräch mit der Automobilwoche. Da sind wir doch gespannt!