Berlin. Volvo hat die Trennung von Ford vor drei Jahren nicht nur gut verkraftet, sondern zu einer grundlegenden Neuausrichtung genutzt. Die Herausforderung und Verantwortung unter dem neuen Eigentümer Geely habe Volvo letztlich gut getan und zu einer Welle der Kreativität geführt, sagte Volvo-Vorstandschef Hakan Samuelsson am Freitag beim Kongress der Automobilwoche in Berlin.
"Wir haben den Verbund mit Ford verloren, alle unsere Skaleneffekte mussten wir neu erfinden und es gibt auch keine Zentrale mehr, wo wir Geld anfordern können, wenn etwas fehlt," sagte Samuelsson. "Und das ist sehr gut für ein Unternehmen, bin ich überzeugt."Volvo habe unter dem Zwang, sich neu erfinden zu müssen, eine Welle der Erneuerung angestoßen, die zu mehr Absatz, zu höheren Erträgen und zu vielen Innovationen führe. An erster Stelle der Neuerungen steht die neue Plattform SPA (scalable product architecture), auf der künftig alle größeren Modelle der Baureihen 60, 70, 80 und 90 stehen werden. Das erste Modell auf dieser Basis wird im kommenden Jahr der neue große SUV XC 90 sein.Drastisch verkleinert hat Volvo auch die zu Ford-Zeiten angesammelte Motorenvielfalt. Statt acht verschiedener Motoren mit acht verschiedenen Einbaumethoden für die größeren Modellen wird Volvo in naher Zukunft nur noch zwei Motoren haben - jeweils ein Diesel- und ein Benzinmotor mit jeweils nur vier Zylindern. Die Stärke und Auslegung wird dabei aber deutlich differieren, die stärksten Fahrzeugvarianten werden künftig als Hybride mit einem zusätzlichen Elektro-Antrieb verfügbar sein, womit diese Modelle zugleich zu Allradfahrzeugen werden. Verfügbar würden dann Motoren mit bis zu 400 PS und 600 Nm Drehmoment sein, sagte Samuelsson.Automobilwoche Kongress
Volvo-Chef: "China ist neuer Heimatmarkt"
Volvo musste nach der Trennung von Ford die größte Restrukturierung seiner Geschichte einleiten. Die Herausforderung sei gemeistert, sagte Volvo-Chef Hakan Samuelsson beim Automobilwoche-Kongress in Berlin.
Samuelsson: "Wir wollen mitspielen"
Aber nicht nur technolgisch stelle sich Volvo neu auf, machte Samuelsson deutlich. China werde durch die enge Verbindung mit Geely zum "neuen Heimatmarkt" für die schwedische Marke, sagte der Volvo-Chef. "China ist für uns nicht nur ein neuer Markt, sondern vielmehr eine strategische Neuausrichtung."
Volvo produziert in China selber Autos: im neuen Werk in Chengdu lief vor zwei Wochen der erste Serien-S60 vom Band, geplanter Jahresausstoß sind mittelfristig 120.000 Einheiten. Ein zweites Werk in nahezu identischen Ausmaßen ist in Daquing geplant. Außerdem entsteht ein eigenes Motorenwerk in Zhangjianku, wo die neuen Motoren für den chinesischen Markt gefertigt werden sollen.Neben der Fertigung baut Volvo aber auch eine Entwicklungs- und Forschungskapazität in China auf. In Schanghai besteht bereits neben dem Hauptquartier mit Verwaltung und Einkauf eine Designabteilung und seit Kurzem auch eine R&D-Abteilung. "Wir brauchen auch Entwicklungskompetenz in China. Wenn wir das richtig machen, wird es uns deutlich stärken."Im laufenden Jahr peilt Volvo in China einen Absatz von mindestens 50.000 Einheiten an, womit das Land womöglich die USA als größten Einzelmarkt von Volvo ablösen wird. Die Zahl der Händler stieg seit 2006 von 53 auf 165 Verkaufspunkte.All diese Investitionen sollen dazu beitragen, den globalen Absatz der Nischenmarke bis 2020 auf 800.000 Einheiten im Jahr zu steigern von derzeit 420.000. "Wir wollen mitspielen im Club der Premiumhersteller", kündigte Samuelsson an - und hatte die Lacher auf seiner Seite, denn auf einer Leinwand ließ er zu diesem Satz das Foto eines spielenden Jungen im Sandkasten zeigen.
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